Der unrühmliche Erwerb des Schlosses Prielau am Nordufer des
Zeller Sees durch den Bildhauer Josef Ihorak ist geradezu bei¬
spielhaft für die Arisierungsprozesse während der Nazizeit und
für die riicksichtslose Gewinnsucht der Arisierer?. Das Schloss
Prielau befand sich nämlich im alleinigen Besitz der Witwe des
1929 durch einen Schlaganfall aus dem Leben geschiedenen
Dichters Hugo von Hofmannsthal, Gertrude von Hofmanns¬
thal. Da sie als Volljüdin nach den NS-Gesetzen von einer völ¬
ligen Enteignung ihres Besitzes bedroht war, versuchte sie, das
Schloss in Form einer Schenkung an ihre Tochter Christina zu
übertragen, die durch ihre Ehe mit dem „arischen“ Dr. Heinrich
Zimmer als „Mischling“ eingestuft wurde. Da mit dem Schloss
ein erheblicher Landwirtschaftsbesitz verbunden war, lehnte das
Ministerium für Landwirtschaft die Schenkung allerdings ab.
Die Familie Zimmer, die mittlerweile ins Ausland geflüchtet war,
versuchte von dort, die gesamte Liegenschaft an das befreunde¬
te Ehepaar des Schärdinger Brauerei- und Ziegeleiunternehmers
Kapsreiter zu veräußern. Doch die NS-Behörden schoben diesem
Bestreben einen Riegel vor. Kapsreiter versuchte sogar, über eine
Intervention des aus dem Pinzgau stammenden NS-Staatssekre¬
tars Kajetan Mühlmann die Legalität des Erwerbs durchzuset¬
zen. Doch die Gestapo beschlagnahmte Ende 1941 den Besitz,
wodurch weiterhin Gertrude von Hofmannsthal Eigentümerin
war. Als Jüdin wurde ihr aber dann die deutsche Staatsbürger¬
schaft entzogen und ihr gesamtes Eigentum an das Deutsche
Reich übertragen. Der damalige Reichsstatthalter von Salzburg,
Friedrich Rainer, trug sich sogar mit der Absicht, die Liegen¬
schaft für die Errichtung eines Krankenhauses zu reservieren.
Doch dann ordnete Adolf Hitler selbst an, den üblichen Amts¬
weg zu ignorieren. Das Schloss Prielau samt den landwirtschaft¬
lich genutzten Flächen ging daher mit Kaufvertrag vom 10. April
1943 in den Besitz des Bildhauers Josef Thorak über. Die Begrün¬
dung für die Übertragung auch des landwirtschaftlich nutzbaren
Areals durch den mittlerweile amtierenden Reichsgauleiter Dr.
Scheel lässt tief in die politischen Strukturen des NS-Regimes
blicken: Thorak müsse auf dem Areal einige vom Führer ge¬
schenkte Modellpferde halten.
Ab 1943 und in den ersten Jahren nach dem Ende des Zweiten
Weltkrieges konnte man daher im Park des Schlosses Prielau mo¬
numentale Steinplastiken, die dem nordisch-germanischen Hel¬
denkult des Nationalsozialismus entsprachen, bestaunen. Ihorak
war einer der größten Karrieristen unter den Künstlern, die es auf
Grund ihrer Nähe zu den Nazi-Größen auf die „Gottbegnadeten¬
Liste“ der zwölf wichtigsten bildenden Künstler des Dritten Rei¬
ches brachte. Er wurde als Sohn eines aus Ostpreußen stammen¬
den Töpfers und einer Salzburger Buchbinderin am 7. Februar
1989, also in Hitlers Geburtsjahr, in Wien geboren. Gleich nach
der Geburt zog die Mutter aber in ihre Heimatstadt Salzburg.
Thorak wurde früh Waise und verbrachte seine Kindheit und Ju¬
gend überwiegend in katholischen Jugendheimen. Als es mit dem
Priesterberuf, für den ihn seine Mutter vorgesehen hatte, nichts
wurde, ging er auf Wanderschaft und erlernte in Bulgarien das
Töpferhandwerk. Nach seiner Rückkehr nach Österreich besuch¬
te er die Akademie der Bildenden Künste in Wien und beendete
schließlich sein Studium in Berlin.
Seine zweite Frau Hilda Lubowski war die Schwester eines jüdi¬
schen Arztes, der lange Jahre die Filmemacherin Leni Rieffens¬
tahl als Hausarzt betreute. Als Hitler in Deutschland 1933 die
Macht ergriff, ließ sich Ihorak von seiner Frau scheiden. Sowohl
der Boxweltmeister Max Schmeling als auch der Filmemacher
Luis Trenker, mit denen Thorak eng befreundet war, versuchten
ihn zu überreden, doch bei Hitler um eine Sondergenehmigung
anzusuchen, die ihm ein weiteres Zusammenleben mit seiner
jüdischen Frau ermöglicht hätte, wie dies etwa dem Filmschau¬
spieler Hans Moser gewährt worden war. Thorak lehnte dies je¬
doch ab, seine Frau und sein Sohn mussten emigrieren und gelten
seither als verschollen. 'Ihorak hat sich auch nach dem Ende des
Krieges nie darum bemüht herauszufinden, was aus ihnen ge¬
worden ist.
Thorak war mittlerweile als große Begabung von den Nazi-Grö¬
ßen erkannt worden. Joseph Goebbels schrieb später in sein Ta¬
gebuch: „7horak ist unsere größte plastische Begabung. Dem muss
man Aufträge geben“. Und diese Aufträge bekam er dann auch.
So konnte er 1937 bei der Weltausstellung in Paris das Deutsche
Haus, das sein Freund, der Rüstungsminister Albert Speer, ent¬
worfen hatte, mit seinen Plastiken bestücken. Speer schuf ihm
dann auch ein riesiges Atelier für seine Gigantoplastiken in Bald¬
ham in der Nähe von München. Neben Arno Breker wurde Tho¬