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(Es gibt jetzt auch einige Gratis-Sprachkurse, aber am Anfang
waren die Kurse zu teuer.) Mehr als ein Viertel der estnischen
Bevölkerung blieb in Folge dessen ohne die wichtigsten Bürger¬
rechte, oft auch ohne Arbeit und Lebensunterhalt. Anders sieht
es bei vielen russischen Neureichen aus. Sie sprechen zwar kein
Estnisch, sind aber mit estnischen Politikern gut befreundet und
konnten sich eine Staatsbürgerschaft kaufen.

Dass estnische (und auch lettische) Sowjetkollaborateure ihre
Zusammenarbeit mit Moskau nie bereut haben, ist unerträglich.
Dass sie nach dem Umbruch von ihrer eigenen Schuld ablenken
und unschuldige parteilose Russen (und deren Kinder!) als „Ok¬
kupanten“ brandmarken, ist ein Verbrechen: Sie selbst waren die
Kollaborateure und gehörten der Okkupationsmacht in Sowjet¬
Estland und -Lettland an

Verstreutes

Integration. — Betritt man einen türkischen Bäckerladen in Wien,
stößt man immer öfter auf ihn: den „Riesenwachauer“. Das Wa¬
chauer-Laibchen ist ja, wie die Wiener Traditionsbackerei Stréck
mitteilt, ein „rustikales Weizengebäck unter Zugabe von etwas
Roggenmehl und Kümmel“ von etwa 60 Gramm Gewicht, beim
Heurigen in der Wachau und sonstwo beliebt. Der Riesenwachauer

Meine Muttersprache — meine Lieblingssprache! — wird durch
diese nationalistische Propaganda zur Waffe gegen unschuldige
Menschen. Betroffen sind vor allem die russischsprachigen Kinder.
Ich will in Estland leben, will nicht emigrieren! Aber ich mag nicht
tatenlos zusehen, wenn in unserem Land die Wahrheit verfalscht
wird — zu Lasten einer Minderheit. Ich wünsche mir, dass Europa
seine Gleichgültigkeit aufgibt. Und sich für eine menschlichere
und gerechtere Welt einsetzt.

Der Protest der estnischen Schrifistellerin Reet Kudu rufi allerdings
auch peinliche Reminiszenzen hinsichtlich österreichischer Gesetze
hervor, die es in Österreich geborenen Kindern ebenfalls oft sehr
schwer machen, Österreicher zu werden. — K.K.

hat aber eine andere Abkunft, er ist an die Stelle des früher als
Rundbrot und mitunter, vielleicht fälschlich, als Trabzon-Brot
Bezeichneten getreten (Gewicht 650 Gramm). Denkbar wären
nun mit Edelweißßmotiven bedruckte Kopftücher; auch das Rie¬
senrad würde sich eignen.

Am Freitag, 8. November 2013, findet von 9 - 11:30 eine Gedenk¬
veranstaltung anlässlich des 75. Jahrestages des Novemberpogroms
am G19 (Gymnasiumstraße 83, 1190 Wien) mit einer Lesung
aus Reinhold Eckfelds Buch „Letzte Monate in Wien. Aufzeich¬
nungen aus dem australischen Internierungslager 1940/41“ statt.

Dies ist eine Kooperationsveranstaltung zwischen dem G19
und erinnern.at

Als 17-jähriger Schüler des G19 wird Reinhold Eckfeld am Morgen
des 10. Novembers 1938 in der Nähe der Schule verhaftet, ins
Polizeikommissariat in der Kreindlgasse abgeführt und später in
die Polizeireithalle Pramergasse verschleppt.

Im australischen Internierungslager schreibt er 1940 seine
Erinnerungen daran nieder. Diese wurden Jahrzehnte später in
Österreich veröffentlicht.

SchülerInnen des G19 lesen aus diesem Buch. Daran anschlie¬
ßend werden die darin beschriebenen Orte besucht.

Reinhold Eckfeld ist heute 92 Jahre alt und lebt in ei¬
nem Vorort von Melbourne. Den LeserInnen der ZW ist er
aus dem 18. Jg. (2001) bekannt, wo in Nr. 3 unter dem Ti¬
tel „... dass ich gehen müsste, unter allen Umständen“
ein Vorabdruck seines oben genannten Buches erfolgte.

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Reinhold Eckfeld (rechts) mit Bruder im Türkenschanzpark, Wien 1945

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