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Als Götz Mayer am 24. Februar 1941 in New York ankam, wurde
er zunächst auf Ellis Island interniert. Er reiste in Begleitung
von Lucie Hepner, die er am 7. Juli 1941 heiratete, und deren
Tochter Marianne Hepner. In New York City wurde ihm die
‚Social Security Number‘ 079-18-1861 zugeteilt, und er wurde
schließlich eingebürgert.” Lucie Mayer wurde am 28. Juni 1945 in
Philadelphia naturalisiert. Wie bereits oben erwähnt, hatte Götz
Mayer seine zukünftige Frau Lucie Kaufmann (3. Januar 1909 —7.
April 1999) Mitte der 1930er Jahre in Paris kennengelernt. Lucie
war zuvor in Südafrika mit Bill Hepner verheiratet gewesen und
hatte mit diesem eine gemeinsame Tochter, Marianne (geboren
am 14. Juli 1935 in Johannesburg; gestorben am 18. August
2010, in Springfield, MO), die bei der Mutter blieb und später
von Götz Mayer adoptiert wurde. Nach Ankunft in New York
City arbeitete Götz Mayer zunächst für die deutschsprachige Neue
Volks-Zeitung, die der sozialistischen Emigration zuzuordnen ist,'”
schrieb während der Jahre 1941/42 etliche Rezensionen!! und
publizierte zudem — neben einem Hörspiel über die Bücherver¬
brennung im Dritten Reich!” — den Kurzroman Der miihevolle
Weg.” 1942 zog die Familie nach Flourtown, PA, und Götz
stellte seine Beiträge für die Neue Volks-Zeitung ein.'” Am 29. Ja¬
nuar 1944 wurde er zum Militärdienst eingezogen'* und arbeitete
anschließend für das ‚Office of Strategic Service‘, den damaligen
US-Geheimdienst und Vorläufer des CIA. In dieser Funktion
wurde er General William Donovan’’ während der Nürnberger
Prozesse 1945/46 als Übersetzer zugeteilt,'® der wiederum dem
obersten US-Ankläger in Nürnberg, Telford Taylor,!? zuarbeitete.

Nach Abschluß der Nürnberger Prozesse kehrte Mayer in die
USA zurück und begann — unter Inanspruchnahme der soge¬
nannten ‚Gl Bill‘ — 1947 ein Soziologie-Studium am Haver¬
ford College, PA, das er 1949 mit einem BA-Degree abschloß.
Im gleichen Jahr schrieb er sich dann am nahegelegenen Bryn
Mawr College ein, wo ihm 1951 ein MSS-Degree in Social Work
verliehen wurde.?! Anschließend arbeitete er in verschiedenen
Funktionen als Sozialarbeiter und wurde letztendlich Chief Psy¬
chiatric Social Worker von Philadelphias Child Study Center.
Seine Ehefrau Lucie arbeitete ebenfalls als Sozialarbeiterin. Die
adoptierte Tochter Marianne (1935 — 2010) studierte an der
Abington Friends School (Philadelphia), am Guilford College
(NC) - beides Quäker-Einrichtungen — sowie an der University
of Michigan (wo ihr BA & MA-Degrees in Social Work verliehen
wurden).?? Sie heiratete Bryan C. Toombs (verstorben), mit dem
sie nach Springfield, MO, zog.” Sie war gleichfalls Sozialarbeite¬
rin, arbeitete ab 1975, zunächst örtlich, später landesweit, für die
‚Learning Disabilities Association of America‘ (LDA). Von 2002
bis 2004 war sie Präsidentin dieser Organisation.

Bei Götz Mayers Werk Der mühevolle Weg handelt es sich um einen
lyrischen Roman,” worin sich die Gemiitsverfassung und der See¬
lenzustand des Autors— Mayer spricht in seiner ‚Selbstanzeige‘ von
der ,,lyrischen Grundhaltung* der Handlung — widerspiegelt. Die
Betonung liegt somit meist mehr aufden persönlichen Erlebnissen
der Protagonisten als auf der Interaktion der Charaktere. Mit an¬
deren Worten, es herrschte meist eine poetische - im Gegensatz zu
einer narrativen — Grundstimmung vor, die nicht so sehr von einem
bestimmten Plot getrieben wird, sondern vielmehr von der inneren
Einkehr der beteiligten Personen.” Hintergrund des Romans ist
dabei der Gegensatz zwischen Anna, einer deutschen Kommu¬
nistin, die seit Anfang 1933 in der Emigration in Frankreich lebt,

und Wolf, ihrem
in Miinchen an¬
sässigen, chema¬
ligen Freund, der
nach dreijähriger
Trennung zu Be¬
such nach Paris
gekommen ist.”
Die Freude des
Wiedersehens
wird ziemlich
schnell vom un¬
überbrückbaren
Gegensatz der
beiden Prota¬
gonisten über¬
schattet, der
nicht so sehr
persönlicher Na¬
tur ist, sondern
auf unterschied¬

lichen politischen
Einstellungen be- Goetz Mayer: Der mühevolle Weg. Roman. Mit einem

ruht; denn beide Nachwort von Jörg Thunecke. Nottingham England 2014
sind zwar Anti¬

Faschisten - auch Wolf war einst KPD-Mitglied —, haben jedoch
zwischen 1933 und 1936 völlig unterschiedliche weltanschauliche
Ansichten entwickelt. Was sie trennte, ist nämlich — laut Anna —
„nicht die Zeit, sondern das feindliche Land.“ Anna ist seit Anfang
1933 engagierte Widerstandskämpferin im Ausland, Wolf hat
hingegen während des gleichen Zeitraumes in Deutschland sein
Jura-Studium abgeschlossen, sich in München politisch neutral
verhalten und lehnte im Streitgespräch mit seiner einstigen Freun¬
din jedwede illegale Tätigkeit gegen das NS-Regime - intern oder
extern — als nutzlos und illusorisch ab.” Stattdessen hatte er sich
freiwillig bei der Reichswehr gemeldet. Der Autor kommentiert
Wolfs Einstellung im ‚Vorwort‘ dementsprechend folgendermaßen:
„Die Gefährlichkeit der Nazipropaganda innerhalb Deutschlands
besteht in ihrer Wirkung auf solche Personen, die glaubten, dage¬
gen immun sein zu können, ohne der Propaganda eine politische
Überzeugung entgegensetzen zu müssen.“ Diese gegensätzliche
Einstellung des einstigen Liebespaares führt deswegen letztendlich
zum Abbruch ihrer Beziehung, der physisch Ausdruck findet in
der vorzeitigen Rückreise Wolfs nach Deutschland und besiegelt
wird durch ein politisches Ereignis, nämlich den Einmarsch deut¬
scher Truppen am 7. März 1936 ins entmilitarisierte Rheinland
am Tage von Wolfs Rückkehr nach München.

Anmerkungen

1 Jörg Thunecke: Vorwort. In: Goetz Mayer: Der mühevolle Weg. Roman.
Mit einem Nachwort von Jörg Thunecke. Nottingham England 2014.

2 Sigmund Mayers Eltern, d.h. Goetz Mayers Urgroßeltern, waren Salomon
Mayer (1804-1882; geboren in Preßburg) und Antonie Schloßberg (1811
— 1895). Sigmund Mayer (geboren am 12. Dezember 1831 in Preßburg,
gestorben am 29. Oktober 1920 in Wien) war Kaufmann und ab 1880
Wiener Stadtrat; ab 1894 war er zudem in der Osterreichisch-Israelitischen
Union tätig (s. dazu Hannes Stekl: ‚Mayer Sigmund‘, in: Österreichisches Bib¬
liographisches Lexikon 1815-1950 Bd. 5 [|Wien: Verlag der Österreichischen
Akademie der Wissenschaften 1972], S. 447).

Mai 2016 23