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weiteren Radikalisierung der „Entjudung“ der österreichischen Wirtschaft. Die Methoden des Kampfes um die Futterkrippe gerieten immer heftiger, Spießbürgergemeinheit und Niedertracht lösten die bisher als Triebfeder vorherrschenden Minderwertigkeitsgefühle und Neidkomplexe ab. 1. Der Pinzgau als nationalsozialistisches Kraftfeld Der politische Bezirk Pinzgau im Salzburger Land war von Anbeginn des Nationalsozialismus ein Kulminationsbereich, ja geradezu ein Epizentrum dieser terroristischen politischen Bewegung. Bezeichnend dafür ist, dass bereits ein Jahr nach Ende des Ersten Weltkrieges in Zell am See und Saalfelden der Nationalsozialismus seine ersten fixen Standpunkte entwickelte. In Zell am See wurde schon 1922 der Nationalsozialist Josef Ernst zum Bürgermeister gewählt und konnte dieses Amt neun Jahre ausüben. Schon vor dem Parteienverbot durch den Austrofaschismus am 19.Juni 1933 wurde in den Dörfern Thumersbach (heute ein Stadtteil von Zell am See) und Unken Adolf Hitler zum Ehrenbürger ernannt”. Die Weltwirtschaftskrise und die damit gekoppelte Agrarkrise der späten zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts verstärkte die Zugkraft der Nationalsozialisten, wodurch der im Agrarwesen bislang stark verankerte Bauernbund seine Integrationskraft einbüßte. Bei einem Bauerntreffen als Protest gegen die Verarmung der Landwirte in Zellam See am 15.11. 1931 versammelten sich ca. 4.000 Personen‘. Diese Veranstaltung nutzten die Nationalsozialisten zu einer aggressiven Propaganda aus, die in der Folge durch zahllose Versammlungen und Aufmärsche verstärkt wurde. Bei der Landtagswahl 1932 erreichten die Nationalsozialisten in sieben agrarisch dominierten Gemeinden und in der Bezirksstadt Zell am See mehr als 40 Prozent der gültigen Stimmen. Die Erfolge der Nationalsozialisten im Pinzgau waren nicht nur der wirtschaftlichen Notsituation der Bergbauern geschuldet, sondern hingen auch stark mit meinungsbildenden Persönlichkeiten und NS-Aktivisten aus dem Agrar- und Handwerksbereich Ort Rauris 931 Krimml 298 Unken 682 Niedernsill 684 Lofer 390 Zell am See 1.899 Bucheben 127 Viehhofen 222 zusammen. In Viehhofen war dies der Sägewerksbesitzer Bruno Streyhammer, in Neukirchen am Großvenediger der Landwirt Johann Schwarzenbacher, in Saalfelden der Gast- und Landwirt Hans Dözelmüller, in Mittersill-Land (70 Prozent der Bevölkerung aus dem Agrarbereich) der Bürgermeister Rupert Steger. In Zell am See gelang es vor allem dem nationalsozialistischen Bürgermeister Josef Ernst (in dessen Amtszeit die Gemeinde zur Stadt erhoben wurde) und dem Schuhmachermeister Rupert Lanner, die Wählerschaft für die NS-Ideologie zu gewinnen’. In Rauris, der flächenmäßig größten und rein agrarisch dominierten Gemeinde, erzielte die NSDAP ihren bedeutendsten Erfolg. Dies dürfte auf den jungen Sprengelarzt Dr. Rudolf Radauer und den Schmiedemeister und Ortsgruppenleiter Franz Koweindl zurückzuführen sein, der nach der Landtagswahl 1932 zum Landtagsvizepräsidenten gewählt wurde. Sein Begräbnis am 17. August 1933 wurde von den Nationalsozialisten trotz des Parteienverbots zu einer gewaltigen Kundgebung, als an die 700 Teilnehmer die Hand zum Hitlergruß erhoben, als Koweindls Sarg in das Grab gesenkt wurde°. Von besonderer Aussagekraft ist auch, dass von der gefährlichsten Gruppe der im Austrofaschismus verbotenen NS-Aktivisten, den „Blutordensträgern“ des Landes Salzburg, die mit ihren Sprengstoffanschlägen die Bevölkerung einschüchterten, 30 Prozent aus dem Pinzgau stammten, obwohl dieser politische Bezirk nur 16 % der Salzburger Bevölkerung ausmachte. Von den 138 „Vorkämpfern des Reiches“ kamen 42 aus dem agrarisch dominierten Pinzgau, die meisten von ihnen aus Saalfelden und Zell am See’. 2. Die Arisierung jüdischen Eigentums im Pinzgau Mit der Machtergreifung Hitlers im März 1938 begann zunächst eine wirtschaftliche „Entjudung“, die schließlich im Holocaust mit einem Massenmord von 6 Millionen Opfern endete. Die Zwangsarisierungen wurden zu einer attraktiven und profitablen Beute von NS-Parteigenossen. Auch der Pinzgau blieb von den Beutezügen und der vom NS-Staat legalisierten Beraubung des Privateigentums jüdischer Salzburger nicht verschont. Wie die Salzburger Historiker Gert Kerschbaumer und Albert Lichtblau erforscht haben, wurden in Zell am See und Umgebung NSDAP-Stimmen in Prozent der gültigen Stimmen 54,34 % 50,90 % 48,20 % 45,69 % 43,51 % 43,77 % 43,16 % 40,99 % August 2022 11