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Im allgemeinen gesellschaftlichen Gedächtnis ist
er eingeschrieben - ist jedenfalls zu hoffen: der
Reichstagsbrand am 27. Februar 1933, das Fa¬
nal zur sofortigen brutalen Jagd auf missliebige
Gegner des sich noch in der Etablierungspha¬
se befindlichen Naziregimes, wofür es längst
schwarze Listen gab. Die damalige Begründung
für das sofort folgende Ermächtigungsgesetz:
Die Kommunisten und ihre Sympathisanten
hätten den Brand gelegt, planten den Umsturz.

Die angeblichen Brandstifter waren 1933 auch
schnell ermittelt und verhaftet, DREI Bulgaren,
einer davon der bis dato illegal in Deutschland
lebende Dimitroff, der KPD-Reichstagsabge¬
ordnete Torgeler und der Holländer van der
Lubbe, ein Anarchist.

Der folgende berühmt gewordene Reichstags¬
brandprozess führte unter Missachtung aller
gegenteiligen Gutachten und Zeugen zu dem
Ergebnis einer Alleintäterschaft des Holländers
— zur Genugtuung Hermann Görings und der
Nationalsozialisten.

Die neutrale Welt aber war sich einig und
hatte dafür Beweise: Es war eine geplante Pro¬
vokation der Nationalsozialisten, ausgeführt
von Hermann Görings SA-Elitetruppe. Das war
dank des Londoner Gegenprozesses und des
parallel dazu verfassten Braunbuches überwie¬
gender historischer Konsens, zumal nach 1945
die Dokumente aus der Zeit der Nazibewegung
und deren Regierungszeit allmählich ans Licht
der Öffentlichkeit kamen.

Auch in Deutschland vertraten die Historiker
bis in die 1950er-Jahre allgemein die Ansicht,
dass die Nationalsozialisten selbst den Brand
gelegt hatten. Das änderte sich erst mit einer
angeblich einzig wahren Dokumentation, die

der Spiegel 1959/1960 als Serie (nach voraus¬
gegangenen provokanten kleineren Wortmel¬
dungen) druckte.

Ausgerechnet ein Mitarbeiter des Verfassungs¬
schutzes, Fritz Tobias (1918 — 2011), belebte die
Geschichte von einer Alleintäterschaft van der
Lubbes, berief sich auf Akten in seinem Privat¬
archiv und erhielt immer wieder Schützenhilfe
aus der rechten Ecke und leider auch von Prof.
Hans Mommsen.

Dem traten u.a. die Wissenschaftler Alexan¬
der Bahar und Wilfried Kugel 2001 mit einer
langjährigen Forschungsarbeit an Hand von
neuen Dokumenten und Zeugenaussagen und
der akribisch rekonstruierten Darstellung des
Reichstagsbrandes entgegen, wobei die These
einer Alleintäterschaft ad absurdum geführt
wurde. Noch immer schwelt die Kontroverse.

Besonders beachtenswert ist das Buch m.E.
deshalb, weil die beiden Autoren, unabhängig
von einer Institution oder Behörde und auf ei¬
gene Kosten, weiter recherchierten, um diese
umstrittene Geschichte genau zu rekonstruieren.
Es gilt die von Vertretern der rechten Szene noch
immer zum Nutzen der Neonazis „am Kochen“
gehaltene Story einer Allein-Täterschaft endgül¬
üg zu widerlegen.

Und dabei liest sich das Buch von Bahar und
Kugel spannend wie ein Krimi. Die ermittelten
Details sind alle klar mit Quellennachweis ver¬
sehen — was den Lesefluss aber keineswegs stört.

Der Einleitung zur Aktualität der Reichstags¬
brandproblematik folgen, thematisch logisch
gegliedert, acht Kapitel, die wohl keine Frage
offen lassen. Systematisch behandelt werden,
zumeist nochmals aufgeschlüsselt zu Teilfra¬
gen, die Komplexe von der Vorbereitung der

NS-Machtergreifung bis zur Kontroverse zum
Reichstagsbrandprozess nach 1945 (und bis
heute).

Die verwendeten Quellen, Archive und
Privatsammlungen sind übersichtlich korrekt
aufgelistet, und umfangreiche Literaturhinweise
ergänzen die Publikation.

Damit legen die Autoren nach eigenen Anga¬
ben eine gekürzte, fehlerbereinigte, aber nach
dem neuesten Forschungsstand aktualisierte
Neufassung ihrer Dokumentation von 2001 vor.
Sie hoffen damit einer breiteren Öffentlichkeit
den Zugang zum Thema ,,Reichstagsbrand“ zu
erleichtern.

Das ist ihnen m.E. weitgehend gelungen. Ich
wüsste nach dieser Lektüre nicht, welche Gegen¬
argumente der „Historikerkreis“ um Dr. Fritz
und Martin Tobias nun noch zur Begründung
ihrer Ihese beibringen könnte. Wahrscheinlich
birgt auch deren ängstlich gehütetes „Privatar¬
chiv“ keine unwiderlegbaren Beweise für eine
Alleintäterschaft des angeblich verwirrten An¬
archisten, womit die Tatsache einer geplanten
Provokation durch Görings SA widerlegt werden
könnte. — Dem Verlag sei für sein verlegerisches
Wagnis gedankt.

Helga W. Schwarz

Alexander Bahar, Wilfried Kugel: Der Reichs¬
tagsbrand. Geschichte einer Provokation. Köln:
PapyRossa Verlag 2013. 360 S.

Alexander Bahar und Wilfried Kugel haben
übrigens auch in ZW Nr. 2/2002, S. 83-86, in
komprimierter Form ihre Argumente vorgebracht.
— Anm. der Red.

Wenn wir zurückblicken und die Stellung der
Frauen in der literarischen Welt beobachten,
kommen wir zum Ergebnis, dass die Frauen
nun ein volles Jahrhundert lang aktiv waren.
Ihre Fähigkeiten als Essayistinnen, Historike¬
rinnen, Lyrikerinnen und Schriftstellerinnen
haben sie bewiesen. Virginia Woolf meint, die
Frauen wären zu spät in die literarische Szene
eingetreten. Im Roman-Schreiben haben Frauen
eine stärkere Präsenz.

Die Frauen-Befreiungsbewegung hat manche
Autorinnen dazu gebracht, eine Abhängigkeit
von dieser Bewegung zu entwickeln. Die Auto¬
rinnen der „feministischen“ Bewegungen haben
versucht, in der modernen zivilisierten Welt
Gleichstellung zu erreichen. Möglicherweise
werden solche Bewegungen gestoppt, weil die
Frauen immer noch ihre Ängste und Anliegen
unterdrücken und verheimlichen.

Der einzige Weg, um diesen Problemen

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vorzubeugen, wäre der, dass Frauen in ihren
Erzählungen über Wahrheiten schreiben, da¬
mit die jahrhundertelangen Bemühungen der
Schriftstellerinnen nicht erlahmen.

Nahid Bagheri-Goldschmieds Roman „Cha¬
war“ ist vor kurzem wieder in Farsi erschienen.
Dieses Buch in Farsi wurde erstmalig im Jahr
1998 in Schweden veröffentlicht. Dann füg¬
te die Lyrikerin ein neues Kapitel hinzu und
übersetzte es in die deutsche Sprache. Chawar
erschien im Jahr 2009 in deutscher Sprache,
und zwar im Verlag der Theodor Kramer Ge¬
sellschaft in Wien.

Nahid Bagheri-Goldschmied erhielt 2001 von
der Exil-Community den Literaturpreis „Sch¬
reiben zwischen den Kulturen“ und 2009 eine
Buchprämie für die deutsche Übersetzung
des Romans „Chawar“ vom Österreichischen
Bundesministerium für Unterricht, Kunst und
Kultur.

Bagheri-Goldschmied ist Gründerin und Vor¬
sitzende des Iranischen Kunst- und Kulturver¬
eins im Exil „Marzpeyma - Grenzgänger“. Sie
ist Mitglied des Österreichischen PE.N.-Clubs.
Von ihr sind auch fünf Lyrik-Bände, darunter
„In der Fremde“ (Persisch-Deutsch) erschienen.

Der Roman Chawar in Farsi beginnt mit ei¬
nem Vorwort der iranischen Autorin und Lite¬
raturwissenschaftlerin Pouran Farrokhzad, und
endet mit einem Nachwort des österreichischen
Lyrikers und Schriftstellers Hahnrei Wolf Käfer.
Pouran Farrokhzad sagt über die Autorin von
Chawar:

„Nahid Bagheri-Goldschmied ... zeichnet in
diesem Buch die Tage der Kindheit und Jugend
des Mädchens Chawar unter dem Einfluss eines
dominierenden, mächtigen Großvaters nach
und entwirft interessante Szenen.

In diesem Roman erzählt Chawar, die Haupt¬
figur dieses Buches, über ihren Großvater und