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ICH BIN UNSCHULDIG

Komödie von J. v. Vaszary
Ort der Handlung: Ein Kurort am Plattensee

I. Akt: in einem Zimmer eines Luxushotels —_—

unglücklich über den Krieg sind und diesen in keinster Weise
verherrlichen. In diesem Kontext ist es wichtig zu erwähnen,
dass sich im Nachlass von Alisa Stadler auch Lernunterlagen für
Arabisch finden, was zeigt, dass sie selbst nicht nur in Hinblick
auf das Judentum und Israel daran arbeitete, Vorurteile ande¬
rer abzubauen, sondern dass sie umgekehrt auch bei sich selbst
ansetzte, und sich um ein besseres Verständnis des arabischen
Standpunktes bemühte.

Alisa Stadler scheint überhaupt eine schr resolute und engagierte
Zeitgenossin gewesen zu sein, davon zeugen ihre Leserbriefe zu
Israel oder Antisemitismus. Für Amnesty International schrieb sie
unter anderem an Prinz Saud Al-Faisal, dem damaligen Außen¬
minister Saudi-Arabiens, um zu erwirken, dass Q. M. As-Saabe
geholfen werde, der zum damaligen Zeitpunkt bereits sieben
Jahre ohne Prozess im Gefängnis verbracht hatte. Für Prof. Wil¬
helm Dantine war sie als Sekretärin in der Teilhard de Chardin¬
Gesellschaft tätig. Auch an österreichische Politiker schrieb sie
gelegentlich, so beschwerte sie sich beispielsweise 1993 beim
damaligen Bürgermeister Dr. Helmut Zilk darüber, dass auf der
Rechten Wienzeile Tauben gefüttert würden. Dieser antwortete
ihr mit einem schr langen und ausführlichen Brief.

Streitbar war sie auch, was ihre Übersetzungen anbelangte. Und
zwar nicht allein in Punkto Korrekturen bzw. Veränderungen:
1990 stritt sie mit Unterstützung eines Rechtsanwalts mit Jochen
Jung vom Residenz Verlag darüber, dass sie als Übersetzerin darauf
bestand, am Buchcover namentlich erwähnt zu werden. Damit
war sie ihrer Zeit weit voraus: Noch heute wird es als loben¬
de Ausnahme eigens erwähnt, wenn der Name des Übersetzers
oder der Übersetzerin am Cover angeführt wird, was keineswegs
selbstverständlich ist.

Alisa Stadler hatte die Psalmen übersetzt, um sie selbst lesen zu
können. Als sie dann versuchte, ihre Übersetzungen auch zu pub¬
lizieren, war das keineswegs leicht und bedurfte ihrerseits großer
Beharrlichkeit und viel Durchhaltevermögen. Das belegen unter
anderem die zahlreichen im Nachlass erhaltenen Briefe an Verlage.
In ihrer Verzweiflung, keinen Verlag zu finden, der dazu bereit
wäre, ihre Übersetzungen zu veröffentlichen, wandte sie sich auch
hilfesuchend an namhafte Persönlichkeiten, wie Friedrich Torberg,
der ihr am 12. Januar 1970 sehr zuvorkommend antwortete:

Liebe gnädige Frau,

Ihr Brief erreicht mich kurz vor Antritt einer längeren Auslands¬

reise und verursacht mir schon im voraus Gewissensbisse. Denn es
sieht leider sehr danach aus, als ob ich Ihnen die Hilfe, die Sie von

Personen:

Katrin Alisa Stent
Egon Heinz Brotzen
Robert Leo Lederer
Victor Hans Herzfeld —
Tante Agathe Hertha Wolff
Marion Hella Treu
Portier Franz Glaser

Regie: Hertha Wolff
III. Akt: wie im I, Akt

mea ER

mir erwarten, nicht oder nur in sehr beschränktem Ausmaß leisten
könnte. Offenbar handelt es sich darum, einen Verleger für Ihre
Psalmen-Übersetzung zu finden. Und Sie wissen doch selbst (vermut¬
lich schon aus Erfahrung), wie miserabel es speziell in Österreich um
den Wagemut der Verleger bestellt ist. Aber das soll uns nicht hindern,
es trotzdem zu versuchen.

Ich werde mich nach meiner Rückkehr (Anfang Februar) tele¬
phonisch bei Ihnen melden und bin bis dahin mit den besten Emp¬
fehlungen

Ihr ergebener
Torberg’

Schlussendlich gelang es ihr dann doch, ihre Psalmenübersetzung
beim Herold-Verlag zu publizieren. Viele weitere Übersetzungs¬
publikationen sollten folgen. In einem, im Nachlass erhaltenen,
Lebenslauf führt sie folgende Bücher mit ihren Übersetzungen an:

1986 Die Berge tanzten — Die Psalmen, Herold

1987 Die drei Schlüssel Gottes (Talmud), Herder

1988 Wie schön sind deine Zelte, Jakob, Jehuda Amichai, Piper

Mai 1989 Verleihung des Österreichischen Staatspreises für litera¬

rische Übersetzungen

1990 Das Hohelied und das Buch Ruth, Residenz

Die Nacht der schrecklichen Tänze, Jehuda Amichai, Piper

Ein Platz im Paradies, Chassidische Geschichten, Tyrolia'®

Zu ergänzen wären noch die folgenden beiden Buchpublikatio¬

nen von ihr: „Hiob. Der Mensch in seinem Leid.“ (Tyrolia 1992)
und Jehuda Amichai „Auch eine Faust war einmal eine offene
Hand. Gedichte“ (Piper 1994). Für ihre Vorträge, Lesungen und
Sendungen übersetzte sie verschiedene israelische AutorInnen und
publizierte ihre Übersetzungen teilweise auch in Anthologien und
Zeitschriften: Samuel Josef Agnon, Nathan Altermann, Abraham
Chalfi, Dina D., Hersch Glick, Zwi Gruber, Chayim Guri, Je¬
huda Halevi, Elieser Ben Jehuda, Amalia Kahana-Carmon, Abba
Kovner, Eli Netzer, Amos Oz, Rachel, Bori Wechsler.

Man muss sagen, dass cs ein sehr großes Glück wa, dass Alisa Stadler
zum Übersetzen fand, da sie wirklich eine ebenso begnadete wie
einfühlsame Übersetzerin war, die mit großer Sorgfalt, Ausdau¬
er, Gewissenhaftigkeit und vor allem auch mit Hingabe an ihren
Übersetzungen arbeitete. Es ist damit auch ein großes Vergnügen,
wenn sie selbst Einblick in ihre Übersetzertätigkeit gewährt, wie
sie das im folgenden Zitat über ihre Psalmen-Übersetzungen tut.
Besonders spannend am Übersetzen ist, dass jede Sprache und auch

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