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im Mai — dem Monat der Verabschiedung des ersten ungarischen
sogenannten Judengesetzes —, noch im Juni 1938, als der ju¬
goslawische Innenminister sich bereit erklärte, den Vertriebenen
zeitlich begrenzte Aufenthaltsgenehmigungen zu erteilen.” Mit
Lebensmitteln durch „‚wohltätige Menschen“ der Ufergemeinden
versorgt , wurden den burgenländischen Juden selbst im August
1938, als bereits feststand, daß zumindest dem größten Teil un¬
ter ihnen „Zertifikate zur Einreise nach Palästina“ bereitge¬
stellt worden waren, das Verlassen des Schiffes nicht gestattet.

Erst Mitte September 1938, mehr als fünf Monate also nach
ihrer Vertreibung aus Österreich, erteilten die ungarischen Be¬
hörden den burgenländischen Flüchtlingen die Erlaubnis, das
Schiff zu verlassen und sich nach Budapest zu begeben.” ' Diese
Erlaubnis galt sowohl fiir die 26 unter ihnen, die in Besitz von
Palästina-Zertifikaten waren und noch in derselben Woche via
Bukarest und Konstanza die Schiffsreise ins „Heilige Land“
antraten, als auch für jene — 26 bis 31 Personen -, deren

„Angelegenheit sich noch in der Schwebe“ befand“. Letztere
wurden in einem Gebäude der Pester Israelitischen Kultus¬
gemeinde untergebracht.”

Es mutet schon merkwürdig an, wenn diese, in der Szabolcs
utca 39 gelegene, „einstöckige, geräumige Villa“ gerade von
der jüdischen Wochenschrift Egyenloseg als wahres Sanatorium
beschrieben wird und man weiß, daß es sich in Wirklichkeit um
eines der ersten Gebäude handelte, in dem nach Ungarn ge¬
flüchtete Juden — unter Aufsicht der ungarischen Fremdenpolizei
(KEOKH) - interniert wurden. Neben dieser „Villa“ in der
Szabolcs utca gab es noch, allein in Budapest, sechs weitere
Gebäude, die dem selben Zweck dienten.“ Die Zahl der hieri in¬
ternierten Österreicher kann mit 1.300 beziffert werden.” Noch
1944 traf Janos Föthy in der Rökk-Szilärd utca 26 — einem
Gebäude, das bis dahin als Rabbinerseminarium gedient hatte
— auf viele „Juden ausländischer Staatsbürgerschaft“, die seit
dem Anschluß Österreichs mehrere Lager durchwandert hatten.
Unter diesen „Keokher“, wie Föthy sie nennt, befanden sich ne¬
ben Juden österreichischer Staatsangehörigkeit auch Juden tsche¬
chischer und slowakischer Staatsbürgerschaft.

Erlaubt sei mir abschließend noch, kurz auf die Deportation
von 18.000 sogenannten „nichtungarischen“ Juden im Juli/
August 1941 nach Ostgalizien einzugehen, wo sie bekanntlich
von SS-Einsatzgruppen und ihren Helfershelfern Ende August
1941 bei Kolomija (Kolomea) und im Raum Kamenez-Podolsk
ermordet wurden. Die Verantwortung für den diesbezüglichen
Deportationsbeschluß vom 12. Juli 1941 ” übernahm am 26.
November 1941 Innenminister Keresztes-Fischer, der in einer
Rede vor dem Abgeordnetenhaus zumindest auch Zweifel dar¬
über aufkommen ließ, ob er sich bei seiner am 17. August ver¬
fügten Einstellung weiterer Deportationen, einzig und allein von
humanitären Erwägungen leiten ließ:

Als unsere Truppen in Galizien so weit vorgedrungen wa¬
ren ‚daß man dorthin schon Juden hinüberschaffen konnte, ver¬

fügte ich, daß die galizischen Juden, die man bis dahin nicht
hatte ausweisen können, weil die Russen, sich weigerten sie zu
übernehmen, in ihre Geburtsorte [sic!] zurückzuführen seien
[...] Diese Aktion war noch im Gange, als die deutschen Militär¬
behörden in diesem galizischen Gebiet die Militärverwaltung
übernahmen und sofort am ersten Tag mitteilten, daß sie kei¬
ne Juden mehr hineinließen. Auf dem Verhandlungsweg ver¬
suchte ich zu erreichen, daß sie ihren Entschluß revidieren, doch
dies gelang nicht.

Auch deutet die in der Anweisung vom 17. August 1941 ge¬
brauchte Formulierung, daß die „Entfernung“ des besagten

Personenkreises aus Ungarn „bis zur weiteren Veranlassung“
(toväbbi rendelkezesig) auszusetzen sei, darauf hin, daß man
offensichtlich den Gedanken an die Deportation der sogenannten
„galizischen“ Juden damals noch nicht vollständig aufgegeben
hatte... a
Über den genauen Personenkreis der damals landesweit zu¬
sammengetriebenen „ausländischen“ Juden, die zuerst in Last¬
wagen und Viehwagons nach Körösmezö (Jaszinya) verbracht
wurden, um dann von dort aus in Gruppen von 300 bis 400
Personen in die besetzte Ukraine deportiert zu werden, gibt es
keine gesicherten Erkenntnisse. Man weiß lediglich, daß sich
unter den Deportierten viele Personen befanden, die gar keine
Ausländer waren, sondern von der antisemitischen ungarischen
Gesetzgebung jener Jahre und durch administrative Spitzfin¬
digkeiten erst zu solchen gemacht wurden. Bekannt ist eben¬
falls, daß zu den von der ungarischen Fremdenpolizei bevor¬
zugt Aufgegriffenen jene sogenannten „galizischen“ Juden
gehörten, die sich durch die Ausdehnung des ungarischen Staats¬
gebiets auf die Karpaten-Ukraine (und 1940 auf Nordsieben¬
bürgen) plötzlich ohne ihr Dazutun in Ungarn wiedergefunden
hatten. Völlig ungeklärt ist dagegen, in welchem Ausmaß die
vor den Nazis nach Ungarn geflüchteten jüdischen Emigranten
von diesen Deportationen betroffen waren. Eine vorsichtige
Andeutung in diese Richtung findet man bei Gyula Juhäsz, der
im Zusammenhang mit den nach Ungarn geflüchteten polnischen
Juden die Frage aufwirft, wie viele wohl von ihnen im Juli/
August 1941 der „Repatrierungsaktion galizischen Juden“ zum
Opfer fielen. Wesentlich weiter geht Jonny Moser, für den außer
Frage steht, daß „fast alle angehaltenen“ Hitlerflüchtlinge aus
Deutschland und Österreich in den Strudel der Deportationen

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