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15 Bruno Pittermann (1905-1983) war ab 1945 Abgeordneter zum Na¬
tionalrat. Von 1957 bis 1967 war er Vorsitzender der SPÖ und von 1957
bis 1966 Vizekanzler.

16 Th. Scharmann an B. Pittermann, Brief vom 5. 6. 1945; Kopie im NAA.
17 Ferdinand Birnbaum (1892-1947) war Hauptschullehrer; ab 1920
verschiedene Studien bis zum Dr. phil. 1937. Er hatte 1920 Alfred Adler
kennengelernt, dessen Anhänger er wurde. Als Adlers Nachfolger war er
Dozent am Pädagogischen Institut der Stadt Wien; rege Vortragstätigkeit.
1938 wurde er Mitglied des Deutschen Instituts. Er wurde von der Gestapo
einvernommen und beruflich zurückversetzt.

18 F. Birnbaum an A. Aichhorn, Brief vom 20. 6. 1945; Original im NAA.
19 Theon Spanudis (1915-1986) war Grieche. Er studierte in Wien Medizin;
von 1939-1944 war er in Analyse bei Aichhorn; ab März 1941 Kandidat
des Deutschen Instituts. 1946 wurde er Mitglied der WPV und übernahm
die Leitung der wissenschaftlichen Abteilung. 1950 ging er nach Säo Paulo.
1957 beendete er seine Arbeit als Psychoanalytiker und betätigte sich als
Schriftsteller und Dichter.Siehe auch: Alexander Emanuely: Theon Spanu¬
dis — Psychoanalytiker und Dichter in drei Welten. In der ZW 3-4/2013
20 Lambert Bolterauer (1903-2000) studierte in Wien Philosophie, Psy¬
chologie, Geschichte und Musik. Er wurde Mittelschullehrer und hielt
Vorträge an Volkshochschulen, die z. T. von der Individualpsychologie Adlers
beeinflusst waren. 1939 wurde er von einer Schülerin denunziert, weil er sich
kritisch über den Krieg geäußert hatte. Er meldete sich zur Wehrmacht. Im
Herbst 1940 Beginn einer Analyse bei Aichhorn; 1941 Mitglied des Deut¬
schen Instituts. 1946 Mitglied der WPV, 1954 Lehranalytiker. Er gründete
1950 die „August-Aichhorn-Gesellschaft“, die Themen der Psychoanalyse
in öffentlichen Vorträgen präsentierte, und 1952 als deren Außenstelle eine
Beratungsstelle für Mittelschüler.

21 Birnbaum suchte am 1. 10. 1945 um Reaktivierung des Vereins für
Individualpsychologie an. Am 25. 11. 1946 kam es schließlich zur ersten
Generalversammlung des Vereins, bei der die Vereinsstatuten beschlossen
und der Vorstand gewählt wurde. Der erste Obmann war Karl Nowotny,
sein Stellvertreter Ferdinand Birnbaum (Gstach 2006, S. 43f).

22 Otto Pötzl (1877-1962) war Facharzt für Psychiatrie und Neurologie;
1911 Habilitation. Von 1917 bis 1933 war er Mitglied der WPV. Von
1928 bis 1945 war er Professor und Leiter der Psychiatrisch-Neurologischen
Universitätsklinik in Wien. Er führte an seiner Klinik eine Vorlesung über
Psychoanalyse ein und begründete eine psychotherapeutische Ambulanz.
Heinz Kohut schrieb am 7. 3. 1947 an Aichhorn (NAA): „Wer ist übrigens
jetzt Professor für Neurologie und Psychiatrie an der Universität. Immer noch
Pötzl? Ich erinnere mich noch genau wie ich (während meiner Analysenzeit
bei Ihnen) bei ihm Prüfungen ablegte und er mit dem grossen Parteiabzeichen
herumstolzierte. Na, daraufkommt’s wohl nicht an und er war wahrscheinlich
nicht einer der Ärgsten.“ Aichhorn an Kohut, 1. 8. 1947 (ebd.): „Pötzl war
als ‚Anwärter‘ (er hatte angesucht, Mitglied der nationalsozialistischen Partei
zu werden) politisch nicht tragbar. Sein Nachfolger ist Kauders geworden,
der aus Graz kam. Sie haben recht, Pötzl ist sicher nicht einer der Ärgsten,
sondern einer der vielen Mitläufer.“

23 A. Aichhorn an F. Birnbaum, Brief vom 27. 6. 1945; Kopie: NAA.

24 Lajos Levy (1875-1961) studierte Medizin in Budapest, Wien und Tü¬
bingen. 1913 war er eines der fünf Gründungsmitglieder der Ungarischen
Psychoanalytischen Vereinigung, hat aber nie als Psychoanalytiker gearbeitet.
Er war mit der Familie Freud befreundet, wurde auch von Freud (wie von
Aichhorn) als ärztlicher Berater in Anspruch genommen. Als Internist und
Leiter des jüdischen Spitals in Budapest rettete er während des Zweiten
Weltkrieges zahlreichen jüdischen Ärzten und Patienten das Leben.

25 Otto Kauders (1893-1949) war Professor für Psychiatrie und Neurologie
in Graz. Er wurde von den Nationalsozialisten entlassen. 1945 übernahm er —
als Nachfolger Pötzls — die Leitung der Wiener Psychiatrisch-Neurologischen
Universitätsklinik.

26 L. Lévy an A. Freud, Brief vom 11. 9. 1948; Original: AFP/LoC).

27 Dem Proponentenkomitee gehörten neben Aichhorn, Friedl und Hans
Aufreiter, Hedwig und Lambert Bolterauer, Tea Genner-Erdheim, Emmy

Miklas, Barbara und Theodor Scharmann, Wilhelm Solms-Rödelheim,
Theon Spanudis, Alfred Winterstein und Klara Wolf an.

28 Kopie des Dokuments im NAA.

29 Klara Wolf (geb. 1914) studierte Psychologie in Wien; 1938 Emigration
in die USA, wo sie mit E. Kris zusammenarbeitete. Als Angehörige der ame¬
rikanischen Armee war sie im Spätsommer 1945 nach Wien gekommen. Mit
ihrer Hilfe konnte Aichhorn Kontakt zu den Kollegen in London (A. Freud)
und in den USA (die Eisslers, Kramer, E. Kris, M. Mahler) aufnehmen.
Wolf beteiligte sich an den Bestrebungen zur Wiedereröffnung der WPV,
gehörte dem Proponentenkomitee an und wurde Mitglied. Im Frühjahr
1946 verließ sie Wien wieder. Später war sie an einer Child Guidance
Clinics in Kalifornien tätig.

30 Henry (Heinrich) Delfiner (geb. 1922) emigrierte 1938 in die USA.
1942-1946 in der US-Army, zuletzt als Intelligence Officer in Wien. Er
war damals bei Aichhorn in Behandlung. Mit seiner Hilfe stellte dieser erste
Verbindungen zu seinen Freunden in England und den USA her. Delfiner
arbeitete dann im Herzmansky-Konzern seines Vaters. Später war er Professor
für International Relations an verschiedenen Universitäten.

31 Ernst Kris (1900-1957) war Kunsthistoriker. Er lernte Freud als Experte
für dessen Antikensammlung kennen. Er absolvierte eine psychoanalytische
Ausbildung und wurde 1928/1933 Mitglied der WPV. 1938 Emigration
nach England; 1940 Übersiedlung nach New York. Kris war ein enger Ver¬
trauter und Mitarbeiter von A. Freud, u. a. bei der Veröffentlichung der
Fließ-Briefe. Er schrieb mit Heinz Hartmann und Rudolph Loewenstein
die grundlegenden Beiträge zur psychoanalytischen Ich-Psychologie.

32 A. Aichhorn an E. Kris, Brief vom 5. 3. 1946; Kopie im NAA.

33 Original des Briefes im NAA.

34 K.R. (Kurt Robert) Eissler (1908-1999) studierte Kunstgeschichte und
Psychologie; 1938 Promotion zum Dr. med. 1929 hatte er eine Erzieheraus¬
bildung in der WPV begonnen. Eissler ging in Analyse zu R. Sterba, besuchte
Aichhorns Ausbildungsseminare und arbeitete an dessen Erziehungsbera¬
tungsstellen mit. Seine Analyse bei Aichhorn diirfte 1932 begonnen haben.
1938 emigrierte er über die Schweiz und Paris in die USA, wo er sich zunächst
in Chicago niederließ. 1944-1946 war er Psychiater bei der US-Armee, im
Winter 1947 übersiedelte er nach New York. Eissler war der Begründer und
über Jahrzehnte Leiter der Sigmund Freud Archivs in Washington.

35 Walter Hollitscher (1911-1986) studierte Philosophie, Biologie, Medizin
und Psychologie. 1936 wurde er als Kandidat der WPV angenommen; 1938
Emigration nach England. Er beendete dort die Ausbildung zum Analytiker
und wurde 1942/43 Mitglied der Britischen Psychoanalytischen Vereinigung.
1946 kehrte er zurück nach Wien, wo er hauptsächlich im Rahmen der KPÖ
politisch tätig war; 1947 Austritt aus der WPV. 1949-1953 Professor für
Logik und Erkenntnistheorie an der Humboldt-Universität (Berlin/DDR).
Später wieder in Wien, ab 1966 Gastprofessor in Leipzig.

36 Otto Fleischmann (1896-1963) wurde in Mör, Ungarn, geboren. Stu¬
dium der Philosophie in Wien, 1936 von der WPV als Kandidat akzeptiert.
Seine erste Analytikerin war A. Freud; danach übernahm ihn Aichhorn. Im
Frühjahr 1939 Emigration nach Budapest, wo er Mitglied der Vereinigung
und 1942 Lehranalytiker wurde. 1946 nach Wien zurückgekehrt, wurde er
Aichhorns wichtigster Mitarbeiter. Fleischmann folgte 1950 einer Einladung
an die Menninger Klinik in Topeka, USA.

37 Kopie des Briefes im NAA.

38 Ruth Eissler (geb. Selke) (1906-1989) wurde in Odessa geboren. 1932
Promotion zum Dr. med. in Heidelberg. 1933 Emigration nach Wien, Beginn
einer Lehranalyse bei Th. Reik, die sie bei R. Sterba und Aichhorn fortsetzte.
1936 Heirat mit K. R. Eissler, 1937 ao. Mitglied der WPV. 1938 Emigra¬
tion in die USA, wo sie sich zunächst in Chicago niederließ. Sie arbeitete
dort als Kinderpsychiaterin und als Ärztin in einer Anstalt für delinquente
Mädchen, eröffnete eine psychoanalytische Praxis und war Lehranalytikerin
am Chicago Psychoanalytic Institute. Einer ihrer damaligen Analysanden
war Heinz Kohut. 1948 Übersiedlung nach New York.

39 R. Eissler an A. Freud, Brief vom 2. 2. 1946; Original: AFP/LoC.

40 A. Freud an R. Eissler, Brief vom 2. 3. 1946; Kopie: AFP/LoC.

September 2015 49