voneinander, die dadurch entstehende Entfremdung, die Sorge
und Ungewissheit über das Wohlbefinden der eigenen Familie
und die Unsicherheit über die vor einem liegende Zukunft - all
diese Gefühle sind mit Worten kaum zu beschreiben und schwer
vorstellbar, wenn man Vergleichbares nicht selbst durchgemacht
hat. Doch die Zeit bleibt auch nicht stehen, diese sieben Jahre
vergehen und das „normale“ Leben bahnt sich seinen Weg. Hau¬
ser versucht so gut es geht zu arbeiten und knüpft in dieser Zeit
Kontakte zu anderen im Exil lebenden Österreichern. Er begegnet
Albert Ehrenstein, Fritz Wotruba, Franz Werfel und besucht die
Reformpädagogin Eugenia Schwarzwald.
Nach Ende des Krieges ist die Rückkehr nach Wien aufgrund
von Bestimmungen der Schweizer Behörden schwierig. Mit
Unterstützung seines Freundes Franz Theodor Csokor und des
Kulturstadtrats Viktor Matejka kehrt er 1947 wieder nach Wien
zurück. Die Familie ist nach einer siebenjährigen Trennung wie¬
der vereint. Die Heimkehr nach Wien ist für ihn auch emotional
schwierig, viele seiner Freunde sind ermordet oder emigriert.
Auch die Wiedervereinigung der Familie ist für alle Beteiligten
eine belastende Situation, schließlich können die getrennten Jahre
nicht ungeschehen gemacht werden. Wie so oft bei Carry Hauser
wird seine Malerei zum Spiegel und Filter für seine zwiespältigen
Emotionen. Im Bild Heimkehr von 1947 reihen sich knapp anei¬
nander gestaffelt Vater, Mutter und Kind hintereinander auf, ein
kleiner Vogel auf der Schulter des Familienoberhauptes scheint
die Rückkehr der Hausers zu verkünden. Während die Mutter
schützend ihre Hand an die Schulter von Heinz legt, gibt es, als
Verweis auf das Getrenntsein während der Kriegsjahre, keine
Berührung zwischen dem Vater und seiner Familie. Als einziges
Anzeichen auf die familiäre Verbindung beugt sich Hauser be¬
sorgt über seine Frau und seinen Sohn, doch die Blicke führen
in unterschiedliche Richtungen. Im Hintergrund ein Ausblick
auf die jüngere Vergangenheit des Künstlers mit der hügeligen
Landschaft und einer Kirche im Schweizer Kanton Tessin. Der
Ausdruck der Gesichter und die Haltung der Körper sprechen
Bände und lassen den Betrachter auf einfühlsame Weise „diese
Heimkehr“ miterleben.
Durch die Unterstützung von Viktor Matejka kann Hauser
künstlerisch wieder Fuß fassen, doch findet er eine völligveränderte
Situation vor. Die moderne Kunst der Zwischenkriegszeit ist in
Vergessenheit geraten, junge Künstler orientieren sich an interna¬
tionalen Strömungen und der konservative Kunstgeschmack der
Nationalsozialisten lässt sich nicht so einfach abschütteln. Hauser
beginnt, sich für einen Wiederaufbau der modernen Kunst- und
Kulturlandschaft seiner Heimat einzusetzen. Er verfolgt die Ver¬
anstaltungen des Art Clubs und ist an der Gründung des Neuen
Hagenbundes beteiligt. Er intensiviert seine Zusammenarbeit mit
Theater- und Literaturkreisen und ist von 1947 bis 1973 Mitglied
des österreichischen PE.N.-Clubs, dessen Generalsekretär er 1952
wird und wo er bis 1972 auch als Vizepräsident fungiert. Im Jahr
1947 findet eine Personale mit 50 Werken aus der Zeit nach 1938
in Lincoln in den USA statt. 1949 erhält er den Preis der Stadt
Wien für Grafik und Angewandte Kunst. Er ist 1952 Mitglied des
Berufsverbandes der österreichischen Widerstandskämpfer und
Opfer des Faschismus. Mitbegründer und zeitweise Vizepräsident
der Berufsvereinigung Bildender Künstler Österreichs, Mitglied
des Kuratoriums des Dokumentationsarchivs des österreichischen
Widerstandes und Präsident der Aktion gegen Antisemitismus
sowie Präsident der Föderation Moderner Bildender Künstler
Carry Hauser: Gefangener, 1936. Bleistift/Papier, 29,1 x 21,8 cm
Österreichs. In den 1950er Jahren zeichnet er die Illustrationen
zum Buch Das Weltbild der Moderne von Karl Renner und arbeitet
für die Gemeinde Wien an mehreren Keramikmosaiken (u.a.
Voltagasse, 1210 Wien; Märzstraße, 1150 Wien; Theresienbad,
1120 Wien; Simonygasse, 1180 Wien).
Ab den 1960er Jahren unternimmt Carry Hauser regelmäßige
Reisen nach Kroatien, Israel und vor allem nach Afrika. Auf die¬
sen Reisen entstehen zahlreiche Skizzen, in denen er die Natur
und die Menschen vor Ort festhält. Gleichzeitig beteiligt er sich
an internationalen Ausstellungen, 1960 im Kunstverein Braun¬
schweig und in der Galerie de Bourgogne in Paris, 1964 folgt
eine Personale in Jerusalem. Ein Jahr später, 1965, erhält er die
Carry Hauser: Traum in der Trattoria, 1982. Kugelschreiber/Papier, 41,9 x 29,5 cm.
„raum von den grossen Vögel[n] im Wasser und Goldbarschen in der Trotteria“