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Das Wienmuseum zeigt bis zum 30. August die Ausstellung „Mythos Galizien“, die vorher im International Cultural Centre in Krakau gezeigt wurde. Zu ihr ist ein opulenter, reich illustrierter Katalog mit kompetenten Beiträgen, unter anderem von Larry Wolff, Börries Kuzmany, Emil Brix, Joshua Shanes, Martin Pollack, Alois Woldan und Maria Klanska, erschienen. Das Jüdische Museum zeigt am Judenplatz bis zum 6. September in der Ausstellung „Lessing zeigt Lessing“ Fotos von Erich Lessing in einer sehr schönen Auswahl seiner Tochter Hannah M. Lessing. Gezeigt werden Fotos aus der Nachkriegszeit aus Polen, Wien, Algerien und Berlin, Strand- und Naturfotos. Der zweisprachige Katalog enthält auch ein von Danielle Spera geführtes biographisches Interview mit Erich Lessing. Im Haupthaus des jüdischen Museums ist noch bis zum 20. September die kleine Ausstellung ,, Transit. Die Iraner in Wien“ zu sehen. Christine de Grancy dokumentierte zwischen 1991 und 1993 ein faszinierendes Kapitel der Wiener jüdischen Emigrationsgeschichte. Die Rabbiner Schmuel und Michoel Pressburger betreuten in einer Synagoge in der Großen Schiffgasse mithilfe des Joint und der Hias die kleine, vor der iranischen Revolution aus ihrer Heimat geflohene iranische Gemeinde. De Grancy stieß 1988 mit Gerhard Roth und „Herrn Berger“ (eigentlich Walter Singer), der Hauptfigur von Roths Bericht „Die Geschichte der Dunkelheit“, auf die iranische Gemeinde. Der Katalog, der mehr Fotos publiziert, als in der Ausstellung gezeigt werden können, ist ein wunderschönes Dokument dieser fast vergessenen Episode der Geschichte der Wiener jüdischen Gemeinde. Dan Fischman schrieb zwei einleitende Essays, über die Geschichte der iranischen Juden und der historischen Schiffschul, in deren Gebäude sich die Gemeinde traf. E.A. Mythos Galizien. Hg. vom Wienmuseum und dem International Cultural Centre in Krakow. Wien: Metroverlag 2015. 384 S. € 34,Lessing zeigt Lessing. Lessing presents Lessing. Hg. von Danielle Spera. Wien: Residenz 2015. 139 S. € 29,90 Transit. Die Iraner in Wien. Fotografien von Christine de Grancy. Hg. von Dan Fischman. Wien: Metroverlag 2015. 127 5. € 22,Die von Rosie Potter und Patricia Ayre kuratierte Ausstellung „Für das Kind“ wurde in London, Mauthausen, Prag und auf Initiative von Milli Segal 2006 im Hamakom in Wien gezeigt. Sie besteht aus 23 gerahmten Bildern, die Erinnerungsstücke der Kinder und einen kurzen Satz in der eigenen Handschrift der Überlebenden zeigen. Aus finanziellen Gründen blieb die Ausstellung 2006 in Wien, wurde eingelagert und zwischenzeitlich noch in Prag gezeigt. Nun hatte die Suche nach einem permanenten Ort Erfolg. Der Notar Rudolf Schweinhammer und seine Frau Mirella Zamuner stellten die Kellerräume ihrer Galerie im Haus Radetzkystraße 5 für sie zur Verfügung. Ein Stein der Erinnerung vor dem Haus erinnert daran, dass in dem Haus in der NS-Zeit 390 Juden und Jüdinnen in Sammelwohnungen vor ihrer Deportation in die Vernichtungslager wohnten. Im Innenhof des Hauses wurde die berührende Figur eines Mädchens von der Bildhauerin Flor Kent aufgestellt. Sie stellt die Ururenkelin der geretteten Jüdin Ella Eberstark dar und ist Teil einer Serie von Denkmälern für die Kindertransporte am Wiener Westbahnhof, am Bahnhof Hlavni Nadrazi in Prag und an der Liverpool Station in London. Bei der feierlichen Eröffnung der Ausstellung am 10. Dezember 2014, am Jahrestag des In dem im Juni 2015 erschienenen Buch „Topographie der Shoah. Gedächtnisorte des zerstörten jüdischen Wien“ (Wien: mandelbaum verlag, 2015) wird die Situation an den Wiener Schulen im Frühjahr 1938 wie folgt geschildert: „Unmittelbar nach dem „Anschluss“ waren die Schulen gesperrt und dienten überwiegend der Einquartierung von Militär. Der Unterricht begann erst wieder am 22.März; vom 2. bis 19. April war wegen der Volksabstimmung und den Osterferien abermals schulfrei. Nach der Wiedereröffnung der Schulen am 22. März wurden jüdische SchülerInnen in den Klassen zunächst durch die Versetzung in eigene Sitzbänke ausgegrenzt. Am 27. April kündigte der Völkische 80 _ ZWISCHENWELT Beobachter einen Erlass des Stadtschulrats über den Ausschluss jüdischer SchülerInnen aus Mittelschulen und Gymnasien an. Bereits am 28. und 29. April 1938 mussten diese ihre Schulen verlassen.“ Viele Wiener Gymnasien in der Ringstraßenzone waren besonders stark von diesen Schulausschlüssen betroffen: Aus dem Akademischen Gymnasium wurden am 28.April 1938 166 Schüler! in das Bundesgymnasium Il in der Zirkusgasse umgeschult. Das Gedenken an den 28.April 1938 hat an dieser Wiener Schule bereits eine lange Geschichte: Unter dem Motto „Hinschauen — Wegschauen“ fand heuer zum achtzehnten Mal die Gedenkfeier für die im Jahr 1938 Beginns der Kindertransporte, sprachen unter anderem die Generalsekretärin des Nationalfonds Hannah Lessing, Bundesminister Josef Ostermayer und Rosie Potter. Der informative Katalog enthält aufder letzten Seite auch Hilfeschreie verzweifelter Wiener jüdischer Familien, die 1938/39 im Londoner Jewish Chronicle veröffentlicht wurden. Milli Segal möchte die Ausstellung vor allem auch Schulklassen zeigen und arbeitet dafür mit www.erinnern.at zusammen. Anmeldungen zur Besichtigung sind unter www.millisegal.at möglich. EA. „umgeschulten“ jüdischen Schüler und Lehrer statt. Die jährlich stattfindende Veranstaltung zeichnet in ihrer Institutionalisierung und Entwicklung auch jenen Übergang von der Auseinandersetzung mit dem lebendigen Gedächtnis der ZeitzeugInnen hin zur Beschäftigung mit aufgezeichneten Stimmen der Überlebenden nach. Am Beginn des Projekts stand die namentliche Erfassung aller Schüler und Lehrer, die das AKG 1938 verlassen mussten, 1998 wurde eine Tafel angebracht: „Wir erinnern uns an jene Schüler und Lehrer, die 1938 diese Schule verlassen mussten, weil sie Juden waren.“