Übersetzung: Mustafa Al-Slaiman; Nachdichtung: Tanja Dückers
Mit deutlich weniger Hass
begegneten uns Bären, Haie und Krokodile.
Mit weniger Hass holten wir den Wald aus dem Nichts,
schärften die Säbel,
erfanden Gewehre,
geladen und mit dem Bajonett am Lauf.
Wir zogen in sinnlose Kriege.
Kämpften wie Heuschrecken.
Wie Fledermäuse am helllichten Tag.
Wie die Pest — die wahrhaftige Pest.
Wir töteten und wurden getötet.
Am Schluss wussten wir nicht einmal mehr,
was wir wollten.
Mit weniger als alledem
verfolgten wir die Indianer.
Machten aus ihnen,
je nach Laune, wilde Wesen,
Menschenfresser und Blutsauger.
Wir hauteten sie,
rissen sie aus ihren Träumen,
aus ihrem freudigen Gelächter,
dem Tabak,
ihren innigen Gesängen,
vertrieben sie für immer aus dieser Welt
und hängten ihre Köpfe über unsere Tore.
Wir taten all dieses und vieles mehr.
Mit weniger Hass
gingen wir hinein in die Dunkelheit.
Schutzlose ließen wir zurück.
Felicia Schätzer
Fremde Nächte
Die Fenster
die riesigen
quer über die Wand gespannten
aufgespannten Fenster
Claire; voll; gesamt
das Licht
in der Nacht
von der Stadt
in den Raum
mit Raunzen
Dunkelgrau
Ismael
Ausrufe
Ich sah
den sichtbaren Raum
voller schwarz
Ausgestreckte Hände
wiesen wir reumütig ab.
Verwundete, flehende Hande —
unter den Nageln der Verlust.
Wir rannten auf die Straßen,
in Moscheen, Synagogen, Kirchen und Tempel,
zu Wahrsagerinnen,
blätterten suchend in den Büchern,
marschierten eins, zwei, drei zu Prostituierten,
fügten einander auch leise Leid zu,
stürzten einander in Abgrund und Leere,
tauschten unsere falschen Siege aus
und nahmen sie mit ins Bett.
Wir versteckten sie in den Bäuchen unserer Kinder
und weinten.
Aber mit deutlich weniger Hass.
Galal Alahmadi, geb. 1987 in Saudi-Arabien, ist einer der bekann¬
testen Dichter des Jemen. 2010 gewann er den „Preis des Präsidenten“
auf lokaler, ein Jahr später dann auf nationaler Ebene. 2014 wurde
er mit dem Abdulaziz-Al-Makaleh-Preis ausgezeichnet. Zudem hat
Galal Alahmadi als Journalist und Redakteur für verschiedene arabi¬
sche Zeitungen und Magazine gearbeitet. Bis September 2016 war er
Literaturstipendiat der Heinrich-Böll-Stiftung. Galal Alahmadi hat
bislang vier Gedichtbände auf Arabisch veröffentlicht: „Ein Baum
zum Bedauern und mehr“ 2011), „Ich kann mit niemandem wei¬
nen“ (2012), „Damit der Dschungel aus meiner Brust verschwindet“
(2013) und „Die Stufen des Hauses steigen allein herab“ (2015),
auferdem erschienen eine Auswahl seiner Gedichte in der Anthologie
„Weg sein - hier sein“. Im August 2017 erhielt er den renommierten
Mohammed-Afifi-Matar-Preis, der in Kairo verliehen wird. Seit
2016 läuft sein Asylverfahren.
voll weiß
mit Schatten
Schraffuren
Chiffren auf
einem hölzenen Mobiliar
unbewegt; Standhaft
darüber
die kalte Wehung über
den Marmor am Boden
Ich roch
unbekannt; warm; gern
den Riad
sonnengebräunte Backsteine
offenes; blitzartiges Feuer
orange und kahl
den zerfransten
ausgefransten