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1962 heiratete er Anya Butschkowski, eine Germanistin, die
einige Jahre älter als er war. Dann begann er, ernsthaft Gedichte
zu schreiben. Er schrieb auch einige Gedichte auf Deutsch, die
von ihm selbst gesprochen von Radio Bavaria gesendet und in
deutschen Zeitungen veröffentlicht wurden. Schon 1963 erhielt
er für seine Gedichte einen Lyrik-Preis.

Sein erster Lyrikband „Andere Jahreszeit“ erschien 1964 mit
einem Nachwort von Johannes Bobrowski im Luchterhand Verlag.
Fünf Monate nach der Präsentation, wurde dieses Buch mit einem
Preis der Stadt Berlin ausgezeichnet. Johannes Bobrowski sagte
bei der Präsentation: „Fereydoun Farrokhzad zeigte uns eine Welt,
die, erfüllt von den Schrecken des Krieges, doch immer ein Ort
des Lebens bleibt. Man kann in dieser Welt schöne Dinge finden,
so schön wie die eigenartigen Gedichte Fereydoun Farrokhzads
auf Deutsch“. (Aus dem Persischen riickiibersetzt).

Joachim Günter, der prominente Literaturkritiker und He¬
rausgeber der Zeitschrift „Neue Deutsche Hefte“ schrieb über
Fereydouns Gedichte: „Wenn das erste Buch eines Dichters so
vollkommen ist, habe ich Angst, dass er kein zweites schreiben
wird. Wie kann man Perfektes noch perfekter machen?“

Ein zweiter, persischer Lyrikband, „Letztlich ist es der Beginn der
Liebe“, erschien, viele Jahre später, im Jänner 1989 in Los Angeles.

1966 wurde Farrokhzad Mitglied der Akademie für Jugend¬
Literatur in München. Er schrieb einige deutsche Lieder und
hatte auch Auftritte im deutschem Fernsehen. 1967 beschäftigte

Nahid Bagheri-Goldschmied
Frau Sonne

In der Nacht hatte sich der Himmel bis in die frühen Morgenstun¬
den ausgeweint. Die Stadt Icheran und ihre Straßen waren wie
reingewaschen, voll frischem Duft. Freundlicher Sonnenschein
in Begleitung einer leichten Brise küsste Stirn und Wangen des
fünften Tags im Mai. Es war einer jener Begegnungs-Donnerstage,
an denen wir den „Professor“ besuchten. Meine Freunde und ich
hatten dem Lyriker Siavash Kasrai diesen Titel verlichen. Er ist
nach langjährigem Exil 1996 in Wien verstorben und hat auf dem
Wiener Zentralfriedhof seine letzte Ruhe gefunden.

Es war die eindringlichste Zeit meiner Jugend. Sechs Monate
zuvor war ich Sechzehn geworden. An diesem Tag hatte ich auf
Zureden meiner Mutter ein schönes grünes Samtkleid angezo¬
gen, das mir von unserer Familienschneiderin vor kurzem genäht
worden war. Obwohl ich Grün liebte und meine Freunde mich
spaßhalber immer „Jungfrau in Grün“ nannten, hatte ich ihnen
gegenüber ein schlechtes Gewissen, ein neues Kleid zu tragen,
weil einige von ihnen aus dem ärmeren Viertel in Südteheran
kamen. Sie waren so jung wie ich, mussten aber nicht nur für ihr
Taschengeld arbeiten, sondern auch ihre Familien finanziell unter¬
stützen. Glücklicherweise hatten die kulturellen Bemühungen der
Koordinatoren der Bezirks-Jugendbibliotheken der „Gesellschaft
für die geistige Erzichung der Kinder und Jugendlichen“ mich
und Nasser, Mehdi, Abbas und Behzad und andere zusammenge¬
führt. Mit unendlichem Wissensdurst bereisten wir die Welt der
Bücher. Wir schrieben Wandzeitungen. Wir spielten Theater... In
jenen Tagen dachten wir, die Zeit schwinde zu schnell dahin, und

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er sich mit iranischer Folklore und schrieb moderne Musik für
diese. Damit nahm er an einem Festival in Innsbruck teil und
wurde mit dem ersten Preis ausgezeichnet. Auch die „Süddeut¬
sche Zeitung“ veröffentlichte Gedichte von ihm. Der namhafte
Schriftsteller Martin Walser nahm einige Gedichte Farrokhzads
in seine Anthologie „Vorzeichen“ auf und bezeichnete ihn als
eines der hevorragendsten jungen Talente der deutschen Gegen¬
wartsliteratur.

1967 kehrte er nach Teheran zurück, wo er seine eigenen Sen¬
dungen in Radio und Fernsehen erfolgreich gestaltete. Die aus
der Revolution von 1979 siegreich hervorgegangene Islamische
Republik sperrte ihn ein; er konnte fliehen und kehrte nach
Deutschland zurück.

Hier verfasste er zahlreichen Beiträge für die TV- und Radio¬
Sender der persischen Opposition in Europa und den USA. Fe¬
reydoun Farrokhzad beherrschte vier Sprachen: Persisch, Deutsch,
Englisch, Französisch. 1991 hatte er eine erste Filmrolle in dem
Film „I Love Vienna“.

Am 8. August 1992 wurde er in seiner Wohnung in Bonn von
iranischen Geheimagenten erstochen. Fereydoun Farrokhzad war
eines der Opfer einer Serie von Attentaten in Europa, bei denen
auch der Kurdenführer Dr. Abdolrahman Ghasemlou in Wien
und weitere iranische Widerstandskämpfer ermordet wurden.
Farrokhzad liegt begraben in Bonn.

Farrokhzad gewidmet

wir müssten, sie nicht zu vergeuden, möglichst viel Wegzehrung
sammeln. Mit den Erfahrungen unserer Jugend suchten wir nach
neuen Welten. Der Sport und die Wanderungen, die wir jedes
Wochenende unternahmen, waren verbunden mit Diskussionen
über Bücher, die wir im Laufe der Woche gelesen hatten. Oftmals
waren, noch bevor mir die Meinung des Professors kund wurde,
meine Freunde die ersten Zuhörer meiner neuen Werke.

Das Taxi blieb an der Kreuzung stehen. Ich schaute auf meine
Uhr, hatte noch zwanzig Minuten Zeit. In einer Parallelgasse
zur Wohnstraße des „Professors“ spazierte ich etwas unruhig auf
und ab. Die Mappe drückte ich mit der Rechten an meine Brust
und überlegte, ob dem Professor meine neuen Gedichte heute
gefallen würden, oder ob er nur einige Zeilen unterstrichen habe
mit der Bemerkung, diese Zeilen seien poetisch und stark. Dann
musste ich sie üblicherweise bearbeiten und in der folgenden
Woche wiederbringen.

Niemand ging vorbei. Die Stille der Gasse wurde nur durch das
Herumwirbeln einiger zierlicher schwarz-weißer Katzen gestört,
die miteinander spielten. Neben ihnen, im Schatten eines Baumes,
ruhte sich ihre zufriedene und stolze Mutter auf dem Trottoir aus.
Ihre Brust war voll Milch. In der Mitte der Gasse blieb ich kurz
stehen. Meine Unruhe war vergessen, ich beobachtete lächelnd
das Spiel der kleinen Katzen.

„Frau Sonne! Frau Sonne! Das gehört dir! Es hat die gleiche
Farbe wie dein Kleid. Nimm ces!“ Der Klang einer bekannten und
liebenswürdigen Stimme drang plötzlich an mein Ohr. Momentan