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prangt in 25 Millimeter großen, roten Lettern
auf der Titelseite. Darunter in schwarz, 15
Millimeter hoch: „Mappe der Menschlich¬
keit“ und noch kleiner die Inhaltsangabe:
„Im September 1958 berichtet sie über einige
Beispiele menschlicher Gesinnung vom Au¬
gust 1958.“ — 17 Artikel: Eine vierjahrige Le¬
bensretterin. Drei Kinder aus den Flammen
geholt. Scheuende Pferde mutig aufgehalten.
Zum Beispiel, aber auch: Deutsche Bischéfe
gegen den Hunger in der Welt. Jugend baut
Brücken. Wie Flüchtlinge sind wir, ... . Alles
unter dem Motto: „Sie (die Mappe — Anm.
Tid]) sieht das Gute i Unterrichtsminister m
andern, sie hört das Gute vom andern und
schreibt über das Gute den andern. So möge
das Gute gut wandern!“

Argument gegen so eine Monatsschrift: viel
davon kann man auch in der normalen Ta¬
gespresse lesen. Stimmt vielleicht. Aber „Das
Gute — Mappe der Menschlichkeit“ war of¬
fizieller Lernbehelf. Siehe Vermerk auf der
letzten Seite: „Vom Bundesministerium für
Unterricht zur Verwendung als Klassenle¬
sestoff in allen Schulen zugelassen. (Zahl:
82.761 — 18/58. v. 9. 9. 58). Wir bitten alle
Schulen dringend, die Broschiire als Klas¬
senlesestoff zu beziehen! Preis pro Nummer
75 Groschen.“

Als Klassenlektüre habe ich die „Mappe
der Menschlichkeit“ auch in Erinnerung.
Sie eignete sich zum Vorlesen, als Diskus¬
sionsgrundlage. Längere Texte wurden als
Hausübungen vergeben: Nacherzählungen
— mündlich und schriftlich.

Gründer und einziger verantwortlicher

Briefe

Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen herzlichen Dank, dass in das letz¬
te Magazin zwei meiner Gedichte aufge¬
nommen wurden. Glauben Sie mir, ich
weiß das zu schätzen.

Der Teil über Griechenland ist in seiner
Darstellung und Fülle beeindruckend.
Ich habe selbst während der Militärdikta¬
tur 1973 eine Griechenlandrundfahrt ge¬
macht. In den Touristenorten an der Küs¬
te war so gut wie alles wie ch und je. Aber
nur ein paar Kilometer im Hinterland sah
es nicht nur politisch, sondern auch be¬
dingt durch große Armut anders aus.
Zur „Angst“ von Lisa Emanuely ein Bon¬
mot: „Angst verbraucht mindestens so
viel Energie wie Mut.“ Also ...?

Den interessanten Artikel von Georg Tidl
darf ich hinzufügen, dass in den Berufs¬
schulen seit mehr als fünf Jahrzehnten
der Gegenstand „Politische Bildung“ in
allen Schulstufen unterrichtet wird, in
Niederösterreich zwei Wochenstunden
pro 10-Wochen-Lehrgang und auch viel
Raum für demokratische Erziehung und
Erziehung zur Toleranz bietet. Wenn ich
allerdings einige Entwicklungen der letz¬
ten eineinhalb Jahrzehnte anschaue, muss
ich mich auch hinterfragen, ob wir als
Lehrpersonal in dieser Zeit wirklich alles

74 ZWISCHENWELT

Redakteur damals: Alois Jalkotzy, sozialis¬
tischer/sozialdemokratischer Aktivist und
Funktionär, Lehrer an der Schönbrunner
Erzieherschule der Kinderfreunde, Sekretär
der Kinderfreunde, Wiener Gemeinderat.
Mitglied der Quäker seit 1920. Nach dem
Zweiten Weltkrieg war er von 1947 bis 1949
Direktor des Erziehungsheims der Stadt
Wien in Eggenburg, Ursprünglich als Kon¬
zept zur Resozialisierung von straffällig ge¬
wordenen oder gefährdeten Jugendlichen ge¬
dacht, entstand in diesen Jahren die „Mappe
der Menschlichkeit“. Die Jugendlichen soll¬
ten eine monatliche Zeitung produzieren —
nur mit positiven Nachrichten. Zunächst für
den lokalen Rahmen gedacht wurde daraus
ein Lehrmittel für die öffentlichen Schulen.
Im Jänner 1987 starb Alois Jalkotzy, 95jah¬
rig. „Das Gute. Mappe der Menschlichkeit.
Bücher fiir den Frieden.“ 36. Jahrgang. Ok¬
tober 1986. Erschienen ein Jahr vor dem Tod
Alois Jalkotzys. Wieder ein Zufallsfund aus
dem Archiv. Das Heft ist etwas größer. C5.
Glanzpapier. Moderneres Layout. Als Her¬
ausgeber firmieren die Arbeitsgemeinschaft
zur Förderung internationaler Kinder- und
Jugendbüchereien für den Frieden und die
Gesellschaft österreichischer Kinderdörfer.
Auf der Seite zwei begrüßt der damalige
Unterrichtsminister Dr. Herbert Moritz die
Leser. Auf drei Seiten werden Bücher ange¬
boten, auf drei Seiten Artikel zu Büchern.
Zwei Seiten sind dem Schwerpunkt Frie¬
den gewidmet, zwei Seiten Firmenannon¬
cen. Dazu ein Kurzgedicht von Volker von
Törne: „Frage: Mein Großvater starb an der

richtig gemacht haben? Auch ich selbst
denke oft darüber nach, was ich mehr, an¬
ders, besser hätte machen können ... Das
Ergebnis heutzutage scheint mir jedenfalls
nicht immer sehr befriedigend zu sein ...
Mit lieben Grüßen

Kurt F. Svatek, Wien, 2. August 2021

Lieber Konstantin,

Ich komme aus dem Urlaub und finde die
neueste Nr. vor. Nur vorläufig: Bin über¬
wältigt.

Zu Martin Heidegger endlich ein ent¬
scheidendes Wort. Die Deutschen haben
es nicht über die Lippen und das Gehirn
gebracht. Ich habe ganz jung übers Voka¬
bular von SEIN UND ZEIT publiziert.
Schon da ist ein gehöriger Anteil aus
MEIN KAMPF. Aus den SCHWARZEN
HEFTEN haben wir nur unkontrollier¬
bare Extrakte. Die harmlosesten Stellen
wahrscheinlich. Der Mann hat seine Par¬
teibeiträge bis ans Lebensende bezahlt...
Wollt Ihr nicht zu Liessmann eine ganze
Nr. machen. Auch er ist durch NICHT¬
DENKEN gefährlich, und das zieht heute
Publikum an. Er gebärdet sich als Rund¬
funkbesetzer und Salzburg-Terminator.
Dir in Verbundenheit und Herzlichkeit
Charles Ofaire, Marburg, 6. August 2021

Westfront; mein Vater starb an der Ostfront;
an was sterbe ich?“ und eines von Rudolf
Otto Wiemer: „Folge: Bei jedem Sieg hatten
wir schulfrei. Wir siegten viel. Deshalb ha¬
ben wir wenig gelernt.“ Von der alten Versi¬
on „Das Gute“ ist nach 30 Jahren nur eine
Seite übergeblieben — mit zwei Geschichten:
„Behinderte erlebten die Bergwelt“ und „Le¬
bensrettung nach Unfall“.

30 Jahre politische Entwicklung — das Gute
im Menschen hatte es immer schon schwer
— alternative Medien auch. Information ist
längst zur Ware verkommen — ein Gemein¬
platz. Gutes ist schlecht zu verkaufen. Daher
fehlt es in den Regalen unserer Gesellschaft.
Es fordert auch keiner: Mehr Gutes in die
Schule, in den Lehrplan. Wer will schon
freiwillig zu den Irren und Wirren gehören?

Gäbe es noch das alte „Das Gute“ hätte die
stillende Jüdin wenigstens den Weg in die
Schulen gefunden.

Die Story, jüdische Mutter und hungriges
palästinensisches Kind, hätte journalistisch
breiter aufgestellt vielleicht sogar Gutes in
größerem Maße bewirken können: einen
Zusammenschluss der Mütter diesseits und
jenseits der Grenze - im Sinne und Auftrag
ihrer Kinder. Stillen steht immer ganz am
Anfang eines Menschenlebens. ...und wie
geht es weiter?

August 2021

Anmerkung

1 Klammer im Originaltext

ARBEITEBEWEGUNG GESCHICHTE

ZEITSCHRIFT FÜR HISTORISCHE STUDIEN

ARBEIT — BEWEGUNG - GESCHICHTE widmet sich der
Geschichte von Arbeit und Ar¬
beiterbewegungen in Deutsch¬
land und der Welt. Die Zeit¬
schrift präsentiert Aufsätze,
biografische Skizzen, Doku¬
mente und Diskussionsbeiträ¬
ge. Das Themenspektrum
reicht von der Global Labour
History bis hin zur Regional¬
und Alltagsgeschichte, vom Frühsozialismus bis zur Neu¬
en Linken. Soziale Bewegungen, Arbeiterparteien und
Gewerkschaften sind ebenso Thema wie die Geschichte
des Staatssozialismus. Ein umfangreicher Rezensionsteil
sowie Tagungsberichte runden jedes Heft ab.

ARBEIT — BEWEGUNG - GESCHICHTE erscheint dreimal
jährlich (Januar, Mai und September) im Berliner Metropol
Verlag. ISSN: 2366-2387 + Einzelheft 14€, zzgl. Porto - Jahres¬
abonnement (3 Hefte): 35 € (Ausland 45€) - Ab 1.1.2022:
39€ (49€) einschl. Porto - Bestellungen an den Metropol
Verlag: veitl@metropol-verlag.de

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