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Du weifst, wie die Mandeln blühn. Und angelehnt sind deine Türen. Wien, 29. VI. 08, No.10 Bist Du bereit für den Tausch von einer Minute Einsamkeit gegen unfassbare Stunden im TeeRausch? Bist Du bereit fiir das Ol vom Bergamotte-Baum, Wurzeln treibend im Samowar? Daniela Strigl „Der Hurrikan / reißt alles fort“ Ich beginne mit vier Versen: Ins Himmelblau die Rohstoffpreise steigen, Als holde Boten junger Konjunktur. Der Markt belebt sich schon, und schamhaft zeigen Sich zarte Triebe börslicher Natur. Dieses Bild ist gar nicht weit weg von unserer aktuellen medial verbreiteten Erwartungshaltung. Weiter heißt es im Gedicht: Und nur ein Kurs hält mit der Hausse nicht Schritt, Nur eine Ware geht im Preis nicht mit Und bleibt die billigste in jedem Land: Das ist die AusschufSware, „Mensch“ genannt. „Von der Käuflichkeit des Menschen“ lautet der Titel dieses Lehrgedichts zwischen Bert Brecht und Kurt Tucholsky; der Mensch, so wird hier im Kontext von Soyfers Mittelstück „Astoria“ behauptet, sei grundsätzlich allzu leicht zu haben, die zynische Handlungsanweisung geht so: Zahl statt mit Geld mit faulen Idealen, Der Mensch verschleudert sich um jeden Preis. Denn seinesgleichen gibt es viel zu viele, Er weiß es selbst und handelt auch danach Und kennt den Kurs im großen Börsenspiele; Der Geist ist billig, und das Fleisch ist schwach. Bist Du bereit für die Granatapfelröte? Für Nasenrückenschweiß? Ohne Arbeit. Oder bist Du auch nur ein Kleinaktionär der Zeit? Du sagst immerzu: Uniibersetzbar bist Du. Uniibersetzbar sind deine Stunden. In meine Stunden. Wien, 29. VI. 08, No.4 Von Ecevit Ari sind in ZW bisher erschienen: „Näzim Hikmet Ran. Mein Herz schlägt im Gleichtakt mit dem entferntesten Stern“ und Neutibersetzungen von Gedichten Nazim Hikmets in Nr. 3/2004, sowie „Gedichte“ in Nr. 1-2/2008. Der da spricht, ist Bösewicht: Er ist der Handlanger des astorianischen Staatsapparats, und er bekommt eine Antwort von den wartenden Menschen, mit der Soyfer einmal mehr einen aktivistischen Kontrapunkt zur festgestellten Misere setzt: Hast du kein Brot für uns, hast du kein Dach, Stehn fordernd wir vor deinem Rechenpult. Der Schuldner löst den Wechsel niemals ein. Die Ware Mensch will nicht mehr Ware sein. Die Kombination von illusionslosem Zeitbefund und scharfsichtiger Diagnose mit einer plötzlichen Wendung ins Hoffnungsvolle, Aktionistische ist bezeichnend für Jura Soyfers durch und durch politisch grundierte Lyrik. Diese Wendung erscheint nicht selten sprunghaft und unmotiviert. Als wäre dem Dichter noch rasch eingefallen, daß er sein Publikum nicht mit dieser bitteren Wahrheit entlassen kann, daß er ihm noch etwas Tröstendes, Positives, Aufrüttelndes mit aufden Weg geben muß. Am besten eine Losung, etwas, was haften bleibt: „Die Ware Mensch will nicht mehr Ware sein.“ Jura Soyfers Bild vom Menschen ist einerseits gut marxistisch abgesichert. Marx und Engels haben im „Kommunistischen Manifest“ den Warencharakter des Menschen betont: „Diese Arbeiter, die sich stückweis verkaufen müssen, sind eine Ware wie jeder andere Handelsartikel ...“” Andererseits scheint der Menschenbegriff Soyfers idealistisch-humanistisch geprägt: der Mensch tritt auf als Potential, als etwas, was nur in Ansätzen vorhanden, was ausbaufähig ist. Am prominentesten ist dieser Gedanke in Soyfers „Lied des einfachen Menschen“ formuliert, April 2013 31