Anlässlich des zweiten Jahrestags der Demokratischen Armee
Griechenlands (DSE) und dem siebenten Jahrestag der Grün¬
dung der Griechischen Volksbefreiungsarmee (ELAS) fand im
Tabor-Kino in Wien am 14. November 1948 vor rund 1.200
Besuchern eine „Solidaritätskundgebung für die Opfer des fa¬
schistischen Blutterrors“ in Griechenland statt. Nach der Begrü¬
ßung durch den Wiener Stadtrat Viktor Matejka, der auch der
Vorsitzende des Österreichisch-Griechischen Hilfskomitees war,
trug der Autor Otto Horn Partisanengedichte vor, und der Autor
Hans Just schilderte seine persönlichen Erlebnisse als „Wehrun¬
würdiger“ im Strafbataillon 999 in Griechenland in den Jahren
1943/44 und meinte — wie es im Bericht der Volksstimme zwei
Tage später hieß — „Die Anglo-Amerikaner haben aus der Wiege
der Demokratie eine Mördergrube gemacht, aber die investierten
Pfunde und Dollars werden sich in Griechenland ebensowenig
rentieren wie in China!“
Auch für Just wiederholte sich im November 1948 ein Jahrestag,
war er doch - als Folge seines Einsatzes in Griechenland - erst
zwei Jahre zuvor, am 30. November 1946, aus der britischen
Kriegsgefangenschaft freigekommen und nach Wien zurückge¬
kehrt. Dass er überhaupt in Kriegsgefangenschaft gelandet war,
hängt mit den Ereignissen an den Fronten des Zweiten Weltkriegs
und letztlich mit dem beginnenden Kalten Krieg zusammen.
Hans Just wurde am 22. August 1907 in Wien geboren, wo er in
bescheidenen Verhältnissen aufwuchs, die Schule besuchte und
auch studieren wollte. Da dies aus finanziellen Gründen nicht
möglich war, nahm er eine Arbeit bei der Wiener Städtischen Ver¬
sicherung an. Der innerhalb der Sozialistischen Arbeiter-Jugend und
der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Aktive war auch litera¬
risch tätig und konnte bereits 1927 erste Gedichte veröffentlichen.
Zudem gehörte er der Karl Kraus-Vereinigung an, die sich im
Cafe Parsifal traf, und nahm auch an den Zusammenkünften der
sozialdemokratischen Karl Kraus-Freunde im Cafe Palffy teil.?
Nach dem „Anschluss“ 1938 war er in einer Widerstandsgruppe
in der Städtischen Versicherungsanstalt rund um Otto Binder
aktiv und stellte zudem für die Kreisleitung der Wiener Bezir¬
ke vier bis sechs der KPÖ rund um Eduard Jaroslavsky mehre¬
re Flugschriften mit dem Titel Nachrichtenblatt der Roten Fahne
her.? Just wurde in diesem Zusammenhang im Dezember 1939
von der Gestapo verhaftet und gemeinsam mit anderen wegen
„Vorbereitung zum Hochverrat“ angeklagt. Während Jaroslavsky
am 11. Juni 1941 vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und
in Berlin hingerichtet wurde, erhielt Hans Just eine 12jährige
Zuchthausstrafe und zehn Jahre Ehrverlust.? Just kam nach Stein
an der Donau in Strafhaft, von wo er im Juli 1943 — wie viele
andere politische Häftlinge auch — für bedingt „wehrwürdig“
erkannt, gemustert und zur militärischen Ausbildung für „Weh¬
runwürdige“, die im Strafbataillon 999 zusammengefasst wur¬
den, nach Heuberg bei Stetten am kalten Markt (Baden-Würt¬
temberg) gebracht. Im Dezember 1943 wurde seine Einheit nach
Griechenland gebracht, von wo sie allerdings nach nur wenigen
Tagen in Athen auf Grund des raschen Vormarsches der Roten
Armee an die Ostfront verlegt wurde und in Berislaw am Dnjepr
zum Einsatz kam.’ Nachdem in diesem Frontabschnitt zahlreiche
Soldaten der Bewährungseinheit desertiert waren, wurden 125
politisch „Unzuverlässige“ — unter ihnen auch Just - in den Ker¬
ker geworfen und „jeder zehnte“ mit dem Erschießen bedroht. In
der Folge wurden sie rund 30 Kilometer hinter der Front ohne
Waffen zu Schanzarbeiten eingeteilt und Ende Februar 1944 wie¬
der zum Truppenübungsplatz Baumholder zurückgebracht. Ende
Juni 1944 kamen sie erneut nach Griechenland, wo sie zu Besat¬
zungsaufgaben in und um Volos eingesetzt wurden.“
Innerhalb des Bataillons planten einige der politisch organisierten
999er — nachdem diese Kontakte zur Bevölkerung bzw. zu den in
den umliegenden Bergen befindlichen Partisanen der ELAS aufge¬
nommen hatten — einen Aufstand und ein geschlossenes Übertre¬
ten der 999er mit Waffen und Munition zur ELAS. Da dies aber
verraten wurde und sich so nicht verwirklichen ließ, desertierten in
der Folge trotz erhöhter Wachsamkeit innerhalb der Einheit immer
wieder Einzelne bzw. kleinere Gruppen von Soldaten.
Just, der gemeinsam mit 13 anderen — darunter den Wienern Jo¬
hann Schagl und Franz Wohoska — auf dem Stützpunkt Dimini
rund eine Stunde von Volos entfernt stationiert war, kam dort mit
einer französisch sprechenden Griechin in Kontakt, die sich spä¬
ter als Emissärin der griechischen Widerstandsbewegung erwies
und ihnen riet, im Zuge der sich abzeichnenden Absetzbewe¬
gung der Deutschen aus Griechenland nicht mitzumarschieren,
sondern hier zu bleiben. Als im September 1944 rund um den
aus Bruck an der Mur stammenden Angehörigen der 999er Karl
Mandl mehrere „Wehrunwürdige“ zur ELAS überliefen, „warnte
der Kompaniechef die übrigen eindringlich: “Wenn noch einer
stiften ginge, würde jeder Zehnte erschossen.’“ Daher durfte kei¬
ner mehr alleine weggehen und der Besuch in der Stadt musste
von einem Soldaten aus der Stammmannschaft „begleitet“ wer¬
den. Dennoch gelang es in der Folge immer wieder Soldaten zur
ELAS überzulaufen — so auch Just mit seinen Wiener Genossen
am 18. Oktober, einen Tag vor dem Abzug der deutschen Trup¬
pen aus Volos. Dabei kam ihnen ein Zufall zu Hilfe. Denn als