an der Kommunikation mit uns, konnte keine
Sprache außer Arabisch. Sich vier Stunden mit
jemandem ohne gemeinsame Verständigungs¬
form durchgehend auszutauschen, ist wirklich
anstrengend. Immer wieder haben sie das eine
nachgefragt und uns etwas anderes erklärt.
Wir haben nichts verstanden und ebenfalls
irgendetwas in irgendeiner Sprache erzählt.
Dazwischen gab es ein üppiges, allein für uns
zubereitetes Abendessen, bestehend aus zehn
Spiegeleiern und dreißig Fleischbällchen. Da
wir beide Fleisch vermeiden, fiel es uns schwer,
das Essen zu genießen. Am nächsten Tag ging es
mit der gutgemeinten Gastfreundschaft weiter,
da uns der Vater unbedingt mit dem Auto ins
Stadtzentrum bringen wollte. Wir hatten keine
Chance, dieses Angebot auszuschlagen. Gemüt¬
lich wie er war, wurde diese zwanzigminütige
Fahrt allerdings bis zum Abend hinausgezögert.
Wir hatten einen ganzen Tag in dem Haus der
Familie mit ihrem räudigen Hund verbracht, der
in der Nacht in unser Zimmer geschissen hatte.
Elazar Benyoétz: Aberwenndig. Mein Weg als
Israeli und Jude ins Deutsche. Würzburg: Kö¬
nigshausen & Neumann 2018. 429 S.
Elazar Benyo£tz: Feindeutig. Eine Lesung. Kö¬
nigshausen & Neumann 2018. 219 S.
Elazar Benyoétz: Gottik. Eine Lesung. Kénigs¬
hausen & Neumann 2019. 329 S.
Sabine Bergler, Michael Freund (Hg. im Auftrag
des Jiidischen Museums Wien): Die drei mit
dem Stift/Three with a Pen. Lily Renée, Bil Spira
& Paul Peter Porges. Wien: Jiidisches Museum
2019. 163 S.
Katalogbuch zur gleichnamigen Ausstellung,
die noch bis 17. November 2019 im Museum
Judenplatz, 1010 Wien, Judenplatz 8, zu sehen
ist. Mit Beiträgen der HerausgeberInnen sowie von
Danielle Spera, Hans Haider, Vladimir Vertlib,
Marion Neumann und Werner Hanak. Und vor
allem mit vielen, vielen Zeichnungen der „Drei mit
dem Stift“.- Bil Spiras Autobiographie „Die Legen¬
de vom Zeichner“ (1997 von Konstantin Kaiser in
Zusammenarbeit mit Vladimir Vertlib herausgege¬
ben) ist in wenigen Exemplaren nur mehr bei der
Theodor Kramer Gesellschaft erhältlich.
Timo Brandt: Ab hier nur Schriften. Gedichte.
(Mit einem Nachwort von Matthias Engels.)
Berlin, München: Aphaia Verlag 2019. 61 S.
(Mitlesebuch 146). € 9,90
Luis Filipe Castro Mendes: Fremde Nähe. Aus¬
gewählt und aus dem Portugiesischen übersetzt
von Ilse Pollack. Leipzig: Leipziger Literatur¬
verlag 2019. 154 S. (portugiesische bibliothek.
band 19).
Meine Freundin und ich waren unglaublich
dankbar für diesen Aufenthalt und haben da¬
durch beste Erinnerungen an Marokko. Aber
Gastfreundschaft anzunehmen ist nicht immer
das Einfachste.
Für meinen Geschmack ist dieses Buch ein
wenig zu vollgestopft mit Themen und Ma¬
terial, dadurch wirkt es etwas unkoordiniert.
Geht es um die Geschichte der Autorin? Geht
es um die Geschichte der Menschen? Geht es
um Politik, um Natur, darum Gast zu sein, um
Tourismus? Um Menschen, die von Alltag und
Familienkonstellationen erzählen? Geht es um
Definitionen? Es geht in der Letzten Grenze um
alles, was man in einer bestimmten Region in
einer gewissen Zeit einfangen kann. Aber von
all dem wird gleichzeitig erzählt. Ich selbst be¬
wundere die Autorin mehr dafür, wie siean das
Buch herangeht und wie sie die Dinge, über die
sie schreibt, erfahren hat.
Schwierig finde ich außerdem Kassabovas
sprachlichen Methaphernreichtum, der teilweise
Renate Göllner: Freiheit und Trieb. An den
Grenzen der Psychoanalyse. Essays. Freiburg,
Wien: ga ira Verlag 2019. 221.
Eine Sammlung hochinteressanter, gut ge¬
schriebener, instruktiver Aufsätze. War es indes
wirklich nötig, sich in den Mainstream zu werfen
und einer Alice Schwarzer die Leviten zu lesen,
habe sie doch „die Leiden der Juden mit denen der
Frauen“ gleichgesetzt, wofür Göllner als Beweis ein
intrigantes Schreiben der Prostitutions-Lobbyistin
Dona Carmen an den Zentralrat der Juden in
Deutschland heranzieht. Ein weiterer Vorwurf
besagt, Schwarzer habe durch die von ihr mit¬
betriebene Skandalisierung der Silvesterereignisse
in Köln 2015/16 die Schließung der Grenzen
Deutschlands und Europas gefördert und damit
Frauen aus muslimischen Ländern die Möglichkeit
genommen, der Entrechtung zu entfliehen. — K.K.
Arthur Freud: Rückblicke. Erinnerungen ei¬
nes Zionisten. Mähren - Görz/Gorizia — Triest/
Trieste - Wien. Hg. von Evelyn Adunka und
Andrea M. Lauritsch. Kommentiert und redi¬
giert von Armin A. Wallas. Wien: Mandelbaum
Verlag 2019. 280 S. € 19,90
Arthur Freud (1882 — 1973) stammte aus Mäh¬
ren, studierte Germanistik in Wien und unterrich¬
tete ab 1908 in Görz und Triest. Von 1920 bis
1927 war er Redakteur der zionistischen „Wiener
Morgenzeitung“. 1939 flüchtete er nach Palästina,
wo er als freier Historiker arbeitete.
Griechenland. Besetzt und Jetzt. Begleitbro¬
schüre Fotoausstellung 2019. Hg. vom Verein
present:history. Wien: Selbstverlag 2019. 65 S.
Die Fotoausstellung wurde 2019 in der Volks¬
hochschule Wien-Hietzing gezeigt. — Leider beginnt
dier Broschüre mit der nun schon üblichen Ein¬
führung in österreichische Geschichte, also mit der
„Opferthese“ als „Gründungsmythos“ der Zweiten
vor Pathos aus den Nähten platzt. Ständig geht
es in den Beschreibungen der Menschen um
Augen und Gesichter, und was darin zu lesen
ist. „Augen, in die die Einheimischen nicht zu
blicken wagten, aus Angst, darin all den Tumult
der Welt zu erblicken“, heißt es zum Beispiel.
Die letzte Grenze hat bei mir ein Bewusstsein
für eine Region geschaffen, mit der ich mich
weder literarisch, noch geographisch, kulturell
oder politisch je auseinandergesetzt habe. Außer¬
dem hat mich das Buch daran erinnert, dass es
sinnvoll sein kann, auf Reisen mit Menschen ins
Gespräch zu kommen. Und, dass es generell Zeit
ist, mich mal wieder auf eine Reise zu begeben.
Kapka Kassabova: Die letzte Grenze. Am Rand
Europas, in der Mitte der Welt. Aus dem Engli¬
schen von Brigitte Hilzensauer. Wien: Paul Zsolnay
2018, 383 5. € 26,¬
Republik. Was aber führte wirklich, abseits des
„Mythos“, zur Wiederherstellung eines unabhän¬
gigen, demokratischen Österreich?
Walter Grünzweig, Ute Gerhard, Hannes
Krauss: Erzählen zum Überleben. Ein Fred
Wander Handbuch. Wien: Theodor Kramer
Gesellschaft 2019. 353 S. € 30,- ((Antifaschis¬
tische Literatur und Exilliteratur — Studien und
Texte 29. Hg. vom Verein zur Förderung und
Erforschung der antifaschistischen Literatur).
Erich Hackl: Im Leben mehr Glück. Reden
und Schriften. Zürich: Diogenes 2019. 423 S.
€ 25,70
Etliche der Beiträge zu dem Band sind auch
in ZW erschienen, so z.B. die Rede „Kalmar in
Bückelsburg“ zur Verleihung des Theodor Kramer¬
Preises an Fritz Kalmar 2002. Die Rede ist das
dominierende Genre des Buches, als Preisrede,
Grabrede, Lobrede, Eröffnungsrede. Immer wie¬
der stellt Hackl Widerstehende vor, besiedelt unsere
Welt geradezu mit ihnen. Nicht als Inventar einer
Vergangenheit stellt er sie dar, sondern als fortwäh¬
renden Appell an die Gegenwart. So erzählt er denn
auch keine genealogisch angeordnete Familienge¬
schichten, in denen der netten alten Frage nach¬
gegangen wird, wie es denn so und nicht anders
geworden ist. Das „nicht anders“ nämlich, diesen
Gipfel der Humorlosigkeit, verabscheut Hackl. Ein
Buch, in dem man viel entdecken kann, aber sich
auch an glänzend Geschriebenem und sorgsam
Recherchiertem erfreuen kann. — K.K.
Heimo Halbrainer: „Wenn einmal die Saat
aufgegangen, . . .“ Letzte Briefe steirischer Wi¬
derstandskampferinnen und -kampfer aus To¬
deszelle und Konzentrationslager. Graz: CLIO
2019. 360 S. € 20,¬