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Eine Gedenktafel für Adolf Unger

Ungers, 1020 Wien, Springergasse 4, eine Gedenktafel enthüllt:

In diesem Hause wurde der jüdische Arbeiterdichter
Adolf Unger
1904 geboren.

Er hat Arbeitslosigkeit und Armut selbst erfahren
und war ein glühender und furchtloser Streiter
im Kampf um die Rechte der Armen.

1933 erhielt er den Julius Reich-Preis der Universität Wien.
1942 wurde er in Auschwitz ermordet.

„Ich bin der Schrei jener,
denen man das Tor nicht öffnet.

An denen man vorübergeht,
die man starr übersieht.“

Die Tafel wurde von Dieter Grosz entworfen und ausgeführt. Die
Überlebenden aus der Familie Ungers, seine Tochter aus Frank¬
reich und zwei Nichten aus Israel, werden bei der Enthüllung
anwesend sein.

Adolf Unger kam am 11. Juni 1904 in Wien-Leopoldstadt, Sprin¬
gergasse Nr. 4, als Sohn des Schuhmachers Samuel Unger und
Mindel, geborene Kress, zur Welt. Adolf, der ebenfalls Schuhma¬
cher lernte und den Gesellenbrief der Wiener Schuhmachergenos¬
senschaft erhielt, hatte noch zwei Brüder, Bernhard, der mit seiner
Familie und den Eltern nach Palästina auswanderte, und Max, der
dem drohenden nationalsozialistischen Unheil durch die Flucht in
die Schweiz entrann. Adolf Unger zog es in den Strudel der bitteren
Not, der Arbeitslosigkeit. In einer autobiographischen Skizze,
veröffentlicht am 31. Dezember 1933 im ‚‚Neuen Wiener Tag¬
blatt“, berichtete der Schriftsteller über seine Hungerjahre: ‚‚Die
Inflation kam. Die Krise. Die Arbeitslosigkeit. Viereinhalb Jahre
stand ich ohne geregelte Arbeit da. Ich versuchte und packte alles
an, was sich mir bot. Mehr als ein Jahr stand ich an der Lerchen¬
felderstraße, Ecke Albertgasse, als Kolporteur und verkaufte Zei¬
tungen... Wollte den Eltern nicht mehr zur Last fallen. Ging auf
die Walz. Kam nach Italien. Arbeitete bei Bauern auf dem Felde.
Flickte Schuhe. In Triest selbst war ich Taglöhner. Werkte im
Hafen als Träger. Bei den Bahnhöfen erwartete ich die Ankom¬
menden. Trug die Pakete. Holte Fuhrwerke herbei. Beschaffte
Quartier. Spielte Fremdenführer. Litt Hunger. Und kam endlich
nach Wien zurück. Als veränderter Mensch.“

Am 2. April 1930 heiratete Adolf Unger Sobel Leifer in Wien.
Die Volkshochschulen, die Arbeiterbildungsvereine wurden
Adolf Unger zur geistigen und kulturellen Heimat. Hier war es,
wo der Arbeiterschriftsteller fiir seine literarischen Gehversuche
erste aufmerksame Zuhörer und Gleichgesinnte fand. In der
Zweigstelle Leopoldstadt der Wiener Volkshochschule, Zirkus¬
gasse Nr. 48, leitete ab 1929 der Lyriker und Publizist Ernst
Schönwiese als Dozent die literarische Fachgruppe. In dem Hörer
Adolf Unger fand Schönwiese einen treuen, eifrigen und begei¬
sterungsfähigen Mitarbeiter. Er wurde Leiter dieser literarischen
Fachgruppe. Lesungen aus eigenen Werken in der Wiener Urania
und in anderen Arbeiterbildungsstätten machten Adolf Unger
bekannt. In den 30er Jahren publizierte er drei Gedichtbände und
war Mitarbeiter von Zeitungen, Zeitschriften und Anthologien.
Über das Leben und Leiden der jüdischen Bevölkerung in dem
galizischen Städtchen Sieniawa, wo Ungers Eltern und er selbst
heimatberechtigt waren, schrieb Adolf Unger den Roman ,,Sie¬

Die Briider Adolf, Bernhard und Max Unger, 1916

SOZIALISTISCHE JUNGFRONTN Au-Igserstant
SOZIA AUSTISCHE Sn = su. — VII

Feciing, den 8. Desember 1m, um 19.30 Uhr, im
Roten Saale des Volkshauses Neubau Wien 7, Zieglerg. 9

Aus eigenen Werken lesen: :

a Miksch, Karl Schneller,
Kia ara ree oot a