von Limnos legitimierte. In der Folge bildete Pirker Partisanen
am Maschinengewehr aus, das die Soldaten seiner Einheit zusam¬
men mit anderen Materialien und Munition weggeworfen hatten
und das so in die Hände der Partisanen gelangt war. Zudem legte
er gemeinsam mit den Partisanen selbstgefertigte Minen auf der
Straße zwischen Lagkadas und Sochos.
Sehr bald schon wurde Pirker aber direkt dem Divisionsstab der
11. Brigade der ELAS zugeteilt, um sich von dort aus um die
Wehrmachtsoldaten in den Dörfern zu kümmern. So schrieb er
Briefe an sie, in denen er sie aufforderte, mit ihren Waffen zur
ELAS überzulaufen. Gemeinsam mit dem Berliner Kommunis¬
ten Max Lorenz war Pirker bald für rund 35 österreichische und
deutsche Überläufer zuständig, die er innerhalb des Bataillons der
ELAS zur Antifa-Einheit „Freies Deutschland“ zusammenfasste.
Nach dem Rückzug der Wehrmacht im Oktober 1944 übernahm
die ELAS in großen Teilen Griechenlands — so auch in Athen und
Saloniki — die Macht. August Pirker marschierte, nachdem sich
alle Bataillone der 11. Division rund um Saloniki gesammelt hat¬
ten, mit seiner Antifa-Finheit revolutionäre Lieder in deutscher
Sprache singend am 1. November in die Stadt ein.
Endlich war es soweit. Um 12 Uhr mittags begannen die Glocken zu
läuten und wir rückten den Berg hinunter auf die Stadt zu, wo der Ein¬
marsch der ELAS-Truppen zu einem grandiosen Volksfest wurde. [...]
Überall wurden wir bewirtet. Griechische Nationalfahnen in den Hän¬
den der ELAS und EAM konnten wieder öffentlich getragen werden.
Pfaffen und Bürger, Bauern und Arbeiter, Soldaten und Frauen und
Mädchen in der Menge auf der Strafe, wie ich es nie zuvor gesehen habe.
Singend und tanzend, freudestrahlend ging es durch die Stadt. Endlich
wieder frei, die Deutschen abgezogen und Friede im Lande eingekehrt"
Doch der Friede währte nicht lange. Zunächst verfolgte August
Pirker mit seinem Bataillon noch die sich Richtung jugoslawische
Grenze zurückziehenden Deutschen, wobei es vereinzelt noch
zu Gefechten kam. Nachdem die Briten in die von der ELAS
befreiten Städte einmarschiert bzw. auf den von den Deutschen
verlassenen Inseln gelandet waren und begonnen hatten, die ös¬
terreichischen und deutschen Angehörigen des Strafbataillons
999 genauso wie die „normalen“ Wehrmachtssoldaten als Kriegs¬
gefangene nach Ägypten zu transportieren, mussten die noch in
den Reihen der ELAS aktiven Österreicher und Deutschen eine
Entscheidung treffen, was sie nun zu tun beabsichtigen. Dies vor
allem auch deshalb, da nach der Niederschlagung des Volksauf¬
stands in Athen im Januar 1945 von den Briten und der von ih¬
nen eingesetzten Regierung gefordert wurde, dass sich die ELAS
aus allen größeren Städten zurückziehen und alle Österreicher
und Deutsche — egal ob Gefangene, Überläufer oder Partisanen
- als Kriegsgefangene an die Briten ausliefern muss. Während die
Gefangenen den Briten übergeben wurden, zogen sich die antifa¬
schistischen Kämpfer gemeinsam mit der ELAS aus den Städten
zurück und gingen mit ihnen in die Berge, um nicht doch noch
in britische Kriegsgefangenschaft zu geraten. Die Gruppe um
Pirker zog sich im Jänner 1945 mit dem 19. Regiment der ELAS
aus Saloniki zurück und marschierte über Sochos und Nigrita in
das von Bulgaren gehaltene Gebiet. Sie entschieden sich für die¬
sen Weg, da — wie Pirker schilderte — „viele unserer Kameraden
sehr schlechtes Schuhwerk hatte(n) und die Strapazen durch das
winterliche Jugoslawien nicht bestanden hätte(n). Wir dachten,
durch die Wahl dieser Grenze gleich in ein Land zu kommen
mit normal funktionierender Eisenbahn, wo es dann schnell in
Richtung Heimat geht.“ *! Das sollte sich letztlich als großer Irr¬
tum herausstellen. Denn nachdem sie unter der Begleitung grie¬
chischer Kämpfer an die Grenze zu Bulgarien gebracht worden
waren, kamen sie in sowjetische Kriegsgefangenschaft. Dabei
half es auch nichts, dass Pirker einem General der Roten Armee
erklärte, dass sie Partisanen seien und weiter aktiv am Kampf
teilnehmen wollten. Das einzige Entgegenkommen des Generals
war, wie Pirker meinte, dass sie im Lager eine Schreibmaschine,
Papier und Unterlagen erhielten, um ihre antifaschistische Arbeit
fortzusetzen.’ Diese war aber nicht von langer Dauer, denn im
März 1945 wurden sie mit einem Kriegsgefangenentransport von
Sofia in die Sowjetunion überstellt, wo sie, wie andere Kriegsge¬
fangene auch, Zwangsarbeit leisten mussten.
Nachgeschichte: Internierung in Ägypten und
Weiterkämpfen in Jugoslawien
Auch in anderen Teilen Griechenlands erlebten die zu den Parti¬
sanen übergelaufenen Österreicher Ähnliches. So berichtete der
auf Samos zur ELAS übergetretene Fritz Hanacik:
Die Partisanen hatten nach dem Abzug der Deutschen nur kurze Zeit
die Macht inne. ELAS und EAM wurden mit Hilfe der Engländer,
welche die in Ägypten stationierte griechische Armee von allen Links¬
kräften gesäubert hatten, von den königstreuen Truppen und Kräften
bald an die Wand gespielt. |...] Die Engländer mischten sich in den
ersten Tagen in die griechischen Verhältnisse nicht ein, vielleicht war¬
teten sie den völligen Abzug der deutschen Truppen ab. Nach etwa
zwei Wochen wurden dann alle verbliebenen deutschen Soldaten
ultimativ aufgefordert, sich zu stellen, ansonsten sie als Freischärler
behandelt werden würden — was tatsächlich in einigen Fällen, wo sich
Deutsche den Partisanen angeschlossen hatten, geschehen ist.
So blieb Hanacik, der mit dem aus St. Pölten stammenden Karl
Berger und einem Deutschen bei den Partisanen war, nichts an¬
deres übrig, als sich zu dritt den Briten zu ergeben. Sie wurden
Anfang Oktober 1944 nach Alexandria in Ägypten gebracht, von
wo sie in ein Kriegsgefangenenlager bei den Bitterseen gebracht
wurden. Dort wurden sie alles andere als herzlich empfangen, da
dort fanatische Nazis innerhalb des Gefangenenlagers die Macht in
den Händen hielten und die militärische Disziplin und Rangordnung
mit Hitler-Gruß, Orden etc. aufrecht hielten. Die wirkliche mili¬
tärische und politische Lage des nationalsozialistischen Deutschland
wurde von ihnen glatt geleugnet. Die ersten, die sich als Widerstands¬
kämpfer zu erkennen gaben und über die wahren Verhältnisse berich¬
teten, wurden einfach ermordet.”
Gegen diese Zustände regte sich Protest im Lager aber auch in Gro߬
britannien, sodass die Österreicher Ende Oktober 1944 in ein eigenes
Lager, das Camp 380 kamen, wo sich immer noch rund ein Drittel
als Deutsche registrieren ließ. Die anderen organisierten sich inner¬