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Mein Besitz In der Besitzerwelt wo man besitzen muß um zu leben bin ich ein beinloser Krüppel ohne Besitzlust. Die Fauteuils hängen an meinen Händen die Wände die mir gehören erdrücken meine Gedanken die Schränke versperren den Ausgang. Geduldig hassend trage ich den Besitz der mich besitzt. Die deutsche Sprache Wie ein scheuer Gast Im Nobelhotel komm’ ich mir vor. Langsam schleiche ich Durch die blanken Parkette Gedrungen, still. Alle Türen sind geschlossen. Ich muss irgendwem irgendwas sagen. Reden. Erzählen. Die verstehen meine Sprache nicht und ich fürchte mich vor ihrer Sprache. Tamar Radzyner. Foto: Nachlass/Asia Radzyner Bei mir zu Hause kann ich Worte wählen und verzaubern musizieren, spielen mit der Sprache. So vieles möchte ich sagen von der Angst von der Unruhe von der Dämmerung in fremden Zimmern. Meine Kehle ist mit Worten schwanger in Wehen geboren sind sie tot. Wie ein stummer Gast wie ein scheuer Gast im Nobelhotel komm’ ich mir vor in der deutschen Sprache. In den Texten junger AutorInnen erkenne ich meist das, was auch für mich von Anfang an inspirierend gewesen war: den Wunsch, die Welt schreibend zu erkunden, hinter die Kulissen des Offensichtlichen zu schauen, den Dingen auf den Grund zu gehen, zu hinterfragen, gestalterisch einzugreifen. Das große Erstaunen ob des Ergebnisses der eigenen künstlerischen Produktion, in der die kreative Transformation der Welt hin zum Individuellen und gleichsam Exemplarischen erkennbar wird, ist von Generation zu Generation gleich, das Resultat dieser Transformation jedoch immer ein anderes. Der Perspektivenwechsel rückt scheinbar altbekannte Themen in ein anderes Licht, zeigt neue Wege und Interpretationsmöglichkeiten auf. Ein guter Text ist sowohl für die Schreibenden selbst als auch für LeserInnen eine Orientierungshilfe, doch niemals ein Wegweiser. 22 — ZWISCHENWELT Gute Texte gelingen allerdings erst dann, wenn die jungen AutorInnen erkennen, dass ftir Schreibende die anscheinend verfiigbare Sprache ihren Widerstand offenbaren muss. Sofern sie sich nicht mit bloßer Mitteilung begnügen wollen, suchen sie diesen Widerstand auf den verschiedensten Wegen herauszufordern. Einer davon ist die Reduktion, die Auswahl dessen, was gesagt und was ausgelassen wird. Dabei werden im Optimalfall, wie Herta Müller in ihrem Essayband Der König verneigt sich und tötet schreibt, die Gedanken der LeserInnen dorthin gezogen, „wo sich keine Worte aufhalten können. [...] Jeder gute Satz mündet im Kopf dorthin, wo das, was er auslöst, anders mit sich spricht als in Worten.“ Die vorliegenden beiden Texte von zwei jungen Autorinnen sind Beispiele dafür, wie das gelingen kann... Vladimir Vertlib