Where others see an institution, he often sees a tem¬
porary arrangement whose continuation simply depends
on bad habit. Kuhner’s startling insight encompasses
deeply fractured reality. And it is not his task to set
about plugging up the gaps. Injured himself, he shows
us the cracks and ruins.
Wo die anderen eine Institution sehen, sieht er oft nur
eine provisorische Einrichtung, deren Fortbestand bloß
auf schlechter Gewohnheit beruht. Kuhners erschütter¬
ter Blick erfasst eine zutiefst erschütterte Wirklichkeit.
Er, selbst verwundet, zeigt uns die Ruinen und Narben.
Und es ist nicht seine Sache, sich gleich ans Flicken der
Risse zu machen, die sich für ihn auftun.
Alfredo Bauers „Glaubensbekenntnis” - die biblische
Überlieferung gegen den Strich gelesen, mit den Augen
eines anteilnehmenden Atheisten.
Alfredo Bauer behandelt in „Der sanfte Rebell” be¬
rühmte biblische Überlieferungen ganz auf seine Art. Er
beginnt bei Jesus, geht dann zurück ins Alte Testament
zu König David, zu Abraham und seinen Nachkommen,
bis hin zu Adam und Eva. Besondere Aufmerksamkeit
schenkt er dabei der Rolle der Frau. Dabei geht der
Autor mit diesem heiklen Inhalt sehr behutsam um,
beweist einmal mehr sein schriftstellerisches Talent
und bietet mit ansprechenden Szenen und gelungenen
Dialogen einen völlig neuen Zugang zu diesen biblischen
Überlieferungen.
Der Arzt und Schriftsteller Alfredo Bauer, geboren 1924
in Wien, flüchtete 1939 nach Argentinien, lebt in Buenos
Aires und schreibt in spanischer und deutscher Sprache.
Sein Hauptwerk „Die Vorgänger“ erschien 2012 in
deutscher Übersetzung im Verlag der Theodor Kramer
Gesellschaft.
Eindringlich schildert Erika Bezdickova (geboren 1931),
deren Schicksal mit jenen Edith Brucks und Ruth Klügers
vergleichbar ist, ihre Erfahrung der Wiederkehr in ein Land,
in dem die Ermordeten, Verschleppten, Vertriebenen vielfach
nicht vermisst, sondern eher als Störung empfunden werden.
Der Besuch in der einstigen Heimatstadt Zilina macht ihr
klar, dass sie in der Slowakei, die sich 1939 unter deutschem
Schutz und der Führung Jozef Tisos als faschistischer Staat
etablierte, keine Bleibe finden könnte. Sie emigriert folglich in
den tschechischen Teil der Republik.
Unter dem 1948 etablierten kommunistischen Regime bleiben
antisemitische Diskriminierungen jedoch unter der Hand
bestehen und zerstören wiederholt Erikas Versuche, sich ein
neues Leben aufzubauen. Der tschechoslowakische Staat,
unbeteiligt zwar an den Verbrechen der Schoa, erweist sich
als ein Ort der Verdrängung, an dem eine offene Auseinan¬
dersetzung mit dem Geschehenen erst nach dem Zusam¬
menbruch der neuen Gewaltherrschaft möglich wird. „Mein
langes Schweigen” hatte aber noch einen anderen Grund:
Erika Bezdiökovä musste durch das Grauen der Schoa und
das erlittene Unrecht hindurch erst eine Versöhnung mit sich
selbst, mit dem Schuldgefühl der Überlebenden und damit
den Zugang zu den Erinnerungen auch an eine unbeschwerte
Kindheit finden.
Herbert Kuhner: Smoke and Fire
/ Rauch und Feuer. Wien: Verlag
der Theodor Kramer Gesellschaft,
PROverbis Verlag 2014. 136 Seiten.
ISBN 978-3-902838-18-6. Euro
18,00, Euro 14,40 für Mitglieder
Alfredo Bauer: Der sanfte Rebell.
Bibelszenen. Wien: Verlag der
Theodor Kramer Gesellschaft
2014. 134 Seiten. ISBN 978-3¬
90160257-3. Euro 12,00, Euro 9,60
für Mitglieder
Erika Bezdiékova: Mein langes
Schweigen. Wien: Verlag der Theo¬
dor Kramer Gesellschaft 2013. 124
Seiten. ISBN 978-3-901602-52-8
Euro 12,00
Euro 9,60 für Mitglieder
Mit einem Vorwort von Olga Som¬
merova und einem Nachwort von
Rainer König-Hollerwöger. Aus
dem Tschechischen von Pavla
Vanova