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körperlich rüstig alt werden kann. Den Asketen im Lande hat sie
demonstriert, mit wie wenig ein Mensch leben kann.

Für mich ist besonders Iehrreich, wie sie in einer extrem asym¬
metrischen Situation, beim Verhör, die Übermacht einfach nicht
akzeptiert und ihr als Gleichwertige, als Ebenbiirtige entgegentritt,
als Mensch.

Ich lege hier Bruchstücke vor, die kein vollständiges Bild ergeben.

Nachdem sie keine Enkel hat, denen sie ihre Geschichte hät¬
te erzählen können, will ich das Wenige, das ich von ihr weiß,
aufheben.

Ich hoffe, ich habe es getreulich wiedergegeben.

Elisabeth Fritsch, geb. 1941 in England, 1945 mit ihrer Mut¬
ter nach Wien, hier Volksschule und Realgymnasium, Pharmazie¬
Studium, im Bundesdienst bis 2002, daneben Geschichte-Studium,
nicht abgeschlossen.

Anmerkungen

1 Brief von A. Frank, datiert 31. Okt. 76.

2 https://de.wikipedia.org/wiki/Muhammad_Ali#cite_ref-18

3 Brief von A. Frank, wie Anm. 1.

4 Interview mit der Kleinen Schwester Claire Frederique von Jesus, Regels¬
brunn am 6. März 2005.

5 Brief von A. Frank, wie Anm. 1.

6 Interview mit Kl. Sr. Claire Frederique, wie Anm. 4.

7 Brief von A. Frank, wie Anm. 1.

8 Gedachtnis-Protokoll E.E, November 1976.

9 Interview mit Kl. Sr. Claire Frederique, wie Anm. 4.

10 Reichserbhofgesetz vom 30. September 1933.

11 Gedächtnis-Protokoll wie Anm. 8.

12 Telefonat mit Rotraud Lakmaier-Strobl, 17. Dezember 2003.

13 In den im Wiener Stadt- und Landesarchiv verwahrten Meldeunterlagen
konnten folgende Daten ermittelt werden: Anna/Anni Maria FRANK, geb.

Louise Werner

Dörfel, geb. 13.8.1893 in Amstetten, ledig. (Anmerkung: Die von Franz
Dörfel und Anna Maria Frank am 26. Mai 1925 in Amstetten geschlossene
Ehe wurde mit Urteil des fürsterzbischöflichen Seckauer Diözesangerichts
in Graz vom 7. Dezember 1934 gemäß can.1068 $1 C.J.C. für nichtig
erklärt. Dieses Urteil wurde vom fürsterzbischöflichen Metropolitange¬
richt in Salzburg als II. Instanz mit Urteil vom 24.Mai 1935 No 21/14/34
bestätigt. Damit ist diese Ehe nichtig und aufgelöst. Verfügung des bischöf¬
lichen Ordinariates St.Pölten vom 20.Mai 1939 Z 5385. Taufbuch der
Pfarre Amstetten, St.Stephan tomus XII], fol. 126 Nr. 124). 27.11.1939 —
16.6.1958: 2, Springergasse 22/11/12 („Privatlehrerin“); vorher: „4, Wiedner
Gürtel 60“. 16.6.1958 — 20.8.1968: 20, Adalbert-Stifter-Gasse 27/10/5/22
(„Privatlehrerin“). 1.6.1968 — 26.8.1968: 3, Arsenalstraße 9 („Rentnerin“).
16.8.1968 — 30.10.1968: 22, Florian-Berndl-Gasse 25 („Doppelmeldung‘“)
(„Rentnerin/ Dolmetscher privat“), abgemeldet: „30.10.1968 nach 16,
Herbststraße 21/3/42“. 9.11.1971 — 8.1.1973: 22, Florian-Berndl-Gasse
25 („Dolmetscherin“) zugezogen von: „12, Biedermannsg. 6/4“ („It. Erh.
v. 18.11.71 in d. Vorwohnung unbekannt“), abgemeldet: „14, Märzstraße
21“. Auf der für die Zeit von ca. 1941-1947 angelegten Meldekarte ist bzgl.
Eltern vermerkt: „Eduard FE, geb. 16.8.1965* in N.Mitrowitz, lebt in Wien
und Anna, geb. Wagner, geb. 21.8.1972* in Baden/Wien, lebt in Wien“
(mail Wed, 23 Apr 2008. Von: Petra Janschitz WStLA MA8 Me-2303/08
Betreff: Me 2303/08, Anfrage Frank, *offensichtlich vertippt).

14 Interview mit Kl. Sr. Claire Frederique, wie Anm. 4.

15 Gedächtnis-Protokoll, wie Anm. 8.

16 Brief von A. Frank wie Anm. 1.

17 E-mail von Hildegard Goss-Mayr vom 6. Jänner 2017.

18 Interview mit Miriam Gstaltmeier am 13. November 2003.

19 Interview mit Norbert Mayr am 13. November 2003.

20 Interview mit Maria Mayr am 13. November 2003.

21 Interview mit Kl. Sr. Claire Frederique, wie Anm. 4.

22 Gespräch mit Maria Wolf am 28. Jänner 2017.

23 Telefonat mit Rotraud Lakmaier-Strobl, wie Anm. 12.

24 Brief von A. Frank wie Anm. 1.

25 E-mail von Dr. Brigitte Rigele, Wiener Stadt- und Landesarchiv, MA8,
11 Apr 2008.

26 Standesamt Wien-Penzing Sterbebuch Nr. 518/1978.

27 wie Anm. 25.

28 Brief von A. Frank, Poststempel 1976-11-22.

Auszug aus Louise Werners Autobiographie „... aber mir hat der
Marxismus besser gefallen!“ Erinnerungen 1931 bis 2001. — Das
Buch Werners erscheint, herausgegeben von Verena Mermer, Anfang
2018 im Verlag der Theodor Kramer Gesellschaft.

Der Anschluss

11. März 1938. Wir sind in der Küche, ich sitze auf dem Schoß
meiner Mutter, mein Vater geht nervös auf und ab. Auf dem Tisch
steht das gelbe italienische Keramikgeschirr mit der bauchigen
Teekanne, die behaglich summit. Ich habe ein blaues Kleid mit
einem weißen Kragen an und weiße Strümpfe. Meine Mutter ist
tränenüberströmt und weint immer noch weiter. Ich weine mit,
obwohl ich nichts verstehe. Im Radio spricht der Herr Bundes¬
kanzler, mit einem Mal wird er vom Mikrophon weggerissen und
meine Mutter schreit auf. Der Herr Bundeskanzler wird verjagt,
er „weicht der Gewalt“, wie mir erklärt wird. Daher hört man im
Hintergrund leise die Bundeshymng, nur viel schöner gespielt als

sonst. (Ich kenne die Haydn-Streichquartette noch nicht.) Dass
man ihm zum Abschied die Bundeshymne spielt, finde ich ganz
logisch! Jetzt verstehe ich einen Satz: „Gott schütze Österreich.“
Meine Mutter schreit noch einmal. Ich hole frische Taschentücher
aus dem Kasten, die anderen sind alle nassgeweint. Der Abend
vergeht mit unverständlichen Gesprächen, niemand hat Zeit für
mich und ich werde früh ins Bett geschickt. Von der Straße her (wir
schlafen noch immer bei offener Balkontür) höre ich Getrappel
von vielen Stiefeln, Rufe, das Geräusch von Stockschlägen auf
Rollbalken, dann einen Sprechchor: „Sieg Heil, Sieg Heil, Sieg
Heil.“ Ich stehe wieder auf und frage meine Eltern, was „Sieg Heil“
heifst, aber sie wissen es auch nicht. Jetzt höre ich: „Ein Volk, ein
Reich, ein Führer!“, das verstehe ich auch nicht ganz, aber ich
will nicht mehr fragen. Endlich verebbt der Lärm.

Am nächsten Morgen muss ich noch vor der Schule mit meiner
Mutter zu dem Kindermodengeschäft laufen, in dem ein Mantel
für mich gekauft worden war, an dem noch etwas geändert werden
musste. Meine Mutter klopft an den Rollbalken, die Geschäftsfrau

Dezember 2017 61