in Österreich, wo und wie er nur konnte. In Zagreb stellte er seine
Adresse und seine Wohnung für unsere Arbeit zur Verfügung. Dort
fanden alle meine Besprechungen mit „Bobby“ statt, dessen legalen
Namen Kornweitz ich erst nach Kriegsende erfuhr. „Bobby“ war
nach der Abreise des Genossen Honner aus Jugoslawien als einziges
Mitglied der KPÖ in Zagreb zurückgeblieben, um diesen Stützpunkt
zu halten. Ich führte mit ihm stundenlange Gespräche. |...] „Bobby“
schilderte mir ausführlich die Lage der illegalen Partei in Österreich,
die Widerstandsarbeit der einzelnen Gruppen und ihre Schwierig¬
keiten. Er zeigte mir heraus geschmuggelte Parteiberichte und erteilte
mir detaillierte Aufträge politischer und organisatorischer Art, die ich
einem Genossen namens „Gerber“ [d. i. Erwin Puschmann] in Wien
weitergeben sollte.?°
Nachdem, durch einen Spitzel verraten, ab Jänner 1941 Hunderte
kommunistische Widerstandskämpfer — vom Leiter der Inlandsor¬
ganisation Puschmann bis zu Mitgliedern in Zellen der Ober- und
Weststeiermark — sowie die ins Land geschickten Kuriere verhaftet
worden waren, brach der gerade erst wieder aufgebaute Kontakt
zur Auslandsleitung in Zagreb ab.
Der Leiter des Auslandsapparats der KPÖ in Zagreb, Julius
Kornweitz, erfuhr Anfang März 1941 von Leo Gabler, der von
Moskau nach Wien geschickt worden war, von dieser Verhaftungs¬
welle. Die beiden kamen daher darin überein, dass es nun an ihnen
liege, nach Österreich zu gehen und eine neue illegale Organisa¬
tionsstruktur aufzubauen, wobei mit ihrer Abreise aus Zagreb im
Juli 1941 der Stützpunkt aufgegeben wurde.”
Folgen für die „Marburger“ und „Zagreber“
Wendet man sich abschließend noch der Frage zu, was aus jenen
Personen wurde, die in Marburg bzw. Zagreb Leiter der Stütz¬
punkte waren oder zwischen den Auslandsleitungen und den na¬
tionalsozialistisch besetzten Gebieten Österreichs verkehrten, so
ist die Bilanz furchtbar.
Während dem ersten Leiter der kommunistischen Auslandstelle
Marburg, Willi Scholz, wie auch seinem Gegenüber bei den Revo¬
lutionären Sozialisten, Hans Hladnik, 1938 bzw. 1939 die Emigra¬
tion nach Großbritannien geglückt war, wo Scholz unter anderem
Generalsekretär des Austrian Centre und Hladnik Mitarbeiter des
britischen Kriegsgeheimdienstes (Special Operations Executive)?
wurde, wurde der Nachfolger von Willi Scholz, Karl Zwifelhofer,
am 26. März 1941 in Prag festgenommen und am 16. November
1942 zum Tode verurteilt.” Durch Folter erzwungen, gab er in der
Folge der Gestapo zahlreiche Informationen über die Tätigkeit der
Komintern und über den illegalen Apparat der KPÖ preis, sodass
er nicht hingerichtet und die Todesstrafe am 26. Februar 1945 in
eine lebenslängliche Zuchthausstrafe umgewandelt wurde.”
Der Leiter des Auslandsapparats der KPÖ in Zagreb, Julius
Kornweitz, wurde am 25. April 1942 in Wien festgenommen und,
da er Jude war, nicht vom Volksgerichtshof angeklagt, sondern
als „Schutzhäftling“ ins KZ Mauthausen überstellt, wo er 1944
ermordet wurde.“'
Ebenfalls ins Konzentrationslager überstellt wurde Franz Öh¬
ler, der in Zagreb die Deckadresse fiir den Auslandsapparat der
KPO war. Im Mai 1941 verhaftet, wurde er im Juli 1943 vom
Volksgerichtshof angeklagt und in der Folge ins KZ Buchenwald
zentrationslagers starb.”
Seitens der monarchistischen Widerstandsgruppe Steirische
Freiheitslegion wurde Friedrich Hohl am 9. Juli 1943 im kroati¬
schen Hrastovica festgenommen und der Gestapo Graz überstellt,
die ihn ins KZ Dachau einlieferte, wo er 1945 befreit wurde.“
Dr. Wolfgang Mayer-Gutenau wurde 1941 beim Versuch, die
steirisch-slowenische Grenze zu überschreiten, festgenommen und
gemeinsam mit Grazer Mitgliedern der Widerstandsgruppe am
9. August 1941 zum Tode verurteilt und am 25. Oktober 1941
hingerichtet.“
Die meisten jener Kuriere zwischen den Stützpunkten und den
illegalen Gruppen und Zellen im Land, die bis 1940 festgenom¬
men und noch vor dem Beginn des Krieges mit der Sowjetunion
verurteilt wurden, haben die Haftstrafen überlebt. Jene, die ihre
Verhandlungen nach dem 22. Juni 1941 hatten, wurden — wie
beispielsweise Herbert Eichholzer — zum Tode verurteilt und hin¬
gerichtet.
Der Krieg gegen die Sowjetunion bzw. schon zuvor der Ein¬
marsch der Deutschen Wehrmacht in Jugoslawien führte — neben
einer Radikalisierung der nationalsozialistischen Justiz, so daß
jede Form der Unterstützung für die KPÖ mit dem Tode bestraft
werden konnte — auch dazu, dass einerseits die Stützpunkte in
Jugoslawien in dieser Form nicht mehr aufrecht erhalten werden
konnten, und andererseits die Kontakte zwischen den kommunis¬
tischen Widerstandsgruppen in Österreich und den sich rasch for¬
mierenden Partisanengruppen bzw. der Kommunistischen Partei
Jugoslawiens auf eine neue Stufe gestellt wurden.”
1 Geheime Staatspolizei/Geheimes Staatspolizeiamt II A, Lagebericht
1938 über die illegale kommunistische und marxistische Bewegung
Deutschlands. Ausfertigung Nr. 174, S. 52. Der K.G. Saur-Verlag hat
die Online Datenbank „Nationalsozialismus, Holocaust, Widerstand und
Exil 1933-1945“ (htetp://db.saur.de/DGO) erstellt, wo neben Anklage¬
schriften und Urteilen des Volksgerichtshofs (VGH) bzw. Oberlandes¬
gerichts (OLG) auch Lageberichte des Geheimen Staatspolizeiamtes zu
finden sind. Die Akten werden in der Folge entweder als Geheime Staats¬
polizei mit näheren Angaben oder als VGH Akt mit der jeweiligen J-Zahl
(Volksgerichtshof) oder OJs-Zahl (Oberlandesgericht) zitiert.
2 Heimo Halbrainer: Widerstand und Verrat — Die Unterwanderung des
steirischen Widerstands durch V-Leute der Gestapo. In: Margit Franz,
Heimo Halbrainer, Gerald Lamprecht u.a. (Hg.): Mapping contemporary
history. Zeitgeschichten im Diskurs. Wien 2008, S. 321-349; S. 343ff.
3 Grazer Volksblatt (6-Uhr-Blatt), 14. Februar 1934, S. 1.
4 Kalalin Soös: Koloman Wallisch. Eine politische Biographie. Wien,
Zürich 1990.