Aha.
Schaue mich um in der Wohnung, sche das Bild, das sie von
diesem eigenartigen Maler mit verfilzten Haaren bekommen har.
Beiße kurz darauf auf etwas Grünes, seltsam Schmeckendes, Kar¬
damom, sagt sie. Sah überhaupt nicht wie Mohn aus, aber soll
sie’s halt glauben.
Es gibt einen Grund fir diese Einladung, sagt sie.
Denke ich mir ja, dieses scharfe Irgendwas von orientalischem
Fraf kann ja wohl nicht alles gewesen sein. Wahrscheinlich ist sie
befördert worden oder bekommt ein Kind, noch ein Mädchen
natürlich. Oder will wieder für längere Zeit verreisen, Afrika
zum Beispiel oder wohin auch immer, das Geld hätte sie ja. Wie
alles andere auch.
Jetzt blickt sie irgendwie ganz undefinierbar. Schweigt. Schweigt
länger, während mein Sohn wie ein Tier an dem trockenen Brot
knabbert.
„Ich habe Krebs“, kommt es leise aus ihrem Mund. Danach
zum Abschluss der Nacht
wie eine Stimme
das Bein erheben
und überschlagen
das Grauen
Kopf
in der Hand die ihn wiegt
einwiegt als wollte sie ihn
werfen
als käme er jemals
zurück
Versuch zu gehen
zum Anfang der Nacht
aus dem Bett zeigen die Füße
aus dem Schlaf stellt sich
kein Tag heraus
vorüber zieht wie ein Einfall
kein Blick erhascht den anderen
doch im Wald sind die vielen Gesichter
winkt sie langsam einen Schluck Wasser.
Ich sage ja, sie hat immer alles. Immer alles bekommen.
Entnommen aus: Ekaterina Heider: Meine schöne Schwester. Kurz¬
geschichten. Wien: Edition Exil 2013. 129 S. Euro 12,- S. 11-15.
Abdruck mit freundlicher Genehmigung der Autorin und der Edition
Exil (Wien)
Ekaterina Heider, geb. 1990 in Irkutsk, Russland, lebt seit 2001 in
Wien. 2010 erhielt sie den Jugendpreis der Exil-Literaturpreise. Seit
2011 Studium am Institut für Sprachkunst der Universität für ange¬
wandte Kunst in Wien. Publikationen in Anthologien der „Edition
Exil“ 2009 und 2010 und in Literaturzeitschriften. Startstipendium
für Literatur des österreichischen Bundesministeriums für Unterricht,
Kunst und Kultur 2011. Hauptpreis der Exil-Literaturpreise 2012.
„Meine schöne Schwester“ ist ihr erstes Buch.
an der Mauer
wüst einer lehnt
an einer Schulter die
kein Anheim gibt
was auch an Wärme fällt
an der Mauer verziert er
zum gewärmten Stein
eine Ungeduld
zwischen den Mündern
Besuch
im Begrüßen noch
die anheimelnde Hand
wie zum Schlaf gereicht
ich horchte zurück
sie warf die Türe
in den Einklang
meine Beine sind Taubenfederei
ein Knick im Fortgang