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20 Paul Diepgen: Hippokrates oder Paracelsus. Stuttgart/
Leipzig, 1937, 14.

21 Kümmel, wie Anm. 9, 183.

22 ArnulfStreck, Sonderbeauftragter des Reichsärzteführers
Gerhard Wagner, zit. nach Detlef Bothe: Neue Deutsche
Heilkunde 1933 — 1945. <www.internist-moabit.de/html/
dissertation.html.>( 27. 10. 2015).

23 Udo Benzenhöfer: Zum Paracelsusbild im Nationalso¬
zialismus, in: Christoph Meinel / Peter Voswinckel (Hg.):
Medizin, Naturwissenschaft, Technik und Nationalsozi¬
alismus. Kontinuitäten und Diskontinuitäten. Stuttgart
1994, S. 265-273.

Daniel Toporis
Was tun?

Auszug aus Daniel Toporis Rede, gehalten am 26.
Oktober 2016 bei der Gedenkfeier fiir die Opfer des
Nationalsozialismus (Veranstalter: KZ-Verband/
VdA Salzburg) am Kommunalfriedhof Salzburg.

Wir sind heute hier zusammengekommen, um
der Opfer des Nationalsozialismus zu gedenken,
Opfer eines völlig wahnsinnigen Krieges, der
nach dem Willen seiner Urheber ein gnadenloser
Rassen- und Vernichtungskrieg war und nach
deren Auffassung Kunst eine erhabene und zum
Fanatismus verpflichtende Mission war. Der
Herrschaftsanspruch und der ideologische Ras¬
senwahn der Nazis sollte durch alle Bereiche der
Kunst bis in alle Zeit verewigt werden. Künstler
der Moderne, die nicht konform mit den Werten
dieser verbrecherischen politischen Ideologie
waren, wurden als „Entartete“ verhöhnt und
verfolgt. Einer, der die größenwahnsinnigen
Ziele der Nazis aktiv unterstützte und in Stein
meifßelte, war der Bildhauer Josef Ihorak.

Ich bin Bildhauer und Aktionskünstler. 2011
befestigte ich im Zuge einer Kunstaktion eine
Hakenkreuzbinde am linken Oberarm der von
Josef Thorak fabrizierten Monumentalskulptur
KOPERNIKUS im Salzburger Mirabellgarten.
2016 wurde von mir und meinem hochgeschätz¬
ten Kiinstlerkollegen Wolfram Kastner die Akti¬
on ENT-THORAKEN durchgeführt.

Seit dieser Aktion wird mir von Seiten des
Kulturamtes der Stadt Salzburg nicht nur der
unrühmliche Titel DER THORAK-JÄGER
VON SALZBURG zugeschrieben, sondern
es werden auch gezielt Versuche dahingehend
unternommen, mich in meiner künstlerischen
Arbeit nachhaltig einzubremsen. Zuletzt zeigte
sich dies, bei der von mir kuratierten Gruppen¬
ausstellung SICHERHEIT, die in der nach Plä¬
nen von Josef Thorak errichteten Galerie Zwer¬
gerlgarten stattfand. Diese wurde, aus Angst
vor einem kritischen Beitrag zum Fall Thorak,
vom Kulturamt einen Tag vor der Eröffnung
inspiziert und wäre bei besagtem Sachverhalt
abgesagt worden. Auch für bereits zugesagte
Ausstellungsmöglichkeiten in Räumlichkeiten
der Stadt Salzburg im Jahr 2017 weisen die
Zuständigen plötzlich Gedächtnislücken aufl

24 Ausschnitt aus der abgedruckten Rede des Reichsmi¬
nisters des Inneren Dr. Frick, Salzburger Volksblatt, 23.
September 1941, Folge 227, S. 3.

25 Robert Scholz: Lebensfragen der bildenden Kunst.
Miinchen 1937, S. 77-78; Ernst Klee: Das Kulturlexikon
zum 3. Reich. Frankfurt/M. 2007, 543.

26 In den „Salzburger Nachrichten“ vom 18. Juli 1950
erwähnte Max Kaindl-Hönig in seinem „Versuch einer
artgemäßen Kritik“ die nationalsozialistische Schaffen¬
speriode ’Ihoraks mit keinem Wort und lobt sein Werk
hymnisch, SN, 18.7.1950, S.3. Das „Salzburger Volksblatt“
widmete sich ausführlich der Eröffnung der Ausstellung
und führte anschließend zu den Werken an, dass sie einer

Die Aktion ENT-THORAKEN fand am
3. August diesen Jahres an zwei Schauplätzen
in Salzburg statt und hatte durch eine ÜBER¬
KLEBEAKTION, die Umbenennung der Josef¬
Thorak-Strafe und durch eine BESCHILDE¬
RUNGSAKTION die Kenntlichmachung des
Urhebers der beiden Monumentalskulpturen
PARACELSUS und KOPERNIKUS im Salz¬
burger Mirabellgarten zum Inhalt.

Im Vorfeld der Aktion wurde das Straßen¬
schild in der Josef-Ihorak-Straße abmontiert
— wie sich herausstellte, von der Stadt Salzburg
selbst. Ob dies von Seiten der Stadt ein Versuch
war, die Aktion ENT-THORAKEN schon im
Vorfeld zu verhindern — dies zu beurteilen iiber¬
lasse ich Euch.

ENT-THORAKEN löste eine breite gesell¬
schaftliche und politische Debatte aus. Und statt
sich nun endlich verantwortungsvoll des Falls
Thorak anzunehmen, hüllte sich die zuständige
Stadtpolitik erneut in Schweigen und verschanzt
sich bis heute hinter einer Historikerkommis¬
sion, die damit beauftragt ist zu eruieren, ob
die Josef-Thorak-Staße umbenannt oder mit
Schildern kommentiert werden soll.

Dass sich die zuständige Stadtpolitik trotz
intensiver Forschungsarbeit und Aufklärungs¬
tätigkeit sowie künstlerischer Interventionen
im öffentlichen Raum nicht bereit erklärt, der
Huldigung und Ehrung dieses Nazi-Bildhauers
ein Ende zu setzen, sondern dass es für die po¬
litisch Zuständigen ein, wie sie es nennen, „zu
heißes Eisen“ darstellt, „an dem man sich nicht
die Finger verbrennen will“, bis heute weder die
Josef-Ihorak-Straße umbenannt ist noch die
beiden Monumentalskulpturen im Salzburger
Mirabellgarten mit Zusatztafeln verschen wor¬
den sind, ist ein Skandal!

„MEIN FÜHRER, SIE KÖNNEN ÜBER¬
ZEUGT SEIN, DASS ICH MICH WEITER¬
HIN FLEISSIG UND MIT GANZER KRAFT
FÜR DIE DEUTSCHE KUNST EINSET¬
ZEN WERDE ...“ Mit diesen Worten machte
Thorak klar, sich und sein Werk bedingungslos
als internationales Propagandamittel in den
Dienst der verbrecherischen und barbarischen
Hitlerdiktatur zu stellen.

Schaffensperiodeangehören, deren Schöpfungen innerhalb
ihrer Zeitihre Berechtigung hatten, dass ihnen zur Gegen¬
wart aber die rechte Beziehung fehle. Dem „Paracelsus“
schrieb er grüblerische Geistigkeit zu, SV, 17.7.1950, S.
5. Lediglich das „Demokratische Volksblatt. Organ der
Sozialistischen Partei Österreichs“ äußerte sich negativ
über die Werke, Demokratisches Volksblatt, 21.7.1950,
S. 3. Matthias Partick verleugnet Thoraks NS-Schaffen
und rechtfertigt seine Arbeiten im „Amtsblatt der Stadt
Salzburg“ als „freie Arbeiten“. Sie seien keiner der „zeit¬
gebundenen Kunsttheorien oder politischen Ideologien“
entflossen, sondern dem „in der Tiefe wurzelnden Gemüt
der bedeutenden Künstlerseele“, Amtsblatt, 26.8.1950, S.2.

Aktion ENT-THORAKEN 2016 in
Zusammenarbeit mit Wolfram Kastner

Obwohl er als Lieblingsbildhauer von Hitler
galt und dadurch unzählige Monumentals¬
kulpturen für das Dritte Reich verwirklichen
konnte, sich nach der Machtübernahme der
Nationalsozialisten von seiner jüdischen Frau
scheiden ließ, um seine Karriere voranzutrei¬
ben, an Ausstellungen wie „Deutsche Künstler
und die SS“ teilnahm, Mitglied der NSDAP
war, als künstlerischer Berater der SS-eigenen
Porzellanmanufaktur Allach auf dem Gelän¬
de des KZ Dachau tätig war und dort unter
anderem persönlich die KZ-Häftlinge in der
Fabrik inspizierte, für Hitler und Goebbels als
so unverzichtbar galt, dass er sich auch noch in
der Endphase des Zweiten Weltkriegs auf der so¬
genannten „Gottbegnadeten-Liste“ befand und
dadurch von Wehrdienst und dem Einsatz in
der Rüstungsindustrie befreit war, und obwohl
er bis zuletzt vom Endsieg Hitlerdeutschlands
überzeugt war, gilt Thorak vielen auch heute
noch eher als Nutznießer und Karrierist, ja sogar
als Opfer der politischen Verhältnisse denn als
überzeugter Nationalsozialist.

Und auch heute noch verweisen Bewunderer
seiner Werke auf den 1948 erfolgten Freispruch

Dezember 2016 53