WILLY vy
Carry Hauser: Zwischenstation, um 1949. Bleistift/Papier, 22,5 x 19,5 cm. Nicht
realisierter Entwurf fiir einen Buchumschlag fiir Hermann Hakel: Zwischenstationen.
Fünfzig Geschichten. Wien/St. Gallen/Stuttgart: Willy Verkauf/Zollikofer/Hatje 1949.
ein Lehrauftrag auf ihn wartet. Der Ausbruch des Krieges macht
seine Plane zunichte, auch an eine Reise nach Holland zu seiner
Frau und seinem Sohn ist nicht zu denken. Er bleibt bis 1947 im
Exil in der Schweiz in der Gegend um Ziirich und so sieben Jahre
von seiner Familie getrennt.
Anlässlich seiner Emigration 1939 schreibt Carry Hauser das
Gedicht „Auf neuer Fahrt“:
Lange schon ruhte mein Kahn
in sicherem Hafen
mit dem Ankerseil
spielte der Fischer, tändelnde Schaar
Wenn auch von Fern her
über die schützende Dämme
drohende Stürme sich drängten
Leise nur schwankte der Kahn
und wie der Anker das Schiff
hielt daheim mich mein Herz
Als die tückische Springflut kam über Nacht
Trüb das Wasser Zerstörtes und Krankes
umfloss
Hob ich den Anker sacht
löste mein Herz — nicht leicht
und von der geschändeten Heimat Strand
in unbekannter Zukunft Land
Führt mich mein Kahn
Rot ist die Fahne am Bug
Rot von meines trauernden Herzensblut
Weiss ist ein Balken darin
Und Schuld und Ehre sein Sinn.
Hauser fühlt sich in der Emigration als „gast und almosenemp¬
fänger ohne arbeitsbewilligung“, er malt trotz des Arbeitsverbots
unentgeltlich an Fresken. Einmal erwischt ihn die Fremdenpolizei
beim Malen an einem Fresko und verbietet ihm daran weiterzu¬
arbeiten. Er darf das angefangene Bild seinem Auftraggeber nicht
einmal schenken und ein anderer Künstler soll es zu Ende malen.
Die Demütigung und Kränkung für den Maler Carry Hauser
muss unendlich groß gewesen sein, war er doch vor dem Krieg
in Wien bereits ein etablierter Künstler. Nun konzentriert er sich
vermehrt auf seine schriftstellerische Begabung, die bereits in den
1920er Jahren eine Rolle spielte. Damals malt und schreibt er
eine Reihe von Büchern (Handgeschriebenes Buch nach einem
orientalischen Motiv, 1920; Das Buch von der Stadt, 1921; Die
große Nacht des Bruder Dominicus, 1921), in denen Bild und
Wort eine inhaltliche und formale Verschmelzung erfahren. 1941
entstehen der Roman Die Geschichte vom verlorenen Sohn (1945
publiziert), das Advent Spiel (1944 publiziert) und die beiden
unpublizierten Werke Das Spiel von Gut und Böse und Das Spiel
von Hass und Liebe. Er schreibt unter dem Pseudonym Oculus
Radiobeiträge gegen den Nationalsozialismus und illustriert einen
Prosaband. Sein autobiografischer Roman Zwischen gestern und
morgen von 1945 ist bis heute nicht publiziert und soll noch im
Laufe des Jahres 2018 veröffentlicht werden.
Neben der Beschneidung und Einschränkung seines künstleri¬
schen Tuns durchlebt Carry Hauser aber auch durch die Trennung
von seiner Familie eine besonders schwere Zeit. Das Getrenntsein