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Terror und Unterstiitzung der slowenischen Nation gegen den
faschistischen Rassismus kämpfte. Da die TIGR im italienisch
besetzten Küstenland sich beachtlichen Freiraum erkämpfte und
liberal orientiert war, wurde Istrien und Südslowenien zu einem
idealen Operationsgebiet für die SOE, die in ganz Jugoslawien,
wie wir wissen, erfolglos versuchte, gegen die Umklammerung
Jugoslawiens durch NS-Deutschland anzugehen. Die SOE ver¬
suchte in Slowenien in Kooperation mit der TIGR eine Basis
für Sabotageoperationen in Österreich zu errichten. Sloweni¬
sche Antifaschisten konnten in Kärnten früh slowenische, sozi¬
aldemokratische und kommunistische Aktivisten gewinnen, die
bereit waren, den Zuglauf auf der Südbahn zu sabotieren. Mit
dem Beginn der britischen Wirtschaftsblockade, vor allem der
Handelsschifffahrt der Achsenmächte, wurde die Kohlezufuhr
nach Italien über die Südbahn kriegswichtig. Daher wurde von
Eisenbahnern das rollende Material geschickt beschädigt und
unbrauchbar gemacht und Versuche gestartet, die Bahnanlagen
mit britischem Sprengstoff zu zerstören. Eine Anschlagserie gegen
die Geleise der Südbahn im Raum von Judenburg im Frühjahr
und Frühsommer 1940 erbrachte nur geringe Zerstörungen und
keine große Behinderung des Verkehrs. Aber das Zusammenspiel
von österreichischen und slowenischen Widerstandskräften mit
britischer materieller Unterstützung ist ein eindrucksvolles Beispiel
transnationalen Widerstands, das bisher wenig tradiert wurde, weil
das sozialistische Jugoslawien den liberalen Antifaschismus und
dessen Unterstützung durch die Briten nicht thematisieren wollte.

Die bittere Pointe dieser Geschichte ist, dass es der Gestapo gelang,
in diesen gegen die Südbahn gerichteten Widerstand V-Leute zu
infiltrieren, die den gesamten frühen Widerstand in Kärnten und
der Steiermark auflliegen ließen, was der deutschen Abwehr die
Möglichkeit gab, Geheimdienstspiele mit den Briten zu versuchen.
Auf die Aufdeckung des Widerstands folgte der bislang größte
Reichskriegsgerichtsprozess in der „Ostmark“ in Klagenfurt 1941,

da die Südbahn als kriegswichtig definiert war, und er endete mit
einer Serie von Todesurteilen. Das von Pirker gezeigte Handlungs¬
geflecht der Protagonisten, auch jenes zwischen Verfolgern und
Verfolgten, wird hier nicht nur aus Platzgriinden nicht referiert,
sondern es wird den LeserInnen warmstens empfohlen, die plas¬
tische Analyse der Interaktionen der Antifaschisten, Kämpfer,
Agenten, Doppelagenten und Beamten der Verfolgungsorgane
als Lehrbeispiel der Handlungsmöglichkeiten von Menschen in
totalitären Gesellschaften selbst zu rezipieren. Indem Pirker die
handelnden Personen im Kräftefeld der Diktaturen und des Krieges
aufeinander bezicht, gibt er den widerständigen Menschen Namen
und Würde zurück und zeigt andererseits drastisch, mit welchen
Energien die Verfolgenden ihr Unterdrückungswerk betrieben.
Und die Protagonisten blieben nicht nur bis Kriegsende aufeinan¬
der bezogen, das Machtgefälle zwischen ihnen erhielt leider auch
während des Kalten Krieges und durch ihn. So konnte von Pirker
gezeigt werden, dass die „Erinnerung“ an die Kärntner Opfer aus
den Sabotageaktionen von ihren chemaligen Verfolgern direkt
bestimmt wurde. Wie und mit welch beschämenden Ergebnis
das geschah, führe ich nicht aus, sondern wandle Karl Farkas ab:
„Schaun sie sich das an!“

Nun gehr’s zum großen Buch Pirkers, das aus seiner Disserta¬
tion entstanden ist, in dem er das Tun der zur SOE rekrutierten
Österreicher im Feld der Politik des Exils, des Widerstandes und
der britischen Geheimdienste für die Zeit des gesamten Zwei¬
ten Weltkrieges rekonstruiert.‘ Pirker beginnt mit einem langen
Abschnitt unter dem Titel „Politik und Subversion“, in dem er
mit erstaunlicher Klarheit die Versuche der politischen Orien¬
tierungen des britischen Außenamtes, der Geheimdienste und
des österreichischen politischen Exils in Großbritannien und
den USA zu Österreich analysiert und darstellt. Er zeigt dabei,
wie diese drei Institutionen und Kräfte interagierten und mit
welchen Wahrnehmungsschwierigkeiten und Hoffnungs- oder

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