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am 25. September 1894 in Graz als Gräfin Georgine Almäsy
von Zsadäny und Török-Szent-Miklös. Sie war polyglott und
musisch begabt, 1934 veröffentlichte sie unter dem Pseudonym
Georgine von Althaus Kurag. Roman aus Roter Sturmzeit. Viel
zu früh verstarb sie am 19. Juli 1954 an einem nicht erkannten
Brustkrebs. Ihr Vater war der legendäre Asien-Forscher György
Almäsy, der in Graz studiert hatte. Er gilt heute als „ungarischer
Seven Hedin“ und war Mineraloge, Botaniker, Zoologe, Anthro¬
pologe und Sprachwissenschaftler zugleich, der sogar Kirgisisch
erlernte. Der ältere Bruder Georgines hieß Janos, er wandte sich
später dem Nationalsozialismus zu. Der jüngere Bruder war
Ladislaus Eduard (Läszlö Ede) Almäsy. Dieser schlug sich als
Pilot und Abenteurer durchs Leben, er ging als Vorlage für den
Roman Der englische Patientvon Michael Ondaatje in die neuere
Literatur- und Filmgeschichte ein. Im tatsächlichen Leben war
er jedoch nicht Frauen, sondern Männern zugetan. Auch stand
er in Afrika im Dienste der Deutschen Wehrmacht und wurde
mit dem Eisernen Kreuz I. Klasse ausgezeichnet.

Seine Schwester Georgine jedoch war aus anderem Holz ge¬
schnitzt: Sie musste mit ihrer Familie nach dem „Anschluss“ 1938
auf das Gut nach Ungarn flüchten, wo Lorenz ein Gymnasium
der Benediktiner besuchte. Von dort aus betätigte sich Georgine
Gyömörey am katholischen Widerstand gegen das NS-Regime:
Da sie alle Schleichwege kannte, versteckte und schmuggelte sie
Menschen und vermutlich auch Waffen in beide Richtungen
über die Grenze. Der katholische Altpublizist Friedrich Funder
nannte sie postum „heldenhaft“. In einem Interview äußerte sich
Lorenz Gyömörey dazu: „Ich bin in einer total antifaschistischen
Umgebung aufgewachsen. Ich halte mich für einen lebenden
Zeugen gegen jene Deutschen, die sagen, wir wussten nicht, was
damals geschah. Nein! Wer es wollte, der konnte alles erfahren.
Alle kannten Auschwitz und das Ganze, wie wir es auch wissen.
Sicherlich, wer es nicht wollte und Hitler bewunderte, fand einen
Vorwand, es nicht zu erfahren. Da meine Eltern sehr konservativ
waren — eher in einem altösterreichischen Sinn — und monarchis¬
tisch, war der Antifaschismus in unserer Familie sehr intensiv.
Mit den Kommunisten könnte es vielleicht einen Kompromiss
gegeben haben. Mit den Faschisten niemals!“ Vor Kriegsende
wurde die ganze Familie von ungarischen Pfeilkreuzlern in den
Kasematten von Komärno inhaftiert, doch glücklicherweise vor
dem Anrücken der Roten Armee wieder freigelassen.

Die Matura legte Lorenz Gyömörey am 18. Februar 1949 am
Bundesgymnasium Mattersburg ab. Inzwischen war er sich seiner
Homosexualität bewusst geworden, woraufhin der Vater ihn ins
Wiener Priesterseminar steckte - eine damals übliche Praxis. Somit
studierte er in Wien bis Ende 1954 Theologie, die Dissertation
blieb unvollender. Parallel dazu absolvierte er das Kaplansjahr
in der Pfarre Wildendürnbach, NÖ. Die Priesterweihe erfolgte
am 29. Juni 1954 durch Kardinal Theodor Innitzer.” Danach
studierte er bis 1962 einige Semester Philosophie und Soziologie.

Von 1954 bis 1974 war er in der Jugendseelsorge der Erzdiö¬
zese Wien tätig. Im November 1957 erfolgte eine Anstellung
bei der Caritas der Erzdiözese Wien. Deren Präsident Prälat
Leopold Ungar hatte das IKZ initiiert und setzte Gyömörey als
Generalsekretär ein. Hier organisierte er Konzerte, Lesungen
und Diskussionsrunden. Angegliedert war ein von Erwin Ren¬
nert geleiteter und mit Geldern aus Deutschland finanzierter
„Deutschsprachiger Leseraum“ mit Bibliothek und einem Lesesaal

für aktuelle Zeitschriften. Ab 1960 fanden mehrmals Meister¬
kurse statt: mit Lotte Lehmann konnte ein Weltstar vergangener
Tage engagiert werden. Neben ihr unterrichteten Alfred Brendel,
Jörg Demus und der noch blutjunge Pianist Paul Badura-Skoda,
zu dem eine lebenslange Freundschaft entstand. In intensiven
Briefen erörterten sie Fragen der Kunst und der Theologie. Im
schriftlichen Nachlass findet sich sogar ein Schreiben von Henry
Miller, der eine Einladung nach Wien jedoch ausschlug. Meine
Mutter arbeitete von 1962 bis 1965 im IKZ, dann kamen mein
Bruder Alexander und ich zur Welt, ab 1967 arbeitete sie in der
Galerie nächst St. Stephan für Monsignore Otto Mauer. Das
IKZ beherbergte auch den Verein griechischer Studenten, die
sich somit dem Einfluss der von der Junta dominierten Botschaft
entziehen konnten.

Gyömörey wohnte in dieser Zeit im Institut Sacre Coeur der
Erzdiözese Wien am Rennweg 31, wo er auch als Seelsorger und
Beichtvater für die geistlichen Schwestern und ihre Schülerinnen
wirkte. Es entstanden Übersetzungen einiger Gedichte von Rainer
Maria Rilke ins Ungarische, aber sie dürften unpubliziert geblie¬
ben sein. 1954 feierte er einen ersten literarischen Erfolg, indem
er eine deutschsprachige Dramatisierung von Graham Greenes
Roman The End of the Affair erstellte, die im Esterhazytheater
aufgeführt wurde. Greene verlangte keine Tantiemen, da er Gyö¬
möreys Mutter noch gekannt hatte: „I am very sorry indeed to
hear of your mother's death. I only met her once, but she made a
very deep impression on meas I am sure she did on all who knew
her. It was certainly a sad opening to your priesthood.“ Ihrem
Widerstandsgeist erwies Lorenz Zeit seines Lebens alle Ehre.

Die bislang größte Aufgabe stellte das Jahr 1956 dar: die
Fluchtwelle von etwa 180.000 Menschen aus Ungarn nach
der gescheiterten Revolution gegen die mit größter Brutalität
agierende Geheimpolizei. Aufgrund seiner Sprachkenntnisse
schrieb Gyömörey Artikel zur Lage in Ungarn’ und arbeitete in
Wien für die Flüchtlingshilfe, speziell in der Seelsorge. In einem
Memorandum hielt er fest, dass nur ein schr geringer Anteil
als tatsächlich politische Flüchtlinge bezeichnet werden könne.
Ein Drittel sei aus purer Not geflohen, weil sie in Ungarn unter
dem Existenzminimum lebten, ein weiteres Drittel sei von den
Versprechungen von Radio „Free Europe“ angelockt worden,
und das letzte Drittel sei einfach mitgerissen worden. Besonders
dieses hätte keinen Plan für die weitere Existenz gehabt. Er weist
darauf hin, dass in Ungarn ein „System perfekter Unterdrückung
herrschte, welches im Vergleich zur NS-Zeit in Österreich als viel
umfassender und viel durchgreifender zu werten sei. Das Leben
der älteren Generation verlief in steter Angst und Unsicherheit,
seelischen Halt fand man in der Religion und der Familie. Eine
gewisse Verstärkung der Religiosität entstand auf diese Weise,
wenn auch vielfach in einem mehr oder minder oppositionellen
Sinn. In den schwächeren Charakteren hinterließ der Zwang,
besonders durch die andauernde Angst vor dem Entlassenwerden,
ein Abrücken von der Kirche“.® Für seine Schützlinge zeichnete
Gyömörey 1957/58 als verantwortlicher Redakteur der hektogra¬
phierten, Ungarisch-sprachigen Zeitschrift Fitalok Forum, (Forum
der Jugend, Zeitschrift für die ungarische Jugend in Österreich). Als
Herausgeber fungierten Winfried Bruckner und Dr. Gerhard
Schweißer von der Ungarn-Jugendhilfe des Österreichischen
Bundesjugendrings.

Unter den Flüchtlingen befanden sich auch mein Vater und
dessen jüngerer Bruder Zsolt Nikolaus Patka. Den beiden in

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