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und dessen Frau nach Südfrankreich mitgenommen. Unsere Familie ist dann weiter nach Spanien und Portugal. In Portugal sind wir dann fast ein Jahr wegen meines Vaters hängengeblieben, der seine grandiose musikalische Begabung dem Kartenspiel und den Rennpferden opferte und in Estoril sehr oft ins Casino ging. Auf diese Weise kamen wir erst im April 1941 in New York an, wo die ganze Familie zunächst in einem ziemlich bescheidenen Hotel am Broadway wohnte. In New York lernte ich im Lycee Frangais jemanden kennen, der bald mein Freund wurde und mich nachkommen ließ, nachdem er von Long Island nach Kalifornien, Beverly Hills, gezogen war, und zwar in ein Haus von Fred Astaire, mit einer erlesenen Bildersammlung, die der Mutter des Freundes gehörte und die von Van Gogh bis Toulouse-Lautrec von Manet bis Picasso reichte. Die Sammlung war so bekannt, daß sie drei Wochen vor meiner Ankunft von Greta Garbo besichtigt worden war. Das Leben dort spielte sich auf einem — wenn auch hohen - Cocktail-Party-Niveau ab, während ich von der Idee besessen war, an die Front zu gehen. So bin ich dann im Dezember 1942 - frühzeitig, denn eingezogen hätte man mich auf jeden Fall — in die Army eingetreten... ... mit einem explizit politischen, antifaschistischen Bewußtsein? Nun, ich hatte schon in jungen Jahren versucht, den Nationalsozialismus objektiv zu betrachten und habe ihn als politisches Übel gesehen, unabhängig davon, daß ich dadurch selbst betroffen war. In der Army wollte ich mithelfen, diesem Spuk ein Ende zu bereiten, am liebsten als Offizier, wobei natürlich die alte Vater-Sohn-Geschichte, die militärische Vergangenheit meines Vaters, eine Rolle spielte. Uber die Zeit in der US-Army schreiben Sie — teilweise sehr fragmentarisch - in Ihrem bereits erwähnten „Journal“, das 1947, allerdings ohne Verfasserangabe, als Privatdruck von Eugen Kogon veröffentlicht wurde. Sie berichten dort von Ihrer Ausbildung und dem Leben eines jungen, nachdenklichen wie ungeduldigen Menschen in den Militärbaracken, der es zwischendurch tatsächlich nicht abwarten kann, an die Front zu kommen. Realiter ist Ihnen die Front erspart geblieben. Zwischen Ende 1942 und Ende 1944, als ich von einer Einheit in die andere versetzt wurde, war mein Dienstgrad — was ich als sehr unbefriedigend empfand — der der untersten Ebene, nämlich „Private First Class“ (PFC). 1944 wurde ich dann, was ich mir gewünscht hatte, nach Camp Ritchie transferiert, das zentrale „Military Intelligence Training Center“, wo ich einen ziemlich schwierigen Lehrgang absolviert habe, in der 23. Klasse, dem letzten Jahrgang, in dem noch sogenannte „Direct Commissions“, also Direktbeförderungen, vorgenommen wurden. So wurde der PFC von einem Tag auf den anderen Lieutenant. Ausgebildet worden war ich als das, was man FeindnachrichtenOffizier nennt, wäre also an der Front gewesen... Aber als ich nach Deutschland kam, war der Krieg praktisch entschieden. Ich war nie in einem Gefecht. Das einzige Mal, daß ich mit dem Kriegsgeschehen direkt konfrontiert wurde, war nach der Uberfahrt von den USA nach Großbritannien, als wir auf einem Schiff - ich glaube, es war die „Kuba“ — von England nach Le Havre übersetzten und dabei mit Torpedos angegriffen worden sind. Auf ihrer Rückfahrt ist die „Kuba“ dann versenkt worden. Von Le Havre kam ich nach Idar-Oberstein", war dort als Dolmetscher einer Einheit des „Counter Intelligence Corps“ zugeteilt, alles in allem eine Situation, die mir gar nicht behagte. Von da kam ich nach Bad Wildungen‘ und wurde Chef einer kleinen Einheit, die eigentlich keine Funktion mehr hatte, spä22 ter „Press Control Officer“ in Bad Nauheim." In dieser Zeit habe ich mich überhaupt nicht wohl gefühlt, empfand meine Existenz als „Lotterleben“, weshalb ich mich - trotz meiner ersten großen Liebe — 1947 entschied, in die USA zurückzukehren, um einen ordentlichen Beruf zu ergreifen, wobei mir freilich auch das Schreiben im Kopf herumspukte. Sie haben hervorgehoben, daß Sie sich als amerikanischer Soldat in Deutschland sehr unwohl gefühlt haben (...). Das würde ich gerne vertieft wissen. Betrachtet man nämlich die auf den Zeitraum von 1945-1947 bezogenen Stellen in Ihren literarischen Texten, so ist man im Nachhinein doch ziemlich überrascht über die Haltung, die Sie da einnehmen, nicht nur im Roman „Die Befreiung“, sondern etwa auch in der Novelle „Agnus Dei“ oder der Erzählung „Das Ehepaar“. Hier rufen sich Menschen von gegenüberliegenden, verfeindeten Ufern zu, quasi von der anderen Seite. „Agnus Dei“ schildert eine tiefe Liebesbeziehung zwischen einem deutschen Soldaten, der in Frankreich eingesetzt ist, und einer jungen, kränklichen Pariserin, deren Eltern zwar mit der Kollaboration sympathisieren, deren Schwester aber der Resistance nahesteht. Ein fast schon mystisch zu nennender Aspekt (auf der Ebene der Liebesbeziehung) wird kontrastiert mit dem Schicksal des Soldaten, der bei einem Verhör mißhandelt wird. In „Das Ehepaar“ gerät die Kritik an der amerikanischen Besatzungspolitik noch deutlicher. Offenbar haben Sie sich nicht damit abfinden können, wie — Sie verwenden diese Schlagwörter selbst des öfteren - die „Sieger“ mit den „Besiegten“ umgegangen sind. Das ist für die damalige Zeit auf Seiten der einst Verfolgten und Vertriebenen eine ungewöhnliche Einstellung, freilich keine singuläre, denn parallele bzw. vergleichbare Einschätzungen lassen sich etwa bei zwei Emigranten, die ebenfalls Anfang der 1920er Jahre in Wien geboren wurden, finden, bei Erich Fried (u.a. in dessen Roman „Ein Soldat und ein Mädchen“) und in der Autobiographie Georg Kreislers, der über seine Erfahrung als US-Soldat in Frankreich schreibt, daß sich die Sieger oft ähnlich schlecht wie vorher die Besiegten benommen haben. Wie erklären Sie sich die skeptische Haltung in bezug auf Ihre Person? Zunächst einmal etwas zu den von Ihnen erwähnten Texten: „Agnus Dei“ lag unter dem Titel „Der Kranz“ zuerst in einer mehr oder weniger ‘naturalistischen’ Fassung vor und sollte ursprünglich „Wiedergabe“ oder „An-Denken“ heißen. Der letztlich gewählte Titel „Agnus Dei“ ist eine Art Betriebsunfall, der sich diskutieren ließe und der ja auch zur Verwirrung geführt hat. Für eine Theaterfassung habe ich unlängst den Titel „Adieu Paris‘ gewählt. Wie dem auch sei, wie das Meiste in meiner Prosa einen biographischen bzw. autobiographischen Ansatz hat, so auch „Agnus Dei“, denn ich war den handelnden Personen — was auch im Nachwort eines späteren Separatdrucks steht — ja tatsächlich begegnet, zuerst der jungen Französin, die ich noch zwei Tage vor ihrem Tod besucht habe. Ich wußte von ihr, daß sie diesen deutschen Offizier — Beschaffungsoffizier — über alles liebte. Als sie starb, war sie zur Religion zurückgekehrt. Der deutsche Soldat, von dem sie fast mit dem Antlitz einer Heiligen sprach, ist dann— nachdem ich ihn über ihren Tod verständigt habe - zu mir nach Bad Nauheim gekommen. Ich wollte ihm alles aus ihrer Sicht erzählen, habe aber unverständlicherweise kein Wort herausgebracht. Die Entstehung meines Textes war dann fast magischer Natur, um nicht zu sagen „ein Wunder“. Das verstehe ich selbst nicht, eigentlich bis heute, denn ich bin erst neulich wieder den Text durchgegangen, weil ich ihn zusammen mit einem Komponisten für eine musikalische Collage, die zwischenzeitlich im New