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rings um Österreich illegale Grenzsekretariate zu errichten. Also Tsche¬
choslowakei, Budweis, Brünn, Pressburg war leicht. Es war auch leicht
Zürich für Tirol und Vorarlberg. Schwer war Steiermark und Kärn¬
ten, da blieb nur Jugoslawien übrig. Und wir wollten ein Grenzse¬
kretariat in Marburg errichten. [...] Die Revolutionären Sozialisten
hatten ein Grenzsekretariat in Marburg mit Hans Hladnik an der
Spitze. Deshalb verhandelte ich mit Otto Bauer, ob wir hier die Arbeit
nicht irgendwie koordinieren könnten.'°

Über Hladniks Tätigkeit und seine Kontakte zu den Kommunis¬
ten wusste die Gestapo, die in Marburg einen Grenzposten un¬
terhielt, bestens Bescheid. So heißt es im Bericht des Geheimen
Staatspolizeiamtes über die marxistische Bewegung Deutschlands vom
10. Mai 1939 über Hladnik und die Revolutionären Sozialisten
Österreichs (RSÖ):

Die Zweigstelle bzw. das Grenzsekretariat in Maribor wird von
einem gewissen Hladnik, der bis zum Umbruch in Graz in den Eisen¬
bahnerkreisen illegal für die RSÖ tätig war und nach dem Umbruch
nach Maribor (Jugoslawien) emigrierte, [geleitet]. Hladnik wohnt bei
einem gewissen Zmago Angleitner, Maribor, Magdalenska 33. Die
Berichte, die nicht von den Eisenbahnern herübergebracht werden,
werden an diese Anschrift gesandt. Hladnik wird von Potlybnik als
besonders radikal und aggressiv bezeichnet. Seine Verbindungen un¬
terhält er mit Hilfe von Eisenbahnern, speziell zu den Gauen Steier¬
mark, Kärnten, und zwar unabhängig von Wedenig. Weiterhin wird
Hladnik von den nordsteirischen Gebieten, wie Bruck, Mürzzuschlag,
Judenburg, Knittelfeld und Fohnsdorf sowie von Leuten aus Leibnitz
mit Berichten beliefert. Im letzteren Falle wird angenommen, dass
es sich vorwiegend um Kommunisten handelt, die mit Hladnik in
Verbindung stehen.

Willi Scholz fuhr nach der Besprechung mit Otto Bauer noch
im April 1938 mit einem tschechischen Pass als Vertreter für eine
tschechische Firma, die Kühlgeräte für Wirtshäuser verkaufte, nach
Marburg, wo er auf Hladnik traf. Er selbst wurde Leiter des Grenz¬
sekretariats der KPÖ, das für die illegale Arbeit der KPÖ in der
Steiermark und in Kärnten zuständig war. Neben dem Schmuggel
von Literatur über die Grenze fanden regelmäßig Treffen mit Ka¬
dern aus Steiermark und Kärnten in St. Egidi/Sentilj (Slowenien)
statt. Auf dem Weg zu einem der Treffen wurde Willi Scholz — die
Kommunistische Partei war in Jugoslawien verboten — am 1. Au¬
gust 1938 von der jugoslawischen Polizei festgenommen, wobei
der Polizist, der ihn verhörte, meinte:

Wenn ich Sie jetzt verhafie, kommen Sie zur Gestapo. Wenn Sie
sehr viel Ghick haben, kommen Sie ins Konzentrationslager. In zwei
Jahren sehen wir uns dann dort wieder, denn die Deutschen mar¬
schieren hier ein, das wissen wir ganz genau. Ich werde Ihnen etwas
sagen: verschwinden Sie. Vierzehn Tage diirfen Sie noch hierbleiben,
ich mache nichts."

Nachdem Willi Scholz Anfang September 1938 nach Prag ge¬
gangen war, wo er in der Redaktion der Zeitung Rote Fahne und
der Zeitschrift Weg und Ziel mitarbeitete und schließlich Anfang
Dezember 1938 nach England emigrierte, wo er führend im Free
Austrian Movement und dem Austrian Centre tätig wurde,'” musste
der Stützpunkt in Marburg neu besetzt werden.

Kontaktleute der KPÖ aus Graz bzw. anderen Teilen der Steier¬
mark” liefen daher ab September 1938 wieder den Stützpunkt der
Revolutionären Sozialisten, Hans Hladnik, an, wobei dies nicht

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direkt, sondern über einen Mittelsmann erfolgte — das geht zumin¬
dest aus der Anklageschrift bzw. dem Urteil des Volksgerichtshofes
gegen August Pirker hervor. Demnach ging Pirker in Marburg zu
der ihm bekanntgegebenen Anlaufstelle Albert Likawetz, bei dem
er sich mit dem ihm von früher her bekannt gewesenen Losungs¬
wort „Hans“ einführte. Durch Vermittlung von Likawetz traf er
mit dem ehemaligen Sekretär der „Freien Arbeitsbauern in Ös¬
terreich“ Johann Hladnik, zusammen, der ihn wieder mit einem
Unbekannten zusammenführte, der als der Vertreter der KPÖ in
Marburg anzusehen ist.?!

Wer dieser „Unbekannte“ war, ist nicht klar; eventuell handelte
es sich um Karl Zwifelhofer.

Nachdem, wie einleitend schon festgehalten, die Gestapo durch
einen Spitzel Informationen über die Auslandsstellen der Revo¬
lutionären Sozialisten und der KPÖ sowie über ihre Aktivitäten
im Landesinneren erhalten hatte, schlug sie zu und verhaftete im
Jänner und Februar 1939 die Landesleitung um August Pirker so¬
wie die Mitglieder der Zellen der KPÖ und des Kommunistischen
Jugendverbandes (KJV) in den Grazer Betrieben und in der Ost¬
und Weststeiermark.”

Karl Zwifelhofer, der in der Zwischenzeit den Auslandsstiitz¬
punkt in Marburg übernommen hatte, versuchte auf Grund der
durch die Verhaftungswelle abgebrochenen Beziehungen mit der
Steiermark wieder Kontakte zu Zellen der KPÖ und des KJV zu
knüpfen.?? Aus diesem Grund traf er sich im März 1939 unter
anderem mit Hermine Sagmeister,” die seit 1937 führend im KJV
tätig war.

Nachdem ab Mai 1939 in einer zweiten Verhaftungswelle in der
Steiermark der Instruktor des KJV, Friedrich Pietzka, und seine
Verlobte Hermine Sagmeister sowie alle Zellen des KJV in der
Obersteiermark von Mürzzuschlag über Bruck an der Mur und
Leoben bis Knittelfeld, Fohnsdorf und Judenburg aufgerollt wor¬
den waren” und damit die Verbindung zwischen dem Inland und
dem Stützpunkt in Marburg abgerissen war, sollte es bis Mai 1940
dauern, dass zwischen der steirischen KPÖ-Leitung in Graz und
dem Ausland wieder ein Kontakt zustande kam. Doch war da der
Auslandsstützpunkt nicht mehr in Marburg sondern in Zagreb.

Der Leiter der Marburger Stelle, Karl Zwifelhofer, ging nach
Paris, wo sich das Zentralkomitee der KPÖ befand, kehrte aber
bald wieder zurück auf den Balkan, wo er zwischen Moskau, Is¬
tanbul, Belgrad, Bukarest, Budapest, Slovenska Bistrica/ Windisch¬
Feistritz, Zagreb bzw. Prag und Pressburg verkehrte und über Ku¬
riere Verbindung mit den Leitungen in Österreich hielt.?°

Welche Rolle der Auslandsstützpunkt in Marburg für einen größer
angelegten Widerstand hätte haben können, lässt sich an Hand
von Unterlagen der Gestapo Graz ablesen, wenn es etwa in ihrem