zusammen gearbeitet hatte; er zitiert ihn: „Es war schwere Zeit. Le¬
bensmittel waren knapp, aber Helmut erfüllte immer seine Aufgabe
und wenn er nach Feierabend arbeiten mußte, ganz freiwillig...“
„Das Mitglied des Politbüros des ZK der KP der Tschechoslowakei
Appelt Rudolf teilt mit, dass Morche Helmut wegen des aktiven
Kampfs gegen den Faschismus emigrieren musste. Wahrscheinlich
hat er keine besonderen politischen Fähigkeiten, aber er ist tapfer,
ehrlich und der Partei ergeben.“ *
Gudrun Loznikowa, Helmuts Witwe (sie hatten im März 1943
geheiratet), schrieb an Herbert:
„... Helmut wurde am 25 Oktober 1944 abberufen ... erst waren sie
in Moskau. Er schrieb mir dass sie dort lernten ... Ende 1944 schrieb
et, dass sie bald an die Front kommen, dann bekam ich einen Brief
aus Kiew, einen aus Lwow, dann kam eine Karte mit der Feldpost
Nummer und das war alles. Ich hatte an diese Nummer 4 Briefe
geschrieben, aber alle kamen sie wieder zurück mit der Bemerkung
dass der Adressat nicht mehr anwesend sei...“
Er „sprang am 22. Januar 1945 nahe der Stadt Svitavy/Zittau ... ab,
... am 25. Januar wurde die Gruppe umzingelt. Mehrere Mitglieder
der Gruppe fielen im Kampf, Morche und ein weiterer Fallschirm¬
jäger wurden gefangen genommen. Helmut wurde nach einem
Verhör hingerichtet, sein Mitkämpfer zu Tode gefoltert.“
Die Aktion war so geheim, dass niemand die Hinterbliebenen dar¬
über informierte, dass die Teilnehmer dieser Partisanengruppe alle,
bis auf einen, umkamen. Die Aktion war offensichtlich schlecht
vorbereitet nicht einmal drei Monate Zeit für die Ausbildung! „Lei¬
der waren die aus der Sowjetunion entsandten [Fallschirmspringer-]
Abteilungen zum größten Teil ‚Himmelfahrtskommandos,, denn
sie waren mangelhaft ausgerüstet, falsch gekleidet und obendrein
nicht mit den erforderlichen Ausweisen, Lebensmittelkarten usw.
versehen.“
1945. Ende des Kriegs in Europa
Nach Ende des Kriegs beteiligten sich die überlebenden Brüder aktiv
an der Umsiedlung, der Vertreibung der Deutschen aus der CSR.
Von Oskar sind Briefe erhalten, in denen er, wegen der Zensur meist
nur angedeutet, seine Riickkehr in die Heimat beschreibt; manches
ist zwischen den Zeilen zu lesen.
In einem Brief vom März ‚45 schreibt er noch:
y+. stelle Dich auf den gesündesten Standpunkt und das ist ...
unsere Republik [die CSR. Anm. E.F] als die neue Heimat zu
machen ... neue Freunde hinzunehmen und in Konsequenz deren
Sprache lernen ...“*®
(Fritz hatte sich in England bemüht, Tschechisch zu lernen, mit
wenig Erfolg.)
Im Juni, noch in der Armee (inzwischen umgruppiert in die
U.S. Army) schreibt Oskar:
y+. jetzt wo die Umsiedlung von 100.000en Menschen vor sich
geht, die Fremdarbeiter, diese, welche in K.Z. waren und nicht
zuletzt unsere Faschisten, welche jetzt zwangsweise ohne Hab und
Gut selbstverständlich, denn das war ja alles gestohlen, heim ins
Reich müssen ... wo man hinsicht ist Hunger... Karl Hiebsch ...
kannst Du... noch mitteilen, dass wir in seinen Hause waren und
das ganze Tissa einschließlich der cechischen Finanzwache aufIhm
mit Ungeduld wartet, da seiner Meinung sehr große Bedeutung
beigemessen wird ... wir haben mit den meisten Komunisten aus
unserem Bezirk gesprochen und sind überrascht über ihre Tätigkeit
und ihre Rolle, welche sie hier spielen, haben mit ... vielen ... ge¬
sprochen und alle wünschen sich, dass Ihr alle recht bald hierher
kommt, um unser Werk fortzusetzen auf einem neuen umgeackerten
Boden. Auch der Frau des Gen. Melzer Alrthur] haben wir von uns
aus persönlich Grüße überbracht und etwas von seiner Arbeit in
England erzählt.“
Im Juni 1945 konnten Gottfried, Oskar und Herbert, noch in der
Armee, ihre Mutter in Pirna besuchen.“
Immer mehr desillusioniert schreibt Oskar:
„Du beneidest mich im Herzen Europas sein zu können doch wenn
Du all das mit erleben könntest oder müsstest dann würdest Du
anders urteilen. Ich bin durch mein Leben auf harten, dornigen
Wegen gegangen und in mir kommt der Wunsch mal wenigstens
kurze Zeit ausspannen zu können ... Vor mir steht die Entlas¬
sung aus der Armee und damit eine neue noch härtere Arbeit wo
es Entscheidungen zu fällen gibt wo ich trotz aller Erfahrungen
und politischem Denken und trotz meiner Ruhe mich dennoch zu
menschlich benehme und damit unfähig werde die mir gestellten
Aufgaben in dem gewünschten Sinne lösen zu können, ich habe
stehts an aktive Kräfte im D. V. [Deutschen Volk. Anm. E.F.]
geglaubt und bin überrascht in welch starkem Maße selbige heute
vorhanden sind, trotz allem, und wenn man den einen für schuldig
befinden soll nur weil Er eine bestimmte Sprache spricht während
der andere welcher die richtige Sprache spricht ... tun und lassen
kann was er will ... Du deutest in Deinen Brief an z.b. was der
Observer schreibt [ich vermute: über den Pogrom in Usti n.L./
Aussig oder Ähnliches. E.F] es alles zu wahr ja schlimmer noch
und ich glaube es wird künstlich erzeugt ...“"
Nach der Entlassung aus der Armee schreibt Oskar (auf englisch,
damit der Brief schneller durch die Zensur geht):
» Lam Discharged for about 7 weeks ... by chance I met Beuer
Gust in Prag and he is supposed to go back to England and nearly
everybody will be supprised to hear what's going on hier. A lot of
old Friends and Kamerades to meet is always a plasure especielly
if you hear of activity over the hole of the war wich we never got
trough to England and made us make wrong Decisions and now
we are going to defend them in spite of what the English Komrades
say ouer Aim is to evakuate ouer Friend wich not long ago have
been in Koncentracion Kamps and Prisons and all ouer Komrades
are happy about this Decision of ouer Partie, now I think you can
understand what it is like to fight for freedom under Kondisiones
which nobody understands so easy because he has been far away
from it ... [ich bin entlassen seit ungefahr 7 Wochen ... Zufillig
traf ich Beuer Gust [der 1939 die Emigration der sudetendeutschen
Kommunisten nach England organisiert hatte. Anm. E.F.] in Prag
und er wird vermutlich zurück nach England gehen und fast jeder
wird überrascht sein zu hören was hier vor sich geht. Viele alte Freun¬
de und Genossen zu treffen ist immer eine Freude, besonders wenn
du von Aktivitäten den ganzen Krieg über hörst, die wir nie nach
England durchbekommen haben, und uns falsche Entscheidun¬
gen treffen ließen, und jetzt werden wir sie verteidigen ungeachtet
dessen was die englischen Genossen sagen; unser Ziel ist es unsere
Freunde abzuschieben, die vor kurzem in Konzentrationslagern
und Gefängnissen waren und alle unsere Genossen freuen sich über
diese Entscheidung unserer Partei.
... jetzt wirst du, glaube ich, verstehen was es bedeutet für Freiheit
zu kämpfen unter Bedingungen, die niemand so leicht versteht,
weil er weit entfernt davon war.]““