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Ausstellung ‚,60 Jahre
AUFBAU"

Seit 1. Februar 1996 ist im Wiener Litera¬
turhaus die Ausstellung ‚60 Jahre AUF¬
BAU“ zu sehen. (Bis 29. Februar).

Ende 1934 wurde der zunächst monatlich
erscheinende Aufbau als Nachrichtenblatt
(Blätter für das Judentum) des German Je¬
wish Club in New York gegründet, zu¬
nächst mit der Aufgabe ‚‚Serving the Inte¬
rests and Americanisation of the Immi¬
grants“. Durch die großen Flüchtlingswel¬
len aus dem Machtbereich Hitlers, insge¬
samt über 130 000 Menschen, davon allein
30.000 aus Österreich, veränderte sich Um¬
fang und Inhalt der Zeitschrift. Ab 1939
erschien der Aufbau wöchentlich. Unter
dem Chefredakteur Manfred George ent¬
wickelte sich der Aufbau zu einem wichti¬
gen Forum der deutschsprachigen jüdi¬
schen Exilkultur.

Österreichische MitarbeiterInnen waren
u.a.: Günther Anders, Franzi Ascher, Vicky
Baum, Franz Blei, Hermann Broch, Fritz
Brügel, Martin Buber, Franz Theodor Cso¬
kor, Albert Ehrenstein, Irene Harand, Fred
Heller, Fritz Kortner, Lili Körber, Theodor
Kramer, Ernst K_enek, Anton Kuh, Hans
Natonek, Hertha Pauli, Heinz Politzer,
Roda Roda, Heinrich Schnitzler, Paul Ste¬
fan, Friedrich Torberg, Walter Tschuppik,
Ludwig Ullmann, Gertrude und Johannes
Urzidil, Berthold Viertel, Ernst Waldinger,
Franz Werfel, Stefan Zweig.

Nach dem Ende des II. Weltkrieges ver¬
stand sich der Aufbau als Beobachter der
Nachkriegspolitik, der Gründung des Staa¬

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Dafür möchte ich kurz einige Kronzeugen anführen, die ich unter anderem auch in
einem Buch von Kaiser/Roessler (Dramaturgie der Demokratie) gefunden habe, denen
ich hiemit den gebührenden Dank sage. Ich nehme nur zwei Beispiele, weil sie
beweisen, wie zukunftsausgerichtet jene waren, die im Exil ihre Stimme erhoben. Der
große Dramatiker Ferdinand Bruckner hat im Moment, als die Kämpfe um die Befrei¬
ung um und in Österreich tobten, folgende optimistische Gedanken ausgesprochen, die
auch heute noch gültig sind, auch wenn der Wind in einer anderen Richtung zu wehen
scheint. Nachdem sich Bruckner eindeutig für ein Bündnis unabhängiger Demokratien
ausgesprochen und in bezug auf das deutsch-österreichische Verhältnis gesagt hatte,
daß in einer solchen Entwicklung beide Völker, wie alle Völker, um so stärker einander
verbunden sein werden, je selbständiger sie gleichzeitig sind, erklärte er: „‚Wenn erst
Österreich aus der Hölle der Unselbständigkeit heraus ist, wird ihm nichts ferner liegen,
als sich für klein zu halten. Das elementarste Gefühl eines freien Volkes ist die Einheit
mit dem Land, auf dem es lebt und um dessen Befreiung es gelitten hat. Mit ihm
zusammen bildet es einen lebendigen Organismus, dessen Wohlergehen in keiner
Weise von seiner Größe abhängt. So kann es Österreich nur dann wohlergehen, wenn
es genauso klein ist und genauso groß, wie es sein muß, um Österreich zu sein.“

In einer Antwort auf einen nostalgisch gefärbten Artikel des Exilanten Ernst Lothar
antwortete Berthold Viertel in einem Artikel, den er ,, Austria Rediviva“ nannte, und dem
ich nur einen Satz entnehme, der gleichzeitig hoffnungsvoll und warnend ist: „Wir können
nur an eine Zukunft glauben, die von den Fehlern der Vergangenheit etwas gelernt hat.
Diese zu vertuschen wäre ein nachträgliches Unrecht, begangen an den Besten. Auch sie
waren Kämpfer, bevor die Menschheit an dem, was sie erkämpft hatten, zum Genuß
kommen konnte. [Viertel hatte vorher Mozart, Schubert, Hugo Wolf, Bruckner, Mahler
und Schönberg genannt.] Der zündende Funke ihrer Genialität lebt nicht nur in den
ästhetischen Kerkern weiter, sondern eben im lebendigen Widerstand, der dem neuen
Österreich — so hoffen wir — den Boden finden wird, auf dem er sich in die Arbeit des
Friedens und schließlich auch wieder in Kultur umsetzen kann.“

Wenn ich nun noch eine „autorisierte“ Stimme zitieren werde, so soll man mich
nicht mißverstehen. Ich bin seit langem dafür bekannt, daß ich vor jeglicher Hierarchie
keinerlei Respekt habe, wobei ich die gewordenen hierarchischen Grenzen leichten
Herzens überspringe. Menschen, die dies tun — im konkreten Fall ich — werden dann
sehr oft als respektlos, unehrerbietig, frech, eingebildet oder sogar überheblich bezeich¬
net, besonders wenn sie ihren Widerspruch schon in jungen Jahren anmelden...

Was nun aber die angebliche Obsoleszenz des Staatsvertrages betrifft, so will ich
mich dennoch auf eine hierarchische Autorität ersten Ranges stützen.

.. Für Österreich ist dieser Staatsvertrag ein einmaliges und wertvolles Dokument.
Für die Österreicherinnen und Österreicher ist es aber mehr als nur ein Vertrag. Er ist
ein Symbol für die Unabhängigkeit, die Freiheit und auch die Selbstbestimmung des
Landes, auch wenn im Vertrag selber noch die eine oder andere Einschränkung
vorhanden ist. Gerade in einer Zeit, die von großen Veränderungen und Unsicherheiten
geprägt ist, sollte man das, was Sicherheit und Stabilität vermittelt, nicht leichtfertig
aufs Spiel setzen. Der Staatsvertrag ist eine wichtige Säule des heutigen Österreich,
daher zu Recht auch Bestandteil unserer Verfassung, hat unserem Land die Freiheit
gebracht und auch seine Rolle als vollwertiges Mitglied der Völkergemeinschaft
gesichert. Österreich steht daher auch zu diesem Staatsvertrag, selbstverständlich auch
zu den Verpflichtungen, die sich daraus ergeben, und ich sehe keinen Anlaß, ihn zu
ändern oder gar außer Kraft zu setzen.

Der Staatsvertrag hat heute seine Gültigkeit, er hat eine große historische Bedeutung
und vielleicht wird diese historische Bedeutung in eine europäische Normalität Eingang
finden, in eine Friedensordnung, in der auch Verträge wie dieser aufgehen. Bis dahin
wird der Staatsvertrag seine Funktion als völkerrechtlicher Vertrag und, mehr noch, als
ein allgemein anerkanntes Symbol für Österreichs Freiheit erfüllen ...“

„... Der Staatsvertrag normiert Rechte für die slowenische und kroatische Minder¬
heit, Österreich hat sich bereits damals und aus guten Gründen darauf verstanden, die
Vielfalt seiner Kultur, aber auch der Sprachen, die auf seinem Gebiet gesprochen
werden, zu fördern, weil aus dieser Vielfalt eine fruchtbare Einheit entsteht ...“

„40 Jahre nach seiner Unterzeichnung ist uns der Staatsvertrag Auftrag, Österreichs
Rolle in der internationalen Völkergemeinschaft zu stärken und alles zu tun, seine
Freiheit auch in Zukunft abzusichern.“ — Auszüge aus der Rede von Bundeskanzler
Vranitzky anläßlich des Sonderministerrates ‚40 Jahre Staatsvertrag“, Wien, am 15.
Mai 1995 (Österreichische außenpolitische Dokumentation, Texte und Dokumente Nr.