Alle ihre Bücher wurden von Erhard Roy Wiehn herausgegeben
und sind im Hartung-Gorre-Verlag in Konstanz erschienen: Den¬
noch Mensch geblieben (1996); Nicht ins Nichts gespannt (1998);
Wie aus ganz andern Welten (2000); Am östlichen Fenster (2002);
Unverloren (2005); Erinnerungswunde (2007); Aschenblumen
(Photodokumentation, 2008); Mama Cilly (2009); Nachhall
(2011); Selma Meerbaum-Eisinger (Mithg., 2013); Von dort
bis heute (2015); Mein Bruder Othmar (Otti) Bartfeld (2017).
Margit Bartfeld-Fellers Beitrage in ZW:
Freund Zopzebé — ein Märchen im Frost (Nr. 3/2000, 47f.);
Im Zeichen des „Maiglöckchens“ (Nr. 3/2002, 48); Ein Akkord
in tiefer Terz (S. Meerbaum-Eisinger, Nr. 4/2003, 57f.); Der
Weg zum Edelweiß (Nr. 3-4/2009, 28£.); Der Rettichmann (Nr.
3/2010, 49); Ilana (I. Shmueli, Nr. 4/2011, 18); Komm Nadel¬
stich. Erinnerung an Siglinde (Abschied von Siglinde Bolbecher,
Nr. 3/2012, 13f.)
Geht man in Wien von der Schmelz Richtung Stadthalle, kommt
man ins Nibelungenviertel, dessen Gassen so bezeichnende Namen
wie Walküren-, Giselher- oder Gunthergasse haben. Dann stößt
man auf den Burjan- und Vogelweidplatz, in deren Mittelpunkt
sich die Christkönigskirche befindet. Im Volksmund und auch
auf Google Maps trägt sie zusätzlich die Bezeichnung Seipel¬
Dollfuß-Gedächtniskirche.
Errichtet wurde diese Kirche in den Jahren 1933 und 1934.
Geplant wurde sie von „dem“ Baumeister des Austrofaschismus,
Clemens Holzmeister. Initiiert wurde der Bau von Hildegard
Burjan, einer christlichsozialen Politikerin und kurzzeitigen Natio¬
nalratsabgeordneten. Sie stammte aus Görlitz in Niederschlesien
(heute Sachsen), konvertierte vom Judentum zum Katholizismus
und war vor allem im Sozialbereich tätig. Die jüdische Herkunft
Burjans dürfte bekennenden Antisemiten wie Leopold Kunschak
ein Dorn im Auge gewesen sein. Der spätere Heeresminister und
Kurzzeitbundeskanzler Carl Vaugoin, in dessen Wahlkreis sie
kandidierte, meinte, dass er sich sein Mandat nicht durch eine
„preußische Saujüdin“ strittig machen lassen werde. Im Oktober
1920 zog sie sich aus der Politik zurück und widmete sich von da
an karitativen Aktivitäten.
1932 organisierte sie eine Haussammlung, eine Lotterie und
eine Gedächtnismatinee in der Staatsoper zur Gründung einer
Gedächtniskirche, die für den Ahnherrn des politischen Katho¬
lizismus und Wegbereiter des Austrofaschismus, dem im August
1932 verstorbenen ehemaligen Bundeskanzler der Ersten Republik,
Prälaten Ignaz Seipel, errichtet werden sollte. Die Kirche sollte in
einem „seelsorgerisch unterversorgten Gebiet“ stehen. Deshalb
wurde ein unbebauter Platz „in einem not- und elendvollen Bezirk“
gesucht und im heutigen 15. Bezirk gefunden. In dessen Nähe
befand sich noch dazu das Geburtshaus Seipels.
Der Bundeskanzler und Bundesführer der Vaterländischen Front,
Engelbert Dollfuß, legte am 30. Juli 1933 den Grundstein. Die
Fertigstellung erlebte der Diktator nicht mehr, da er im Zuge
des nationalsozialistischen Putschversuches im Juli 1934 getötet
wurde. Beide — Seipel und Dollfuß — wurden in zwei gegeniiber¬
liegenden Nischen der Krypta bestattet. Im Eingangsbereich der
Kirche wurde ein martialisches Denkmal errichtet, das der beiden
„großen Söhnen Österreichs“ und „Erneuerern des österreichischen
Vaterlandes“ gedenkt. „Sie legten kostbare Saat in die geliebte
Heimaterde. Sie opferten all ihre hohen Gottesgaben und endlich
ihr Leben dem Ringen um Freiheit, Frieden und Glück ihres
Volkes“, steht am unteren Ende des Gedenksteins.
Dieses Denkmal der austrofaschistischen Diktatur blieb auch in
der Zweiten Republik erhalten. 2010 erhielt es einen A4-großen
Zusatz mit einer Erklärung des Pfarrgemeinderates der Kirche,
die darauf hinweist, dass man das Denkmal zeithistorisch sehen
müsse — und seine Aussagen heute selbstverständlich anders ge¬
sehen würden.
Nun erfolgte im Sommer 2019 eine Uberplattung mit Plexiglas,
die eine Verdeckung und damit ein Verschwinden der martiali¬
schen Inschrift bewirkt. Der urspriingliche Text wird unsichtbar
gemacht, sozusagen aus der Geschichte getilgt. Zu zwei Drittel
ist der Text dieser Tafeln Hildegard Burjan gewidmet, ein Drittel
besteht aus einer Distanzierung von der darunter befindlichen
Inschrift. Ob solch eine Unsichtbarmachung der gelungenste
Umgang mit diesem Denkmal ist, ist stark zu bezweifeln. Das
dürfte auch den Verantwortlichen gedämmert haben, denn auf der
Homepage der Christkönigskirche kann man nach einiger Suche
den ursprünglichen Text finden (https://www.pfarreburjan.at/
geschichte/629-aenderung-der-tafel-vor-der-kirche-neufuenfhaus).
Dollfuß und Seipel blieben übrigens nicht lange an diesem
Beerdigungsort, denn die Nationalsozialisten entfernten in der
Nacht vom 23. auf den 24. Jänner 1939 ihre Leichname von
diesem Gedenkort des Austrofaschismus. Seipel kam auf den
Zentralfriedhof, Dollfuß auf den Hietzinger Friedhof, wo sie
auch heute noch bestattet sind.
Im Inneren der Kirche finden sich Kreuzwegreliefs — links und
rechts an den Wänden des Kirchenschiffs —, die von Benito Mus¬
solini gestiftet wurden. Dazu gibt es allerdings nicht einmal eine
unkritische Erklärung.
Das Denkmal in der Christkönigskirche. Foto: Marin Krist