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Aber ich möchte wissen, ob der alte Nußbaum noch steht. Vielleicht komme ich doch noch einmal nach Wien und ob mein Haus dann ‚‚amerikanischer Besitz“ ist oder nicht, ich gehe in den winzigen Garten und wenn der Nußbaum meines Urgroßvaters noch steht, so kann ich den Kopf gegen seine Rinde lehnen. Er wird das gewiß nicht bemerken. Bäume tragen Früchte und spenden Schatten für die Kinder derjenigen, die sie gepflanzt haben ebenso wie für Hitler-Jungen und für Soldaten vom anderen Ende der Welt. Die Natur ist unendlich gleichgültig dem Leid wie der Dummheit und Schlechtigkeit der Menschen gegenüber. Doch ich, vielleicht, wenn ich wieder unter dem alten Nußbaum meines Urgroßvaters stehen kann, vielleicht werde ich da wieder weinen können, so wie ich als Kind geweint habe: Tränen, die erleichtern. Und die nicht Bitterkeit zurücklassen. Und Haß. Erschienen unter dem Pseudonym Robert Anton in der Exilzeitung ‚Zeitspiegel“ (London) No. 19, 11.5. 1946 und Romanversuche, sowie ein abgeschlossenes Manuskript (,,Schokolade fiir das Afrikakorps. Leben unter den Hydnen“). In den sieben Jahren ihres erzwungenen Aufenthalts in Nordafrika hatte Alice Penkala keine Zeile veröffentlichen können. Nach Österreich — wo sie unter Journalisten einen hohen Bekanntheitsgrad hatte - wollte sie nicht zurückkehren. Trotz ihrer alten Liebe zu Wien — dem Wien vor der braunen Sintflut — quälten sie noch zu viele grausame Erinnerungen. Sie hatte in Tanger den aus Frankreich stammenden antimilitaristischen Emigranten Stany Penkala geheiratet und ließ sich nun mit ihm in dessen Heimatdorfin den Alpes Maritimes nieder. Endlich wieder zu publizieren — das brannte ihr unter den Nägeln. Von ihrem entlegenen Dorf aus war dies äußerst schwierig. Zudem waren viele Wiener Freunde und frühere Kollegen umgekommen oder ebenfalls im Exil. Versuche, in ihrer neuen Heimat bei französischen Medien Hintergrundberichte über Österreich anzubieten, scheiterten. Nach und nach entwickelte sich eine rege Zusammenarbeit mit Literaturagenturen für den deutschen Sprachraum — Kalmer in London und Picard in Zürich. Kalmer wünschte insbesondere Kurzgeschichten, betonte aber, daß in deutschen und österreichischen Zeitungen die Thematik Krieg und Verfolgung unerwünscht waren. Ähnliche Auflagen gab es offenbar auch bei Verlagshäusern, denen Alice Penkala in späteren Jahren Romane anbot. Das erklärt, warum nur drei von rund 40 Romanen das Thema Exil/Antifaschismus behandeln. Gerade diese drei Manuskripte blieben unveröffentlicht, während mehrere Dutzend Romane mit ,,harmloserem“ Handlungsrahmen trotz unterschiedlicher Giite reißenden Absatz fanden. Erst in den 50er und 60er Jahren entschlossen sich Medien im deutschsprachigen Raum etwas häufiger zur Veröffentlichung von Kurzgeschichten mit verdrängten Erinnerungen. Nie sollten sie jedoch solche Verkaufsquoten erreichen, wie etwa provenzalische Erzählungen oder heitere Glossen. Inzwischen war die Autorin notgedrungen dazu übergegangen, sich dem „Markt“ anzupassen. Fast mutet es wie ein psychohygienischer Akt an, daß sich Alice Penkala 1967 im Roman ‚Anna und die Windmiihlen“ Erlebtes aus dem Vorkriegsösterreich und aus ihrem Exil in Tanger von der Seele schrieb. Dieses weitgehend autobiographische Buch fand breites Echo. Als Exil-Autorin wurde Alice Penkala jedoch auch damals noch nicht zur Kenntnis genommen... Krista Scheuer-Weyl 15.