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nung, ich solle Journalist werden. Ich sei sein bester Schüler
und hätte einen scharfen Verstand. In zehn oder zwanzig
Jahren, prophezeite er mir, werde man im Lande Israel be¬
stimmt viel über mich reden. Das alles wäre möglich gewesen,
wenn ich an jenem Morgen im März 1948 nicht auf Patrouille
gegangen wäre. Ich hätte den Entschluss nicht gefasst, Erez
Israel zu verlassen und nach Deutschland, ins Land der Mörder
zurückzukehren. Aber es war auch mein Lehrer im Kibbutz,
der gemeint hatte, unser aller Schicksal sei in einem großen
Buch eingeschrieben. Niemand von uns habe die Macht, es
umzuschreiben. Wir können nur Kommentare an die Sei¬

tenränder kritzeln und manchmal zwischen den Zeilen etwas
einfügen.“

Vorabdruck aus dem 2. Kapitel des Il. Teils des Romans
„Letzter Wunsch“, der heuer im Verlag Franz Deuticke (Wien)
erscheinen wird. -— Für den 2001 erschienenen Roman „Das
besondere Gedächtnis der Rosa Masur“ (von dem ZW seiner¬
zeit gleichfalls einen Vorabdruck brachte) wurde Vladimir
Vertlib 2002 mit dem Anton Wildgans-Preis der österreichi¬
schen Industrie ausgezeichnet.

Neben Gedichten, die offensichtlich im Bann der Mensch¬
heitsdämmerung stehen, finden sich auch unkonventionelle,
vom Expressionismus scheinbar unberührte. Sie sind das
Ergebnis von Margul-Sperbers Beschäftigung mit der Literatur
in den Weltmetropolen Paris und New York. So war Sperber
beispielsweise der erste, der T.S. Eliots The Waste Land ins
Deutsche übertrug. Die heimwehbedingte Rückkehr (siehe das
Gedicht „Sinnloser Sang“) in die Bukowina verband er aller¬
dings mit einer ausschließlichen Hinwendung zur Tradition
deutscher Poesie. „So ist er eigentlich — ein seltener, ja viel¬
leicht einzigartiger Fall - den umgekehrten Weg gegangen“,
schreibt Alfred Kittner, „als die meisten seiner dichtenden
Altersgenossen: den Weg von der poetischen Fronde zum klas¬
sisch-geläuterten Ausdruck“, weil er, so Sperber über sich
selbst, „aus der tragischen Erkenntnis der Unmöglichkeit, das
Urbild zu erreichen, nicht oft genug den Versuch unternehmen
zu müssen glaubte, diesem Urbilde wenigstens näher zu kom¬
men.“

Ohne Gewißheit auf Erfolg hatte er in der Bukowina 1934
und 1939 die beiden Gedichtbände Gleichnisse der Landschaft
und Geheimnis und Verzicht veröffentlicht. Acht weitere konn¬
te er nach dem Krieg in Rumänien, allerdings nur mit Rück¬
sicht auf das kommunistische Regime, publizieren: Zeuge der
Zeit (1951), Ausblick und Rückschau (1955), Mit offenen
Augen (1956), Taten und Träume (1959), Unsterblicher
August (1949), Sternstunden der Liebe (1963), Gedichte
(1963), Aus der Vorgeschichte (1964).

Der Band Zeuge der Zeit, 1951 im Staatsverlag für Literatur
und Kunst (Bukarest) erschienen, gliedert die Gedichte in zwei
Abteilungen. Im „Weg zum Licht“ finden sich in frühen Texten
wenige zeitbedingte Hinweise auf das hier gemeinte: „Von
Osten tönt der Ruf, flammt das Beispiel, das alle mitreißt:/
Arbeit! Brot und Frieden! Alle Macht den Sowjets!/ Mein
Mund verstummt vor der Posaune diese Donnerworts.“ (1918)
„Alle Macht den Sowjets!!!“ taucht auch später wieder auf
(1923). Ein versteckter Hinweis in einem Gedicht an „Höl¬
derlin‘“ weist uns auf eine ganz andere Poesie: „Wie die Welt
auch redend rase:/ Nimmer weil ich dort! / Aus dem Tonfall,
aus der Phrase/ Flücht ich in sein Wort!“ In der zweiten
Abteilung „Weg im Licht“ kennt die politische Gebrauchslyrik
im Blick auf den „Menschen der neuen Art“ kein Halten mehr.

Klassenfeind und Genossen, Partei und Sozialismus: „Stalins
Geist und Stalins Hand/ Lenkt alle Hände hin zum Sieg“.

1952 erschienen von Erich Arendt, einem Dichter ungefähr
gleichen Jahrgangs wie Sperber, im kommunistisch be¬
herrschten Teil Deutschlands die Gedichtbände „Trug doch die
Nacht den Albatros“ und „Bergwindballade. Geschichte des
spanischen Freiheitskampfes“. Wie bei Sperber, wenn auch
zurückhaltender, finden sich die gleichen Worthülsen. Konnte
sich Arendt später unter verbesserten gesellschaftlichen
Bedingungen, die ihm auch zahlreiche Reisen in den Westen
Europas erlaubten, ganz von den politischen Zwängen in sei¬
ner Lyrik befreien, mußte Margul-Sperber bis zum Ende seines
Lebens mit einem totalitären Regime taktieren: 1947 war
schließlich der befreundete Dichter Moses Rosenkranz für
zehn Jahre nach Sibirien verschleppt worden.

Als weiterer Beleg dieses Taktierens sei der Band Sternstun¬
den der Liebe genannt, der in seiner ersten Abteilung „Liebe
zum Menschen“ elf fremdbestimmte Gedichte enthält (denen
dann aber neunzig autonome folgen). Es handelt sich dabei um
die übliche „Ge¬
brauchslyrik“, die von
der „Partei“, Oktober¬
revolution“, „Sowjet¬
union“, ja sogar vom
„Genossen Jesus‘ han¬
delt. „Allen gemein¬
sam ist die Übernahme
politischer Be- griffe in
den poetischen Kontext
in der Hoffnung auf
eindeutige Wiederer¬
kennung und Einfluß
auf den Gang der poli¬
tischen Dinge“ (Bern¬
hard Sorg). In seinem
letzten Gedichtband
Aus der Vorgeschichte.
Mythen, Mären, Mori¬
taten kann Sperber fast
ohne Rücksicht auf die
politischen Gegeben¬

Alfred Margul-Sperber

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