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me im Zusammenhang mit ihrer immer größeren Zahl zu küm¬
mern. Es wurde von einem Hilfskomitee in Paris finanziert so¬
wie aus Spenden wohlhabender jüdischer Familien in Nizza.
Bisweilen wurden zur Aufbringung von Mitteln auch Wohl¬
tätigkeitsveranstaltungen und Kollekten in den Synagogen or¬
ganisiert. Von allergrößter Wichtigkeit für die heimlich über die
Grenze gelangten Flüchtlinge war es, ihren Aufenthalt zu le¬
galisieren. Da sie in den meisten Fällen nicht über genug Geld
verfügten, bezahlte das CAR für sie den Betrag von 150 Francs
an das Polizeikommissariat in Nizza für das Einreisevisum, das
in den Paß eingetragen wurde, und 400 Francs an die Präfektur
von Nizza bei der Beantragung einer Kennkarte, die zu einem
Aufenthalt von drei Monaten berechtigte. Zuerst wurde nur ein
recepisse ausgestellt, das die Beantragung bescheinigte. Im
August 1939, nach etwas über einjähriger Tätigkeit des Ko¬
mitees, wurde die dafür ausgegebene Summe auf insgesamt
271.000 Francs beziffert. Eine weitere, mit viel Einsatz ver¬
bundene Aufgabe bestand darin, den Flüchtlingen Rechtsbei¬
stand zu leisten. In Erwartung des Prozesses wegen illegaler
Einreise, der in der Regel erst einige Monate später stattfand,
wurden die Flüchtlinge der Fürsorge des CAR übergeben oder
in Lagern für Ausländer interniert. In einigen Fällen übernah¬
men der Präsident des Komitees, Edouard Montel, der zugleich
Präsident der Anwaltskammer war, und sein Kollege Mayrargue
die Verteidigung der Angeklagten.

Gleich nach der Gründung des CAR wurde in der Rue
Beaumont eine Ausspeisung eröffnet, die täglich zweimal ein
einfaches Essen anbot. In den letzten Monaten des Jahres 1938
wurden jeden Tag 120 Mahlzeiten ausgegeben, ein Jahr später
hingegen 1.000, wodurch sich der Arbeitsaufwand und die
Kosten vervielfachten. Diese beliefen sich im Dezember 1939,
einschließlich der Mietzuschüsse, auf 800.000 Francs.” Um die
Kosten niedrig zu halten, mußten die Flüchtlinge in überbelegten
Räumen, ohne Trennung nach Alter und Geschlecht, wohnen.
Sie hatten keine Arbeitserlaubnis. Im März 1939 erhielt jeder
Flüchtling wöchentlich 35 Francs als Mietzuschuß, der auf Grund
des chronischen Mangels an Unterstützungsmitteln auf 20 Francs
gesenkt werden mußte.

Die meisten Flüchtlinge sahen Frankreich nur als eine Zwi¬
schenstation auf dem Weg in die Vereinigten Staaten oder nach
Südamerika an. Es war jedoch sehr schwierig, Visen für diese
Länder zu erhalten. Aufjeden Fall bedurfte es hierzu meist lan¬
ger Wartezeiten. Die mangelnde Aussicht, in nächster Zeit wei¬
terreisen zu können, die erzwungene Muße und die Knappheit
an allen Unterhaltsmitteln ließ den Flüchtlingen die traurige
Realität ihrer Lage zu Bewußtsein kommen. Sicherlich herrschte
unter diesen Umständen vielfach Verzweiflung.

Die Flüchtlinge in Nizza zwischen Abschiebung,
Verhaftung und Internierung

Während der ganzen Zeit der Flucht aus Italien betonten die
Tageszeitungen in Nizza nachdrücklich, daß Frankreich wei¬
terhin ein gastfreies und aufnahmebereites Land sei. Das ging
so weit, daß von einem „Gelobten Land“ die Rede war.” In
Wirklichkeit aber äußerte sich die französische Regierung trotz
verschiedentlicher Fürsprache niemals zu dem Ersuchen, den
Flüchtlingen politisches Asyl zu gewähren, vielleicht weil sie
die Idee eines Präzedenzfalls abschreckte, der den in vielen
Teilen Europas verfolgten Juden die Tore geöffnet hätte.

In Ermangelung genauer Direktiven mußten die Gendarmen
als erste über das Geschick der illegal Eingereisten entschei¬

den. Wenn sie die Juden bei der Ausschiffung überrascht hat¬
ten, boten sich ihnen zwei Lösungen: sie entweder wieder an
Bord zu bringen und nach Italien zurückzuschicken — mit dem
Ergebnis, sie in den nächsten Tagen erneut am Strand vorzu¬
finden-, oder das Boot zu beschlagnahmen und sie mit dem
Bootsführer zu verhaften. Dadurch büßten zwar die „Tran¬
sportagenturen“ Mitarbeiter und Boote ein, die Flüchtlinge aber
wurden aufgenommen. Wenn es auf Grund der Witterungs¬
bedingungen nicht möglich war, die Boote mit ihrer mensch¬
lichen Fracht zurückzuschicken, wurden die Flüchtlinge ver¬
haftet und verhört. Jede einzelne Angabe wurde aufmerksam
überprüft. Im allgemeinen wurden Frauen, Kinder und alte
Menschen aufgenommen und wer ein Visum für ein anderes
Land besaß. Allen anderen stand die Abschiebung nach Italien
auf dem See- oder Landweg bevor, die auch erst viele Tage spä¬
ter vorgenommen werden konnte, wenn die Lage an der Grenze
dafür günstiger war.

Die französischen Gerichte, die über die Flüchtlinge aus
Italien zu befinden hatten, beriefen sich auf das Dekret vom 2.
Mai 1938, das in Artikel 2 bei illegaler Einreise eine Haftstrafe
von einem Monat bis zu einem Jahr vorschrieb. Die Richter
ließen jedoch immer eine gewisse Milde walten, indem sie die
Flüchtlinge nur zur vorgesehenen Mindeststrafe verurteilten, so
daß diese nach ihrer Verhaftung und Verurteilung auf
Bewährung wieder auf freien Fuß gesetzt wurden. Unbeugsamer
war die Haltung gegenüber den italienischen Bootsführern, die
regelmäßig zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt und nach
Verbüßung der Strafe sofort ausgewiesen wurden.

Beim Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurden in Frankreich
alle deutschen Staatsangehörigen männlichen Geschlechts im
Alter von achtzehn bis fünfzig Jahren, ganz gleich ob Juden oder
nicht, als „feindliche Ausländer“ interniert. Soweit es das De¬
partement Alpes Maritimes betraf, geschah es im Fort Carré in
Antibes. Die Internierung wurde hier von den Militarbehdrden
verlangt, die der Spionagetätigkeit durch Elemente der „Fünf¬
ten Kolonne“ im Bereich der Alpenbefestigungen vorbeugen
wollten. Der größte Teil der Internierten wurde im Herbst und
Winter 1939 in das Lager in Les Milles in der Provence gebracht,
wo die Lebensbedingungen primitiv und die hygienischen
Verhältnisse absolut unzureichend waren.

Im April 1940 wurde das Lager in Les Milles aufgelöst, und
alle Internierten wurden freigelassen. Unter der Regierung in
Vichy blieben viele Flüchtlinge aus Italien in Nizza, wo sie wei¬
terhin vom CAR unterstützt wurden. 650 ausländische Juden,
die sich noch in Nizza und der Umgebung befanden, wurden
bei der auf Befehl der Regierung in Vichy von der französischen
Polizei durchgeführten Razzia vom 26. August 1942 festge¬
nommen und in die deutsche Besatzungszone ausgeliefert, was
ihre Deportation zur Folge hatte.”

Diese unheilvolle Phase ging am 11. November 1942 mit der
Besetzung der Cöte d’Azur und weiterer sechs Departements
östlich der Rhöne durch die italienischen Truppen zu Ende.
Dadurch entstand eine Oase relativer Ruhe und Sicherheit, die
eine ständig zunehmende Zahl von Juden aus der deutschen Be¬
satzungszone anzog. Die italienischen Behörden verteilten über
4.000 Juden, die überwiegend erst kürzlich an der Cöte d’Azur
eingetroffen waren, zu ihrer besseren Kontrolle auf die résidences
forc&es in Megeve, Saint-Gervais, Saint-Martin-Ve&subie und
an anderen Orten, wo sie ihr Leben weitgehend autonom ge¬
stalten konnten. Dieses kurze, verhältnismäßig glückliche Zwi¬
schenspiel fand am 8. September 1943 ein Ende, als sich die
italienischen Truppen nach der vorzeitigen Ankündigung des

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