gehren mit dem Wort erfolgt somit stets in gebändigter Form;
es ist kein erschrockenes Stammeln, das er verlauten lässt; es
ist nicht eine vom Schrecken zertrümmerte Sprache, die er
spricht.
Nicht wenige der Gedichte, die der zum Tode Verurteilte ver¬
fasst hat, wirken ebenso kämpferisch wie — im besten, unver¬
fänglichsten Sinne des Wortes - tröstlich. Manches davon ist
skizzenhaft geblieben, manches ist aus heutiger Sicht eher von
dokumentarischem Wert, etliches erscheint als ein Brief in
Versform, adressiert an ein immer undeutlicher werdendes
„Draußen“, an die Kampfgenossen, deren Gefährdung von Tag
zu Tag größer wird. Ihnen spricht er, der Geschwächte, Mut
zu, an sie richtet er Appelle in Gedichtform, etwa den fol¬
genden:
Es kommt der Tag, an dem sich alle Tore öffnen!
Verzweifelt nicht! Bleibt immer stark! Er naht!
Und wenn sie uns mit Ketten bänden —
Die längste Nacht muß einmal enden!
Es kommt der Tag! Es kommt der Tag!
Millionen warten, Sehnsucht, heiligen Haß im Herzen
Wie ihr, Genossen, ihr! Schöpft daraus Mut!
Die härteste Gewalt wird einmal brechen!
Zuviel der Not, sie muß sich einmal rächen!
Denn unter Scheiterhaufen glost die Glut!
Schon über Nacht kann sie ein Meer von Flammen werden.
Verliert niemals den Glauben an den Sieg! Harrt aus!
Bald werden wir uns alle Rechte holen,
die uns die frechen Schergen tausendmal gestohlen!
Bald kommt der Tag! Bald kommt der Tag!
Es wäre völlig verfehlt, an Gedichte wie dieses die üblichen
ästhetischen Maßstäbe heranzutragen; zu sehr ist es Bekenntnis,
zu sehr ist seine ganze Rhetorik ein agitatorisches Mittel im
Kampf gegen den Hitlerfaschismus. Zachs Gedichte, auch je¬
ne vielen, die ihre Botschaft weniger vordergründig transpor¬
tieren als das eben zitierte, sind nicht Ergebnis eines langwie¬
rigen künstlerischen Prozesses, sondern unmittelbare, ge¬
fühlsgesättigte Antwort auf die Verrohung einer ganzen Gesell¬
schaft, die mit dem Faschismus Hand in Hand ging. — Verse wie
„Bald wirst du liegen auf der kalten Bahre/ bald wirst du Asche
werden oder Staub „ oder „Ich weiß es, wenn ich in die Sonne
sehe: /ich lebe noch in Millionen Jahren“, Texte wie das „Re¬
bellenlied“ oder das „Verrückte Lied“ prägen sich dem Gedächt¬
nis auf unnachahmlich starke und nachhaltige Weise ein. Es sind
Gedichte, die weitgehend frei sind von aller Kalkulation,
Ausdruck sind eines kämpferischen, zutiefst humanistischen Gei¬
stes, der selbst in der Zellengruft noch, wenn auch geschwächt
und getrübt, sich regt und nicht aufgibt...
Christian Teissls Beitrag beruht auf der Einführung, die er bei
der vom Sozial- und Begegnungszentrum Graz und der Theo¬
dor Kramer Gesellschaft mit Unterstützung des Geschichts¬
vereins Clio veranstalteten „Lesung zum Gedenken an Richard
Zach“ am 28. März 2003 in Graz vortrug.
Ich bin im Zuchthaus gesessen
Und habe Säcke geklebt,
Hab’ Rüben und Bohnen gefressen
Und fast an das Leben vergessen
Und trotzdem weitergelebt.
Den Himmel hab’ ich gesehen,
Der war hinter Gittern wie ich,
Und manchmal hörte ich Krähen
Und oft des Windes Wehen,
Das klang so wunderlich.
Die Krähen krächzten sich heiser,
Der Wind sang ein Lied dazu;
Da sagte einer mit leiser
Stimme — und der war ein Weiser:
Morgen vielleicht hängst auch Du.
So ist es auch gekommen:
Ich habe Säcke geklebt.
Ihn haben sie mitgenommen.
Er ist nicht wiedergekommen.
Ich aber hab’ weitergelebt.
Morgen wird der Richter sprechen
Morgen wird der Richter sprechen.
Soll ich leben, muß ich sterben.
Hochverrat heißt mein Verbrechen.
Wollte nur mein Recht erwerben.
Morgen werden sie verkünden,
welches Unrecht ich begangen,
leicht ertrag ich meine „Sünden“.
Wollte nur mehr Brot erlangen.
Morgen werde ich wohl hören
ihrer Weisheit letzten Schluß.
Und der Staatsanwalt wird schwören,
daß man mich vernichten muß.
Morgen werd ich ihnen sagen:
Mögen mich zu Tode schinden,
können zehnmal mich erschlagen, —
werde trotzdem nicht verschwinden.