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habe. In den Malls ist es angenehm kühl, neben dem Schwarz und Weiß, das nur durch das Gelb des Wüstensands aufgelockert wird, finden sich hier bunte Farben, glitzernder Schmuck, schimmernde Stoffe, duftendes Räucherwerk und erlesene Parfums. Welch bunte Vielfalt muss unter den schwarzen Fledermausumhängen versteckt sein, hinter den dichten Vorhängen und verspiegelten Fenstern? Wie viel Mühe wenden die Frauen auf, um schön zu sein und um sich dann zu verstecken? Während mir diese Gedanken durch den Kopf fließen, gehen alle Lichter aus, erschrocken sehe ich mich um, doch niemand scheint davon Notiz zu nehmen, die Rollläden der Geschäfte schließen sich, und alles erstarrt wie zu einem Dornröschenschlaf. Dann hore ich ihn — den Gebetsaufruf des Muezzins, es ist Gebetszeit, die Geschäfte schließen für die Dauer des Gebets, wer drinnen ist, muss einfach abwarten, bis das Licht wieder angeht und der Betrieb wieder aufgenommen wird. Ich sche mich in dem Halbdunkel zwischen den schweren Stoffen um, betaste sie und frage mich, wie man sie in der Hitze tragen kann. Meine Abaya ist immer noch angenehm kühl, mittlerweile habe ich festgestellt, dass sie aus schwerer Seide ist, wer sich das leisten kann, erträgt die Hitze besser als diejenigen, die billigere Stoffe tragen müssen. Bariya Bariya feiert heute mit ihren Freundinnen, ihrer Schwester, ihrer Mutter und Tanten in einem der angesagten Restaurants der Stadt. Es ist eine Mischung aus afrikanischem Flair und internationaler Küche, die Tischplatten sind bunte Mosaike, an den lehmfarbenen Wänden hängen afrikanische Masken und bunte Tücher, ein Springbrunnen plätschert leise und verbreitet angenehme Kühle, das Licht ist gedämpft. Bariya hat ihr Studium abgeschlossen, sie hat hart gearbeitet in der letzten Zeit, die Prüfungen waren schwer. Nun wird die Urkunde herumgereicht, der schwarze Hut mit der Quaste wird von allen Mädchen probiert, sie beneiden Bariya ein bisschen um ihren Erfolg. Obwohl im Familienbereich des Restaurants auch Männer anwesend sind, haben die Mädchen ihre Kopftücher abgenommen, sie haben sich schön gemacht, unter den Abayas blitzen bunte Kleider und offene Schuhe mit hohen Absätzen. Baryia ist glücklich. Als der Kellner eine Torte mit einer Sprühkerze bringt und die Lautsprecher “Congratulations, celebrations” brüllen, denkt sie nur daran, dass sie es geschafft hat. Die Frage, ob es ihr gelingen wird, mit ihrer Ausbildung ihre Zukunft selbst gestalten zu können, wird erst morgen wieder auftauchen. Die Gäste am Nachbartisch applaudieren, Bariya winkt zurück. Der Tag gehört ihr. Ich Das Restaurant ist kühl und dämmrig, ich atme kurz auf den paar Schritten vom Auto zum Eingang die heiße Luft, strecke mein Gesicht in die Sonne, bevor ich wieder in die künstliche Welt eintauche, die mir langsam Beklemmungen verursacht. Eine künstliche Welt, die uns vorgaukeln soll, dass wir in einer afrikanischen Lehmhütte sitzen, die mit Masken und Teppichen geschmückt ist, die uns fernhält vom wirklichen Leben. Immer mehr drängt sich mir das Bild des goldenen Käfigs auf, wir schen hier nur die glänzende Oberfläche, nicht jedoch die Abgründe darunter. Meine Aufmerksamkeit wird gefangen genommen von einer fröhlichen Gruppe von Mädchen, die offensichtlich den Studienabschluss ihrer Freundin feiern... wie schön sie sind, wie hoffnungsvoll sie in die Zukunft blicken, denke ich, wie bunt sie unter ihren Abayas sind, und wie alle diese Farben verblassen und die Augen ihren Glanz verlieren werden. Als der Kellner mit einer Torte erscheint und Musik erklingt, applaudiere ich dem Mädchen, und sie winkt mir zu, ich wünsche ihr in diesem Moment ganz intensiv, dass es ihr gelingen soll, aus ihrem Leben das zu machen, was sie möchte. Samira Samira heißt Prinzessin. Karim stellt seine junge Frau den Gästen vor. Samira ist hübsch, sie trägt ein leichtes pastellfarbenes Tuch über einer Hose und einem T-Shirt, Karim hat Gäste eingeladen, sie sind wichtig für ihn, er könnte wichtige Kontakte knüpfen, um ins Ausland zu gehen. Samira kennt solche Treffen schon, es ist nicht das erste. Sie serviert Tee und Mandeln, man sitzt in dem Empfangsraum, der in diversen Brauntönen gehalten ist. Wuchtige Fauteuils stehen an den Wänden, der Ehrengast muss an der Schmalseite des Raumes sitzen. Karim spricht viel, über sein Leben, seinen Beruf an der Universitat, über die Zeit, die er im Ausland verbracht hat, seine Pläne. Samira hört nur halb zu, er spricht über die Farm in der Wüste, die sein Vater betreibt, die Schafe, die Hühner, die Palmen, die drei Brunnen, die das Grundstück so wertvoll machen. Als Karim über seine Pläne spricht, sich an einer ausländischen Universität zu bewerben, denkt sie daran, dass sie noch nie das Land verlassen hat. Ich Wir betreten Karims Haus, wieder einmal tauchen wir ein in ein Aquarium, die Hitze und das Licht bleiben draußen. Die Kristallleuchter verbreiten das übliche gedämpfte Licht, die Fenster sind hinter dicken Brokatvorhängen verborgen. Die Außenwelt ist ausgesperrt. Karims junge Frau ist sehr hübsch, er stellt sie uns stolz vor: Samira heißt Prinzessin. Samira lächelt. Ich frage mich, was eine Prinzessin den ganzen Tag so macht, in einem großen leeren Haus aus Marmor und Brokat. Während Karim darüber spricht, dass er im Ausland natürlich auch Alkohol trinkt, gelingt es mir, mit Samira ein paar Worte zu wechseln, sie erzählt, dass sie einen Studienabschluss in englischer Literatur hat, dass sie aber noch nie das Land verlassen hat. Auf meine Frage, ob sie arbeite, schüttelt sie nur lächelnd den Kopf. Anscheinend ist es Karim wichtiger, dass er sie als die perfekte Gastgeberin loben kann. Wir essen ein gebratenes Lamm von der Farm, serviert auf einer glänzenden ovalen Silberplatte, mit wunderbar duftendem gelbem Reis und Gemüse, das traditionelle Gericht, das wichtigen Gästen und Personen, mit denen man Geschäfte machen will, serviert wird. Ich muss den Gedanken, dass wir das Lamm tags zuvor vielleicht noch bei unserem Besuch auf der Farm geschen haben, wegschieben. Als Samira nach dem Essen Tee aus der Küche holt, sche ich zwei zarte Mädchen, die damit beschäftigt sind, das schmutzige Geschirr abzuwaschen. Mein erster Gedanke, dass das doch kaum Samiras Töchter sein können, weicht der blitzartigen Erkenntnis, dass es sich wohl um Hausbedienstete handelt. Zarte Mädchen. Kinder. Samira schließt die Küchentür schnell hinter sich, bevor ich einen weiteren Blick auf die beiden werfen kann. Dezember 2020 53