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Landauer in die Hände und suchte sofort nach Alfred Ochshorn. Da stellte sich heraus, daß Alfred Ochshorn Gottfried Ochshorn hieß, Mitglied der KPÖ war, am 10.1. 1937 nach Spanien ging, bei der XI. Internationalen Brigade war „und Sprecher bei Radio Madrid. Am 30.1. 1943 zusammen mit Fritz Weiss in Bordeaux verhaftet. Ab 1943 Mauthausen. Am 20.10. 1943 in Mauthausen vom SS-Mann Martin Bartesch erschossen.“ (Spanienkämpfer-Lexikon, S. 174) Fritz Weiss hat es als Mitglied der französischen Resistance verstanden, bei der Deutschen Luftwaffe als Dolmetscher zu arbeiten. (Ebd., S. 238) Ochshorn und Weiss sind offensichtlich bei ihrer Widerstandsarbeit in die Fänge der Gestapo geraten. Große Worte verdecken meist mehr als sie erläutern. Den Archivar des österreichischen Anteils am Kampf gegen den spanischen Faschismus, Hans Landauer, „schmerzt es“, „so viele denkwürdige Lebensläufe auf das dürre Skelett der wesentlichen Fakten zu verkürzen. Andererseits verhehle ich nicht, daß gerade die Neigung mancher Zeitzeugen und Historiker, die Geschichte aus Versehen, Parteiraison oder Bequemlichkeit zurechtzubiegen oder voneinander abzuschreiben, mich in meiner Arbeit angespornt hat. Ein Ärgernis war und ist mir das offenbar unstillbare Bedürfnis, die Zahl der internationalen Freiwilligen ungeprüft in die Höhe zu treiben ...“ (Ebd., S. 50) Es ist, was es ist. Verstehen beginnt mit Sichten und Sammeln. Bezeichnende Fakten erklären mehr als große Worte. Und wirkliche Analysen beruhen auf umfassenden „Materialsammlungen“, in allen Wissenschaften. Hans Landauer hat über viele Jahre ein Archiv über Leben und Schicksal der österreichischen Spanienkämpfer im Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) angelegt und dieses nun mit Hilfe Erich Hackls zu einem Lexikon verdichtet. Landauer war einer der jüngsten Spanienkämpfer; als Antifaschist 1945 in den österreichischen Polizeidienst eingetreten, konnte er erst nach seiner Pensionierung zu voller wissenschaftlicher Form auflaufen. Der Schriftsteller Hackl seinerseits erfuhr eine wichtige Prägung durch seine Mitarbeit im bedeutenden, 1989 (!) leider eingestellten Wiener Tagebuch; er lebt und arbeitet in vielfältiger Beziehung zu spanischsprachigen Kulturen. Landauer und Hackl haben aus der Perspektive zeitgeschichtlicher Forschung spät ein Standardwerk zustande gebracht. Kein anderes nationales Kontingent der Internationalen Brigaden ist so umfassend erforscht wie nun das österreichische. Zum Stolz kommt aber sofort der Hader: Warum erst jetzt? Warum mußte der Spanienkämpfer, der seinen Einsatz wahrlich schon geleistet hat, auch noch zum Historiker seines Kampfes werden? Warum wurde das Thema von österreichischen Politikern und Forschern so schändlich vernachlässigt? Die Todesdaten in den meisten Biographien zeigen, wie viele Geschichten schon unwiederbringlich verloren sind. Immer wieder stellt sich die alte Frage, auf die es durchaus auch gewisse Antworten gibt: 78 Warum bewahrt und nützt Österreich seine besten Traditionen nicht? Die 45seitige Einführung gibt einen Überblick über die Geschichte des österreichischen Kontingents bei den Internationalen Brigaden und führt aus der Perspektive der österreichischen Interbrigadisten in den Spanischen Bürgerkrieg ein. Sie beginnt mit jenen, die sich noch ohne organisatorische Hilfe an die Seite der Spanischen Republik stellten und geht dann auf die „Transportorganisation“ ein, die die geschlagenen und somit illegalen Parteien der österreichischen Arbeiterbewegung schufen, um die Freiwilligen zum Abwehrkampf gegen den Faschismus nach Spanien zu bringen. Die ersten Österreichischen Spanienkämpfer wurden aus der Moskauer Emigration nach Spanien geschleust. Die austrofaschistische Staatsmacht ging polizeilich gegen die ,,Transportorganisation“ vor, z.T. mit Erfolg, wie die wiederholte Aufdeckung von Anlaufstellen in Westösterreich zeigt. Im Abschnitt „Die Schlachten und die Toten“ werden die Einsätze und Verluste der Österreicher nachgezeichnet. Die meisten von ihnen kämpften im Rahmen der XI. Internationalen Brigade. Der Eindruck entsteht, daß die engagierten Kämpfer für die verschiedensten Sozialismen und gegen die Faschismen phasenweise den Verlauf der Kämpfe zum Vorteil der Spanischen Republik beeinflußten, aber letztlich immer wieder vor der Übermacht der Franco-Armee, die massiv von deutschen und italienischen Truppen unterstützt wurde, zurückweichen mußten. Außerdem war die internationale Politik alles andere als hilfreich für die Sache der Republik. Die meisten Staaten verhielten sich ‚neutral’ zu dem „Bürgerkrieg“, ohne die Einsicht, daß in Spanien eine internationale Koalition der Rechtsradikalen einen wichtigen Sieg vor dem Zweiten Weltkrieg errang. Die aggressiven und destruktiven Kräfte spekulieren immer auf die mangelnde Reaktionsfähigkeit von Demokratien und mischen sich selbst unter Mißachtung von Verträgen und Vereinbarungen in die Konflikte ein. Im September 1938 sah sich die Spanische Republik gezwungen, die Internationalen Brigaden von der Front abzuziehen. Sie wollte mit diesem Schritt erreichen, daß auch Franco auf seine italienische und deutsche Militärhilfe verzichte. Zu diesem Zeitpunkt waren noch 12.208 Interbrigadisten in Spanien. Die aus demokratischen Ländern kamen, konnten heimkehren, aber wohin sollten sich die wenden, die aus faschistischen Ländern stammten? Frankreich hatte seine Grenze gesperrt. Als Franco im Winter 1938/39 seine Offensive gegen Katalonien führte, entschied sich ein Teil der internationalen Freiwilligen, die nicht in ihre Heimat zurückkehren konnten und im Norden Spaniens untergebracht waren, wieder für den Kampf. Ein „zweiter Einsatz“ wurde gewagt, an dem teilzunehmen die Freiwilligen nicht gezwungen waren. Erst im Februar 1939 öffneten sich die französischen Grenzen. In Frankreich wurden die Reste der republikanischen Armee, Zivilflüchtlinge und Interbrigadisten in die Camps Saint-Cyprien, Argelés-sur-mer, Barcarés und andere gepfercht. Im April 1939 wurden sie im Internierungslager Gurs im westlichen Pyrenäenvorland konzentriert. Der Kampf war für die überlebenden Spanienkämpfer mit ihrer Internierung in Frankreich alles andere als zu Ende. Die Nazis hatten für alle Spanienkämpfer für die Dauer des Krieges „Schutzhaft‘‘ vorgesehen. In Verkennung der Situation gab die KPÖ die Losung aus, sich in die Heimat transportieren zu lassen, um am Widerstand gegen das Naziregime teilzunehmen. Die Heimkehrer gingen de facto direkt in die Konzentrationslager. Eine Gruppe von Spanienkämpfern kehrte in die Sowjetunion zurück und wurde dort vom stalinistischen Terror dezimiert. So haben die Spanienkämpfer einen großen Teil ihrer Toten durch Verfolgungen nach dem Ende des „Spanischen Bürgerkrieges“ zu beklagen: der „Bürgerkrieg“, der nicht nur ein Bürgerkrieg war, erwies sich als Fanal des folgenden Grauens. Absolute Dokumentationen sind nicht zu haben, weil lebensfern, aber Hans Landauer hat mit der genauen Aufarbeitung der Gruppe der ca. 1400 österreichischen Spanienkämpfer eine Gruppe von beweglichen, engagierten und auch gesinnungstreuen Menschen dargestellt, die in der Lage waren, aus dem Ende der Ersten österreichischen Republik — dem austrofaschistischen Putsch — eine europapolitische Konsequenz zu ziehen: sie begaben sich an den Ort, an dem der nachste Einbruch drohte, um dort den scheinbar unvermeidlichen Fortgang des Unheils aufzuhalten. Wenige von ihnen waren ganz jung — Hans Landauer selbst war eine Ausnahme -, wenige von ihnen waren alte Menschen. Die meisten waren in ihren Zwanziger und Dreißigern. Die meisten von ihnen waren Männer. Die Frauen, die an diesem Kampf in vielerlei Formen teilnahmen, waren wenige, aber außergewöhnliche und beeindruckende Persönlichkeiten. Dieser besondere Teil der österreichischen Jugend, der im Nachkriegsösterreich keine ihm gebührende Anerkennung fand, hat im Lexikon Hans Landauers und Erich Hackls sein Denkmal gefunden, oder besser, das Lexikon könnte eine Basis sein, auf der gesellschaftliche Gruppierungen und auch staatliche Institutionen die Erinnerung an österreichische Patrioten entwickeln, die in Spanien „europäische Werte“ verteidigt haben. Da das „Denkmal“ nicht aus Stein ist, sollte die Erinnerung auch nicht tot sein. Es ist allen Initiatoren des Lexikons zu wünschen, daß eine lebendigere Aneignung und Anwendung des Erbes der österreichischen Spanienkämpfer folgen kann. Bernhard Kuschey Hans Landauer in Zusammenarbeit mit Erich Hackl: Lexikon der österreichischen Spanienkämpfer 1936-1939. Wien: Verlag der Theodor Kramer Gesellschaft 2003. 258 S. Euro 24,-/SFr 36,90