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cheren Tod. [...] Es ist wahrscheinlich, daß von allen Punkten
[zur Verteidigung des italienischen Vaterlandes bis zum „End¬
sieg“] dieser leichtest durchführbare zuerst verwirklicht wird.
Nichts ist so leicht als Juden in Waggons zu verladen, sie an
die Grenze zu bringen und sie der SS zum Rimpatriare zu über¬
geben.”

Tatsächlich war das Ausweisungsdekret vom September 1938
nur ausgesetzt, nicht abgeschafft, und da das Deutsche Reich
sich nach der Wannseekonferenz vom Jänner 1942, auf der die
schon zuvor beschlossene,‚Endlösung‘“ bestätigt worden war,
nicht mehr gegen die Rückkehr von Juden wehrte, sondern zu¬
nehmend Auslieferungsanträge stellte, war für die ausländischen
Juden in Italien tatsächlich akute Gefahr gegeben. Mussolini
kam jedoch, beeinflußt von gemäßigten Kreisen im Außen¬
ministerium und in der Armee, der Forderung der faschistischen
Partei damals nicht nach.

Nicht über die Medien, sondern direkt aus dem Munde ei¬
nes Augenzeugen erfuhr Hakel von dem Bombardement Roms
am 19. Juli: Ein geschockter, als „blasser Schatten“ zu Fuß nach
Rotonda heimgekehrter Bersagliere — alle Bahnverbindungen
waren unterbrochen —, berichtete schluchzend von dem Bom¬
benhagel der Air-force, welcher den größten italienischen Bahn¬
knoten (San Lorenzo) an 45 empfindlichen Punkten getroffen
und weitgehend den Nachschub für die Truppen der Achse in
Sizilien unterbunden hatte. In der Tat konnten sich diese dort
nur mehr bis Mitte August halten. Leider richtete die „erfolg¬
reiche“ Aktion auch enorme Schäden in den umliegenden Stadt¬
teilen und unter der völlig überraschten Bevölkerung (etwa 1.500
Tote, 40.000 Obdachlose) an. Bis Mitte 1943 hatten sich die al¬
liierten Kriegskabinette nämlich an ihren Entschluß gehalten,
keine Bomben auf Venedig, Florenz und Rom (Vatikan!) ab¬
zuwerfen, dann aber überwog die Kriegsräson den Respekt vor
dem Kulturerbe. Hakels auf die Bombardierung bezügliche
Tagebucheintragung (28. Juli), die mit einer seltsamen Vision
Mussolinis endet (‚seinen bleichen, blanken Schädel in Ner¬
venblässe über einen Schreibtisch gebeugt [...] ein gespensti¬
sches Licht auf der Stirn, im Verlöschen“), zeigt exemplarisch
die Fallstricke einer mündlichen oder durch andere prekäre
Kanäle gefilterten Nachrichtenübermittlung: Nicht nur gibt der
zitierte Bersagliere die Todesopfer von Rom in verzehnfachter
Zahl an, Hakel selbst kommt zu dem Schluß, der Duce sei am
25. Juli aus „menschlichen Regungen [...] zurückgetreten“,
schließlich sei er als Italiener noch zwei Mächten untergeord¬
net, dem König und dem Papst — zum Unterschied von dem ei¬
nen Gott Hitler.

Die zahlreichen Kontakte mit seinem Ambiente regen Hakel
in Rotonda wieder zu häufigeren Reflexionen über das
„Wesen“ der Italiener an; sie sind weit entfernt von der unkri¬
tischen Verklärung, die den Italien-Mythos des älteren und al¬
ten, wieder in Wien ansässig gewordenen Hakel kennzeichnet:

Die Menschen hier sind das Natürlichste, was ich bis jetzt
gesehen [...] wie Hunde, die neugierig jeden Fremden beschnüf¬
feln, umwedeln, und wenn er ihr Interesse verloren hat, lassen
sie ihn stehen. Sie sind höflich, laden ein, fragen aus und wenn
ihre Neugier befriedigt ist, wird Schluss gemacht und sie ge¬
hen vorbei.”

Gänzlich verfällt Hakel dem alten österreichischen „Kat¬
zelmacher“-Stereotyp“, als er im September 1943 ‚in der ganzen
Stadt als deutscher Spion denunziert‘“' wird: Im Sommer jenes
Jahres zogen sich die Deutschen aus Sizilien und Kalabrien
zurück. Einige Kolonnen und Tank-Abteilungen durchquerten

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auch das abseits gelegene Rotonda. Dabei ergab sich häufig die
Frage nach einem in der Nähe befindlichen Militärdepot, und
so holte man Hakel, „il professore tedesco“, manchmal auch des
Nachts, zum Dolmetschen herbei. (Der Schriftsteller hat von
diesen „Soldatenszenen“ eine besonders groteske, die Be¬
gegnung mit dem „Leutnant P. des Afrika-Korps“, schriftlich
festgehalten — sie ist im Anhang nachzulesen). Obwohl sich
Hakel gegen solche Einsätze gewehrt und auf seinen Status als
österreichischer Jude und Verfolgter hingewiesen hatte, rette¬
te ihn vor den Folgen der Denunziation offenbar nur die immer
noch grassierende Angst der Einheimischen, „weil die Deutschen
hier immer wieder durchkommend die Lage beherrschen“:

Wer weiß wozu [die Italiener] einmal imstande sind? Und
dies warum? — weil ich mit [den Deutschen] für die Italiener
gesprochen, verhandelt habe [...] dabei aber immer gesagt, daß
Deutschland den Krieg verlieren muß, daß ich von ihnen aus
meiner Heimat vertrieben wurde. Aber die Leute hassen sie, mut¬
los, ohne gegen sie etwas zu unternehmen. Ich bin das Opfer
ihrer Dummheit [...]. Die listige Bosheit dieses Volkes, das den
Krieg verloren hat, jeden Tag was anderes erhofft und keinen
Halt hat, ist gefährlich. Wenn nicht bald die Engländer mich
befreien, kann es [...] schlimm ausgehen. Einmal noch rette
mich, Leben, heiliger Geist, auch wenn ich dich verleugnet ha¬
be, Geist meines Volkes [...]

Und im Oktober, als sich die Regierung Badoglio, kaum we¬
niger eine Marionette der Alliierten als Mussolinis Repubblica
Sociale Italiana eine der Deutschen, endlich entschoß, Deutsch¬
land den Krieg zu erklären, notiert Hakel:

[...] vielleicht überlässt man ihnen [= den Italienern] den
Angriff. Ich bin mir dieser Menschen nie sicher, sie können von
heut auf morgen wieder Verrat üben. Und dann?

Wobei man ihm hier, abgesehen von der Verallgemeinerung,
eher recht zu geben geneigt ist, denn Badoglios Politik des
Hinauszögerns von Entscheidungen in der törichten Hoffnung,
sich im Einvernehmen mit beiden Seiten aus dem Kriegs¬
geschehen davonstehlen zu können, war wohl wirklich „der
Beweis für das Höchstmaß an Dummheit der herrschenden
Klasse Italiens im Lauf seiner bisherigen Geschichte“.

Faschistische Götterdämmerung

Im Oktober versuchten die kleinen Leute von Rotonda einen
kümmerlich verlaufenden Aufstand gegen die nunmehr, nach
Mussolinis Entmachtung, „vogelfreien“ faschistischen Bonzen,
dessen Beschreibung Hakel zu einer Groteske auf die soziale
Ungerechtigkeit und Korruption in seinem Gastland gerät“. Zu
dieser Zeit waren die jüdischen wie auch andere Internierte be¬
reits für frei erklärt worden, somit gab es für sie keine finanzi¬
elle Unterstützung mehr von seiten der Regierung und Hakels
ganzer Besitz bestand „in 80.- Lit und 200.- Lit Mietschulden‘“*.
Doch war er, trotz der äußeren Not, heilfroh darüber, daß „sie
mich hierher schickten in dieses verlassene Nest, anstatt, wie einst
gebeten, nach Norden‘“, wo die systematischen Verfolgungen
durch die Republicchini von Salö und vor allem die Deutschen
selbst - man denke nur an das Triester Vernichtungslager Risiera
di San Sabba! — viele Tausende von Opfern forderten. Wieder
einmal dem Tod entronnen, nahm Hakel, an und für sich kein
Mann der Tat, sein Schicksal mutig in die Hand: „Es ist [...],
als sparte es mich doch vielleicht zu Größerem auf.“

Aus dem Ex-Campo Ferramonti, in dem er sich zeitweilig
aufhielt, immer wieder nach Rotonda pendelnd, wo er eine en¬
ge Beziehung zu einer Ex-Prostituierten („meine Frau, ihr