sie in Ruhe, dann „erfährt man alle möglichen Schikanen“, und
„wenn einen die Polizei dann doch verschont, dann nur weil man
angekrochen kommt oder ihnen Informationen zukommen lässt“.
Da in Toulouse viele spanische Flüchtlinge lebten, hatte die Loge
„Reconstruccion 687“ bei ihrer Gründung am 3. April 1946 an die
30 Mitglieder, und 1947 etwa 42. In Folge verließen 16 das Land
in Richtung Venezuela, Spanien und Argentinien. Andere traten
aus der Loge aus. 1949 hatte diese dann nur noch 20 Mitglieder.'”
Am 28. Janner 1946 stimmte der Bundesrat der GLdF der
Gründung der Loge „Franklin Roosevelt 688“ in Montauban zu.
1947 wurde in dieser zu den verschiedensten Themen gearbeitet.
Es gab Vorträge über Moral, Bildung, Massenpsychologie, die
Vereinigten Staaten von Europa und über die sozialen Probleme
in Spanien. Unter den Mitgliedern der Loge befanden sich zwei
bekannte Sozialisten: Manuel Palacios (1948 und 1949 Stuhl¬
meister) und Rodolfo Llopis.
Die Loge „Continuitad 689“ in Oran, welche sich 1939 in
den Internierungslagern Ulises und Relizane konstituiert hatte,
eröffnete offiziell im Juli 1946 ihre Arbeiten unter dem Schutz der
GLdE Sie hatte 17 Mitglieder und blieb bis zur Unabhängigkeit
Algeriens aktiv. Die Loge „Espana 692“ wurde gegründet, um den
Eliten der Republik in Paris eine Möglichkeit zu geben, maurerisch
tätig zu sein. Einige ihrer Mitglieder kamen aus der Loge „Iberia“,
so wie ihr Stuhlmeister Abarrategui, dessen kirchliche Trauung
eine wilde Polemik in der Loge auslösen sollte.'®
Die Loge „Libertad 694“ im Orient von Bayonne bekam vom
Bundesrat erst am 21. März 1947 die Erlaubnis zu arbeiten, da
sie nur sieben Mitglieder aufbieten konnte. Bevor sie wegen Mit¬
gliedermangels aufgelöst hätte werden müssen, nannte sie sich in
„La Lumiere de la liberte“ (Das Licht der Freiheit) um, arbeitete
auf Französisch und konnte nun auch Franzosen aufnehmen, was
wiederum ihre Existenz sicherte.
Die Zahl der in Spanien initiierten Freimaurer, welche durch
französische Logen spanischer Sprache afhliiert wurden, betrug
schätzungsweise 300 bis 400 — unter ihnen auch Lehrlinge und
Gesellen, die während des Bürgerkrieges in Logen im republika¬
nisch kontrollierten Teil Spaniens aufgenommen worden waren.
Viele Spanier wurden auch in den Jahren 1945 bis 1948 initiiert.
Doch die Schwierigkeiten des Exils, die Rückkehr nach Spanien
und vor allem die Auswanderung nach Lateinamerika schwächten
die hispanischen Logen stark. Gleichzeitig hatten es viele Spanier
bevorzugt, Mitglieder französischsprachiger Logen zu werden.
Während der Sitzung des Verwaltungsrats des GOdF im Juni
1946 gab es seitens eines Vertreters des GOE im mexikanischen
Exil einen Vortrag. Darin wurde ein tiefer Dank an den GOdF
für dessen Hilfe und Solidarität ausgesprochen. Alle Anwesenden
standen, um der besonderen Ehrerweisung gerecht zu werden, wäh¬
rend des gesamten Vortrags im Zeichen — normalerweise sitzt man
bei solchen Gelegenheiten. Im November 1947 ließ der GOdF
die spanischen Freunde wissen, dass er gerne die Schirmherrschaft
für neu gegründete Logen auf französischem Boden übernehme,
aber keine eigenen Gründungen des GOE in Frankreich und
Nordafrika dulden könne. Der GOE unterhielt jedoch noch 1953
Logen in Tunis, Oran, Casablanca, Oujda, Rabat und Agadir. Sie
arbeiteten alle unter dem Schutz der Tochter-Obödienz des GOE,
der „Grand Logia del Norte de Africa“ (Großloge von Nordafrika).
Die Loge „Plus Ultra“ organisierte am 24. Mai 1945 eine Ge¬
neralversammlung spanischer Meister im Exil. Eine Kommission
bestehend aus Brüdern des GOdF und der GLdF wurde unter
dem Vorsitz von Manuel Portela Valladares (ehemaliger Minister)
gegründet. Er wurde dabei von Joaquin Roger, Stuhlmeister der
Loge ,,Esperanza“, Cesar Calderon, Alejandro Abarrategui (Iberia),
Juan Tundidor (Reconstruccion) und Arauzo (Plus Ultra), der
auch Ehrenvorsitzender war, assistiert. Auch wenn diese Initiative
nicht die Erwartungen der Beteiligten erfiillte, so etablierten sich
doch gute Beziehungen zwischen den Vertretern der einzelnen
spanischen Logen und Großlogen. Langjährige Kontakte blieben
zwischen diesen, jenen des GOE im Maghreb oder in Lateiname¬
rika, erhalten. Man tauschte auch Informationen über Suchende
aus, also über Menschen, die Freimaurer werden wollen.
Die französische Freimaurerei blieb in Bezug auf die spanische
Frage hochsensibel. Bei vielen Konferenzen in der rue Cadet,
Sitz des GOdE, und der rue Puteaux, Sitz der GLdE ging es
um Spanien. Auch wurden die Repräsentanten der spanischen
Großlogen im mexikanischen Exil bei ihren Besuchen immer
mit allen Ehren empfangen. Bei jeder Gelegenheit wurde auf
die schrecklichen Lebensumstände für Freimaurer im Spanien
nach dem Krieg hingewiesen. Doch war diesbezüglich kaum eine
Einflussnahme möglich. Die Situation wurde sogar schlimmer,
vor allem nachdem Franco am 11. September 1945 eine virulente
antimaurerische Rede gehalten hatte und zwar in Reaktion auf die
Wahl von Martinez Barrio zum Präsidenten der Republik im Fxil.
Die Interventionen der GLdF bei Bruder Truman, dem damaligen
Präsidenten der USA, um die Befreiung spanischer Freimaurer zu
erwirken, blieb ohne Ergebnis.” Noch am 26. November wurden
in Spanien fünf Freimaurer zu jeweils 20 Jahren Haft verurteilt,
weil sie eine maurerische Vereinigung gegründet haben sollen.
Andere warteten in Barcelona auf ihr Urteil.
Der Parlamentsabgeordnete der französischen Sozialisten und
Freimaurer Chazette, Vorsitzender der „Freunde der spanischen
Republik“, versammelte am 15. Juni 1949 Abgeordnete der bei¬
den französischen Kammern, die Freimaurer waren, Vertreter der
französischen Obödienzen und der spanischen Exilregierung, um
die Frage nach der UN-Mitgliedschaft Spaniens zu diskutieren.
Bruder Valera, Vizepräsident der spanischen Exilregierung, klärte
in seinem Vortrag über das Schicksal der Republikaner in Francos
Spanien auf. Wirtschaftshilfe und Anerkennung Spaniens als
Mitglied der Weltgemeinschaft sollte verwehrt bleiben, in der
Hoffnung, auf diese Art einen unblutigen Umsturz zu provozie¬
ren. Noch 1950 richtete die Loge „Toulouse“ einen Appell an
die französische Regierung, in der Hoffnung, diese spräche sich
weiterhin gegen die Aufnahme Spaniens in der UNO aus und
bleibe bei ihrer Entscheidung von 1946, als über Franco und sein
Regime international ein Bann verhängt worden war. Gleichzeitig
wurden jene amerikanischen Politiker scharf kritisiert, die sich
eine Annäherung und Öffnung wünschten. Als Delegierter der
„Toulouse“ beim Konvent des GOdF 1958 sagte der chemalige
spanische Minister Julio de Just, dass 300.000 Spanier im Exil
ein klares Plebiszit darstellen, dass es 1936 214 Abgeordnete im
Cortes gegeben habe, die Freimaurer und dass „wir 36.000 (sic!)
im Großorient von Spanien“ gewesen seien. 7.000 wurden hin¬
gerichtet, 2.000 waren in den Gefängnissen, wobei 300 noch
immer dort einsäßen.?
Wie viele Freimaurer es 1936 tatsächlich in Spanien gegeben,
wie die Aktivität ihrer Logen und das Ausmaß der Unterdrückung
ausgeschen und welche Bedeutung das Exil in Lateinamerika
schließlich gehabt hat, wurde 2009 bei dem von Prof. Jose Ferrer
Benimeli organisierten Kolloquium in Almeria festgehalten. Die
stark von den Aussagen Julio de Just abweichenden Ergebnisse
des Kolloquiums bilden eine zentrale Quelle für meinen Beitrag.