Bei der im Jahr 1934 versuchten, aber gescheiterten Machtüber¬
nahme der Nationalsozialisten, der bis heute „Juliputsch“ genannt
wird und knapp vier Jahre vor der gelungenen stattfand, wurden
im Ort meiner Kindheit unter anderem folgende Beteiligte laut
Gendarmeriebericht wegen Hochverrat und Aufruhr verhaftet
und angezeigt:
Aigner Fritz, geb. 1892, Kaufmann
Bertl Maria, geb. 1894, Sparkassendirektorsgattin
Brandmüller Engelbert, geb. 1902, Besitzer
Brandmüller Josef, geb. 1882, Besitzer
Eingang Johann, geb. 1914, Spengler
Eingang Peter, geb. 1909, Tischler
Geutebrück Ernst Dr., geb. 1893, Rechtsanwalt
Gierl August, geb. 1919
Gierl Johann, geb. 1916, Gärtner
Hauser Auguste, geb. 1905, Bes. Tochter
Hauser Matthias, geb. 1896, Besitzer
Kofler Johann jun., geb. 1904, Gerber
Köberl Josef, geb. 1890, Schlosser
Langanger Franz, geb. 1914, Landarbeiter
Oberbichler Franz, geb. 1916, Elektriker
Oberbichler Johann, geb. 1905, Drogist
Oberbichler Liberat, geb. 1908, Mechaniker
Pammer Georg, geb. 1902, Schneider
Riezinger Heinrich, geb. 1912, Sparkassenbeamter
Rothmann Theodor, geb. 1913, Schuhmacher
Rössler Karl, geb. 1906, Hilfsarbeiter
Sarlay Hermann, geb. 1916, Praktikant
Schantl Wolfgang, geb. 1904, Schlosser
Schlamadinger Ottilie, geb. 1898 Kaufmann
Steindl Viktor, geb. 1908, Schmied
Wegscheider August, geb. 1912, Hilfsarbeiter
Weichbold Gustav, geb. 1908, Gastwirtssohn
Wimmler Karl, geb. 1918, Realschüler
Wulz Franz, geb. 1901, Beamter
Überbacher Johann, geb. 1912, Beamter
Überbacher Josef, geb. 1902
Zach Karl, geb. 1910, Elektromechaniker
Zemann Hermann, geb. 1904, Mechaniker
Unter denen, über die die Gendarmerie 1934 vermerkte, sie seien
flüchtig und wusste, dass die meisten nach Deutschland entkom¬
men waren, befanden sich folgende Männer:
Holzer Roman, geb. 1897, Oberbuchhalter
Huber Emmerich, geb. 1907, Zimmermann
Pammer Karl, geb. 1901, Schneider
Sarlay Wilfried, geb. 1910, Landwirt, Tischler
Wirnsberger Franz, geb. 1912, Sattler
Dieser Ort war damals eine Hochburg des Nationalsozialismus.
Rund die Hälfte der männlichen Bevölkerung im Alter von 15 bis
40 Jahren wurde nach dem „Juliputsch“ verhaftet oder angezeigt.
Rund ein Viertel von diesen ist hier namentlich genannt.
Ich bin knapp zwanzig Jahre nach dem gescheiterten Putsch ge¬
boren.
Zum Aigner ging ich in meiner Kindheit einkaufen und bekam
Treuemarken zum Sammeln. Damals war der Aigner nicht nur
ein Kleidergeschäft, sondern auch ein Lebensmittelkaufhaus.
Das war aber das Kaufhaus des alten Aigner Franz. Fritz war ein
anderer, aber auch schon alt. Er schaute oft aus einem Fenster
im ersten Stock. Den Eisenhof führte der Sohn des Fritz, Gert.
Der fuhr einmal mit einem DKW bei einem Autorennen vom
Pyhrnpass herunter.
Der Doktor Bertl war ein Zahnarzt, der mich glücklicherweise
nur ein Mal behandelt hat.
Brandmüller Walter und Siegfried gingen mit meinen Brüdern
in die Volksschule.
Irgendeiner von den Eingang-Buben war beim SportClub
einmal mein Vorturner, wie die Trainer damals genannt wurden.
Der Gierl Gust war ein freundlicher LKW-Fahrer. Ich glaube,
beim Eisenhof.
Ingenieur Geutebrück ließ mich auf sein Motorrad klettern.
Berndt Hauser kenne ich nur als chemaligen sozialdemokra¬
tischen Vizebürgermeister. Ob sein Vater Matthäus, der Bauer
war, mit dem verhafteten Matthias Hauser identisch ist, weiß
ich nicht sicher.
Dass der Vater von Frowin Holzer Roman hieß wie der Frowin
auch und in der Nazizeit Bürgermeister war, wusste ich lange
Zeit nicht.
Die Zimmerei von Emmerich Huber grenzte an die Schlosserei
meines Vaters.
Beim Kofler Walter bekam ich meine erste — und einzige —
Lederhose.
Der Herr Köberl pachtete 1939 die Schlosserei meines Gro߬
vaters nach dessen Tod bis einige Jahre nach dem Krieg.
Der Herr Langanger war, glaube ich, beim Kameradschaftsbund.
Bei den Gebrüdern Oberbichler kaufte ich Glühlämpchen,
Stromkabel und Schalter zur Beleuchtung meiner aus Sperrholz
gebastelten Stadt.
Ich habe immer gedacht, dass man den Schneidermeister Karl
Pammer, der meinen ersten Anzug nähte, mit weichem B schreibt.
Herr Sparkassendirektor Riezinger überreichte mir ein Sparbuch
mit einer Einlage von zwanzig Schilling als zweiten Preis eines
Aufsatz- oder Zeichenwettbewerbes in der Volksschule.
Von Rothmann Theo war öfter die Rede, weil er Verkäufer
beim Eisenhof war.
Rössler hieß der Schuster in der Admonterstraße, wo ich durch
das nicht einmal einen Meter von der Straße entfernte Fenster in
die winzige Werkstatt hinunterschauen konnte.
Die Frau Wenzel, geborene Sarlay, hatte einen Garten mit
Indianern, wie die Tante Käthe zu den Truthähnen sagte.
Ihr Bruder Wilfried Sarlay war oft mürrisch. Dass der Gasthof
Untersaler auch den Sarlays gehörte, wusste ich lange nicht.
Der Herr Schantl war der grantige, jähzornige Schlossergeselle
in der Schlosserei meines Vaters.
Bei der Frau Schlamadinger im Kaufhaus hätte ich gerne häu¬
figer Süßigkeiten auf dem Weg in die Volksschule gekauft. Oder