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BUCHZUGÄNGE

Gabrielle Alioth, Hans-Christian Oeser (Hg.): Im
Schnittpunkt der Zeiten. Autoren schreiben über
Autoren. Eine Anthologie des PEN-Zentrums
deutschsprachiger Autoren im Ausland. Heidel¬
berg: Synchron 2012. 236 S. Euro 29,80

Der Guy Stern gewidmete Band enthält u.a. Beiträge
über Stefan Zweig, Oskar Kokoschka, Ilana Shmueli,
Heinrich Eduard Jacob, Alice Schwarz-Gardos... Viel
Intelligenz, Empathie und Gestaltungskraft sind da
am Werk. Im Anhang eine aktuelle Mitgliederliste
und eine imposante Liste der verstorbenen Mitglieder.

Gabriele Anderl: „9096 Leben“. Der unbekannte
Judenretter Berthold Storfer. Mit einem Vorwort
von Arno Lustiger. Berlin: Rotbuch 2012. 399 S.
Euro 19,95

Richard Berczeller: Fahrt ins Blaue und andere
Geschichten aus dem New Yorker. Aus dem Engli¬
schen von Jacqueline Csuss. Wien: Czernin Verlag
2012. 167 S,

Dokumentationsarchiv des österreichischen Wi¬
derstandes (Hg.): Forschungen zum Nationalsozi¬
alismus und dessen Nachwirkungen in Osterreich.
Festschrift fiir Brigitte Bailer. Redaktion: Wolfgang
Neugebauer, Christine Schindler. Wien: DOW
2012. 420 S.

Mit Aufsätzen u.a. über Hans Karl ZefSner-Spit¬
zenberg, Wiener SS-Angehörige und „Arisierung‘“,
Kinder-U-Boote, Odilo Globocnik, Opfergold aus
Vernichtunglagern, Simon Wiesenthal, Nachkriegsjus¬
tiz, Antisemitismus heute. Von besonderem aktuellen
Interesse sind Thomas Lutz‘ „Thesen zur Installierung
eines europäischen Gedenktages für alle Opfer von
Diktaturen und Totalitarismus“, in dem er sich ent¬
schieden gegen ein auf Anti-Totalitarismus verkürztes
Geschichtsverständnis wendet.

Exilforschung. Ein internationales Jahrbuch
30/2012: Exilforschung im historischen Prozess.
Hg. im Auftrag der Gesellschaft für Exilforschung/
Society for Exile Studies von Claus Dieter Krohn
und Lutz Winckler in Verbindung mit Erwin
Rothermund. München: edition text + kritik im

Richard Boorberg Verlag 2012. 346 S.

Gerhard Hammerschmied, Otto Adolf Posamen¬
tier, Alxandra Link: Burggasse. Judenburg: Verlag
des Museumsvereins Judenburg 2012. 228 S. Euro
21,-/SFr 29,90 (Judenburger Museumsschriften
XVII).

Ich erinnere mich, es mag 1993 gewesen sein, eine
kleine Erzählung, die ich „Judenburg“ nannte, in Ju¬
denburg vorgelesen zu haben. Am Tag nach der Lesung
führte mich eine Mitarbeiterin des Museumsvereins
durch die Stadt und erklärte mir den Ortsnamen
Judenburg aus einer in einem mittelalterlichen Codex
verzeichneten „Judiburch“, der Burg, wie sie mein¬
te, eines bayerischen Ministerialen. Ich notierte mir
auch eine andere Äußerung meiner liebenswürdigen
Führerin:

„Meine Begleiterin meint, 1938 hätten die zwölf
jüdischen Familien Judenburgs nach Wien übersie¬
deln müssen. Die Älteren seien dort eines natürlichen
Todes gestorben, die Jüngeren seien in die Welt hinaus
gezogen. Manche kamen nach dem Krieg zurück, um
‚noch einmal‘ Geld für ihre Häuser und Geschäfte

zu verlangen.“

50 ZWISCHENWELT

Die Zeiten haben sich geändert, das zeigt sich nicht
nur im Wikipedia-Eintrag über Judenburg, wo der
Ursprung des Namens ohne Umschweif auf eine jü¬
dische Niederlassung zurückgeführt wird, sondern
eben auch in dem ganz anderen Licht, das einem bei
der Lektüre des „Burggasse“-Buches aufgeht. - K.K.

Max Herrmann-Neiße/Leni Herrmann: Liebes¬
gemeinschaft in der Fremde. Gedichte/Aufzeich¬
nungen. Hg. von Christoph Haacker. Wuppertal:
Arco 2012. 142 S.

Tobias Kiwitt, Ulrich Klan (Hg.), Amnesty Inter¬
national, Armin T. Wegner-Gesellschaft: ,, Wer die
Wahrheit spricht ..., muss immmer ein gesatteltes
Pferd bereithalten.“ Ein Menschenrechte-Lesebuch.
Mit einem Nachwort von Giinter Wallraff. Méd¬
ling, Maria Enzersdorf: Edition Roessner 2010.
223 S.

Rainer König-Hollerwöger: Julia K. Gewissheit der
Ungewissheit. Drama und Rätsel einer Vermissten.
Ein Roman auf der Suche nach Julia Kührer. Rans¬
hofen: edition innsalz 2012. 304 S.

Der Autor befasste sich jahrelang mit dem Verschwin¬
den eines jungen Mädchens im niederösterreichischen
Pulkau, dessen verbrannte Leiche mittlerweile in
einem Erdkeller besagten Ortes gefunden wurde.
König-Hollerwöger mischt Faktisches mit eigenen
Impressionen, Tagebuchartiges mit Reportage.

Ulla Kriebernegg, Gerald Lamprecht, Roberta
Maierhofer, Andrea Strutz (Hg.): „Nach Amerika
nämlich!“ Jüdische Migrationen in die Amerikas
im 19. und 20. Jahrhundert. Göttingen: Wallstein
2012. 359 S. Euro 24,90 (D)/25,60 (A)/SFr 35,90

Maria Theresia Litschauer: Architekturen des Na¬
tionalsozialismus. Die Bau- und Planungstatigkeit
im Kontext ideologisch fundierter Leitbilder und
politischer Zielsetzungen am Beispiel der Region
Waldviertel 1938-1945. Ein konzeptkiinstlerisches
Forschungsprojekt. Wien, Köln, Weimar: Böhlau
2012. 430 S.

Erika Mann: Zehn jagen Mr. X. Aus dem Engli¬
schen von Elga Abramowitz und einem Nachwort
von Golo Mann. Hg. von Christoph Haacker.
Wuppertal: Arco 2011. 269 S.

Gabriele Matzner-Holzer: Egon Matzner — Quer¬
denker fiir eine andere Welt. Ein politisches Ver¬
mächtnis. Wien: Czernin 2011. 122.

Egon Matzner (1938 — 2003), u.a. Professor für Fi¬
nanzwissenschaft und Infrastrukturpolitik an der TU
Wien, linker Vordenker der österreichischen Sozialde¬
mokratie und Koordinator von deren Parteiprogramm
1978, beobachtete die Entwicklung in verschiedenen
Ländern aus internationaler Sicht, nicht aus der Vogel¬
perspektive, sondern voll lebhafter Anteilnahme an den
politischen und ökonomischen Prozessen der Gegen¬
wart. G. Matzner-Holzer resümiert seine Einstellung
mit den Worten: „Ein ideales Bild einer Gesellschaft,
auch wenn es nicht voll verwirklicht werden kann,

. ist eine unverzichbare Voraussetzung einer auf
Vernunft begründeten Politik.“ Nur dadurch scheint
auch die Differenzierung zwischen politischem , Tages¬
geschäft und den Zielen, die man weiter verfolgt, auch

wenn sie jetzt nicht erreicht werden können, möglich,

Matzner war dem gemäß auch kein Freund der Hu¬
morlosigkeit in der Politik, die mit gequältem Pathos
das üble Wort „Realpolitik“ stammelt. (Das andere alte
Wort aus dem Handbuch der Neo-Imperialisten heifst
Ja „Geopolituk“.) Eine wesentliche Rolle in Matzners
wissenschaftlicher Tätigkeit und Biographie spielte die
Auseinandersetzung mit dem seit Ende der 1980er
Jahre triumphierenden Neoliberalismus, der soziales
Denken auf Jahrzehnte in die Defensive drängte und
aus dem spannungsreichen Geflecht der Sozialität eine
sinnentleerte „Bürgergesellschaft“ zu formen suchte.

Robert Menasse: Der Europäische Landbote. Die
Wut der Bürger und der Friede Europas oder Wa¬
rum die geschenkte Demokratie einer erkämpften
weichen muss. Wien: Paul Zsolnay 2012. 110 S.

Peter Pirker, Anita Profunser (Hg.): Aus dem Ge¬
dächtnis in die Erinnerung — Die Opfer des Nati¬
onalsozialismus im Oberen Drautal. Klagenfurt/
Celovec, Wien: Drava 2012. 211 S.

Isaac Schreyer: Der Tag des Einsamen. Gedichte
und Nachdichtungen. Hg. und mit einem Nach¬
wort von Armin Eidherr. Aachen: Rimbaud 2011.
159 8.

Ilana Shmueli: Sag, daß Jerusalem ist. Uber Paul
Celan. Oktober 1969-April 1970. Mit einem Nach¬
wort von Matthias Fallenstein. Aachen: Rimbaud
2010. 115 S. (Celan-Studien. Neue Folge. Bd. 3.
Hg. von Bernhard Albers/Bukowiner Literatur¬
landschaft. Bd. 52).

Neuausgabe des zuerst 2001 erschienenen Buches,
erweitert durch einen „Rückblick nach zehn Jahren“
Shmuelis, in dem sie in ihrer gewohnt präzisen Art
einiges zur Entstehungsgeschichte des Buches nachträgt.
Instruktiv und lesenswert ist das Nachwort M. Fallen¬
steins, das die Bedeutung von Shmuelis Erinnerungen
und ihres Briefwechsels mit Celan für das Verständnis
seiner späten Gedichte darlegt. An die Celanschen
Wortbildung ,,Gehnsein“, in den Celan-Ausgaben
auf, Gehn sein“ normalisiert, kniipfi er Uberlegungen
zur Differenzierung des Ausdruck bei Celan — auf
kleinstem Raum, in einer einzigen Verszeile.

Markus Winkler (Hg.): Presselandschaft in der
Bukowina und den Nachbarregionen. Akteure —
Inhalte — Ereignisse (1900-1945). München: IKGS
Verlag 2011. 251.

Zeitschriften

Chilufim, Zeitschrift für jüdische Kulturgeschichte
Nr. 9. Salzburg 2010.

Enthält monographisch S. 1-130 Gerhard Langers
Schrift „Wer ein lebendiges Wesen tötet, der tötet die
ganze Welt. Soma Morgensterns Bezüge zu jüdischer
Tradition, zu Judentum und Christentum“.

Exil. Forschung. Ekenntnisse. Ergebnisse. Hg. von
Edita Koch und Henrike Walter. 31. Jg., Nr. 1.
123 S.

Mit Aufsätzen u.a. von Hemut G. Asper über Fritz
Kortners Theaterarbeit im Exil und, von Frithjof
Trapp über Valerin Marcus „Vertreibung der Juden
aus Spanien“.