Während des Spanischen Bürgerkriegs bewegten sich die Bezic¬
hungen zwischen den vier wichtigsten französischen und spani¬
schen freimaurerischen Dachverbänden, dem „Großorient von
Frankreich“ (GOdF), der „Großloge von Frankreich“ (GLdF),
dem „Großorient von Spanien“ (GOE) und der „Großloge von
Spanien“ (GLE), weniger auf politischer Ebene als vielmehr auf
jener der humanitären Hilfe. Bindeglied dieser Bezichung war
die Association Maconnique Internationale (AMI, Internationale
Freimaurer Vereinigung), der ca. 30 Großlogen in aller Welt ange¬
hörten. Treibende Kraft der AMI war John Mossaz, Großkanzler
der Schweizer Großloge Alpina.
Die erwähnten französischen und spanischen Großlogen fühlten
sich jedoch denselben republikanischen Idealen und Werten ver¬
pflichtet, bekämpften dieselben Feinde. Daher war die Betroffen¬
heit über den Bürgerkrieg in Spanien in den französischen (oder
belgischen) Logen sehr groß. Dementsprechend umfangreich
gestalteten sich auch die Hilfsaktionen gegenüber den unglückli¬
chen Flüchtlingen dieses Krieges. Die spanische Freimaurerei war
wesentlich fragiler und gespaltener als die französische. Der GOE
hatte in den 1930er-Jahren gerade einmal 4.000 Mitglieder, die
GLE 1.000, der GOdF 30.000 und die GLdF 12.000. Ein starkes
politisches Engagement der Freimaurer in Spanien kompensierte
diese numerische Schwäche. So kamen ca. 140 linksliberale und
sozialistische Abgeordnete der Cortes und einige Minister aus
ihren Reihen. Und auch wenn die französische Freimaurerei großes
Ansehen bei den spanischen Brüdern genoss, so gab es vor 1936
gerade einmal einen protokollarischen Austausch. Ausnahmen gab
es in den Grenzregionen zwischen den beiden Ländern, durch
rege Beziehungen zwischen einigen Logen. In Paris gab es in der
GLdF die in spanischer Sprache arbeitende Loge „Plus Ultra“.
Die GLdF hatte cher ein Nahverhältnis mit der GLE, weniger
mit dem GOE, der wiederum dem GOdF näher stand.
Marineoffizier und Freimaurer Ambrosio Ristori (1901 — 1936) bei der Verteidigung
von Toledo gegen die Franco-Truppen, 1936. El comandante Ristori ist der fünfte
von rechts und halt einen Revolver. Nach ihm wurde eine Loge in Frankreich
benannt. Bild: http://toledogce.blogspot.co.at/2015/06/el-comandante-ristori.htm|
Der am 18. Juli 1936 ausgebrochene Krieg in Spanien war das
heftig diskutierte Kardinalthema beim Kongress der AMI, der
vom 28. bis 31. August in Prag stattfand. Die Ausführungen
des Schweizers Louis Gertsch, welcher die GLE! vertrat und di¬
rekt aus Barcelona kam, wurden mit großer Spannung verfolgt.
Er beantragte einen Beschluss, mit dem die Rebellion Francos
aufs Schärfste verurteilt werden sollte. Dieses Vorgehen stieß
jedoch auf Misstrauen aus den Reihen der Närodni Velikä Löze
Ceskoslovenskä (Nationale Großloge der Tschechoslowakei), wo
man einen einseitig Partei ergreifenden Aufruf ablehnte. Die
Delegierten einigten sich darauf, den spanischen Brüdern den
Ausdruck „brüderlicher und innigster Sympathie“ zu übermitteln.
Weiters wurde festgehalten, dass „das Besänftigen der Geister und
die Ruhe nur durch eine Demokratie, in der Freiheiten respek¬
tiert werden und Toleranz gezeigt wird, existieren kann“. Man
sammelte Geld für die Familien der spanischen Brüder. Doch
diese vorsichtige Haltung provozierte im September 1936 einen
ziemlichen Wirbel im Großorient von Belgien und beim Kon¬
vent der GLdE. Die Delegierten des Konvents warfen der AMI
vor, in ihrer Protestnote nicht zwischen der legalen Regierung
und den Rebellen zu unterscheiden. Eine Kommission, die drei
Stunden lang zu Spanien diskutierte, beschloss, dass die Urheber
des Aufruhrs sanktioniert werden sollten. Gleichzeitig hoffte man,
dass es bald Verhandlungen zwischen den Kriegsparteien gäbe. Es
wurde der italienischen Brüder Angeloni und Rietti gedacht, die
auf republikanischer Seite gekämpft hatten und gefallen waren.
Die Delegierten des GOdF in Prag erfuhren am 21. September
1936, dass ihre Organisation schon längst Geld an den GOE
überwiesen hatte, und zwar die großzügige Summe von 15.000
Francs, und dass die einzelnen Logen aufgerufen wurden, ihrerseits
weitere Spenden zu sammeln. Der Antrag zur Unterstützung der
spanischen Brüder wurde einstimmig angenommen.
Louis Gertsch gründete mit einigen Brüdern der GLE im Okto¬
ber 1936 in Barcelona das Komitee „Solidaridad pro-Espana An¬
tifascista“ (Solidarität für das antifaschistische Spanien) unter der
Leitung eines koordinierenden Zentralkomitees (COCENCOO)
unter dem Vorsitz von Francisco Esteva Bertrans. Im Komitee
wurde beschlossen, noch mehr Geldspenden zu sammeln, was
dann ab Mai 1937 von Paris aus geschah.’ Am 2. Dezember 1936
beschlossen die Freundschaftsbürgen, die Verantwortlichen für
die Beziehungen zwischen den Großlogen, in Bezug auf Spanien
zusammenzuarbeiten.
Die Berichte über die Gräueltaten der Franco-Truppen veran¬
lassten die AMI zum Handeln. Bruder Hermann Fiel berichtete
im Bulletin der Vereinigung, in Spanien genüge es wohl, Mitglied
einer Loge zu sein, um von den Aufständischen hingerichtet zu
werden. Unter den ersten Opfern befand sich Ambrosio Ristori,
Großsekretär des GOE.