Luft, die steht. Echo des Verklungenen
tönt von den Wänden ¬
Pas befehlender Schrei, donnergrün:
Widersprich NIEMALS deiner Mutter!
Mas schwarz-purpurnes Schluchzen
Siehst Du, sie liebt mich WIRKLICH nicht!
Meine Beine wie gelähmt. In meinem Innern
detonieren Bomben.
Ich würge, ringe nach Luft,
dann explodieren meine Gedärme, wieder Durchfall.
Verbrannte Gefühle, Scherben,
gefroren in meiner Brust.
Keine Mordlust in meinem Herzen, aber
in meinem Kopf trommelt es, öffnet sich/schließt sich/tut weh.
Jedes Glied, jedes Wort in meinem Gehirn dröhnt.
Müde. Oh, so müde.
Aber aus meiner Kehle dringt
ein Lachen
Wir lächeln einander an über die Türschwelle hinweg.
Schön, dich zu sehen, murmeln wir.
Pa strahlt, Ma trägt geschäftig
Zimtkuchen und Kaffee auf.
Vielleicht sind wir doch nicht so haßerfüllt.
VII. Verfolgt
1.
Früher Morgen.
Eben haben wir uns geliebt,
mein Mann und ich.
Schön und verwirrt der Augenblick
Ich starre auf die Ziegelmauer New Yorks.
Gru, gru, ihr Morgentauben auf dem Fensterbrett.
Menschen sind ein hoffnungsloser Fall.
Ich erinnere die Sirenen in den Straßen,
die zusammengestiirzten Twin Towers,
den fetten Rauch, satt von Asche,
der sich in die Lungen fraß, als der Wind
nach Norden drehte, am Tag nach 9/11.
Mittleren Alters bin ich, unruhig umher. Jetzt da
der Terror real geworden. Amerika
ist nicht mehr der sichere Hafen.
Hitler-Gestank bedeckt die Wände,
erstickte Klage unter Großmutter Klaras seidenem Buchara.
Zwei Weltkriege. Angst und Verlust lassen uns nicht aus.
Ein unerbittlicher Panther schlägt seine Klauen
nach unserer Bettstatt,
die wir geduckt sind unter Daunen.
In dem aufgesperrten Maul blutgetränktes Fell,
ein grinsendes Loch, aus dem Fetzen
eines gerissenen Rehkitz fallen.
Wumwum geht sein langer Schweif wie eine bedrohliche Schlinge.
Jetzt bin ich Mutter von zwei kleinen Kindern —
erhitzte offene Gesichter warten auf eine Tasse Kakao.
Zu heiß, Mama.
Ich blase weg den Dampf,
errichte einen Kühlturm aus süßem Schaum.
Nun ab ins Bad mit Euch!
Helen ist Captain Hook, Jason ist Smee,
während die Piratenflagge schwarz durch den Badeschaum schwebt.
Gerade noch Zeit, rasch Nachrichten zu schauen.
Vorschau auf einen Dokumentarfilm
über den Bau von Nazi-Lagern — mitten
in den Glanz des polnischen Frühlings.
Großmutter Klara ist mit ihrer Schwester gegangen.
Gingen sie Arm in Arm, nackt, zitternd, in einem Schwall
gestoßen unter das Gift aus der Dusche?
Ich erbreche. Renne, mein verschmiertes Gesicht zu waschen.
Kinder, Zeit fürs Bett!
Mommy, warum sind deine Wangen nass?
Du bist so nervös, sagt meine Tochter. Sie spürt meine
Verzweiflung, als ich mich zu ihnen lege.
Nicht der Rede wert, ich habe mich nur an der Zehe gestoßen.
Später, im eigenen Bett, kämpfe ich dagegen an.
Ich ertrage es nicht mehr. Lasst mich aus!
Aber der Panther schnurrt und räkelt sich.
Leckt Benzin von den Pfoten, Benzin von den Öfen für
Menschenverbrennung.
Ich bin verdammt hinzuschauen, sitze verstummt.
Muss ich denn Leben mit Asche erwärmen?
Zu Mitternacht träume ich:
Geflüster alter Fotografien:
Streng der bärtige Urgroßvater, meine pummelige Mutter auf dem
Schoß.
Geheimnisvolle Damen in Reifrock und Korsett,
hochaufragende Straußenfedern an den Hüten.
Großtanten und Großmütter dann in frei fallenden
langen Kleidern.