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Arthur Landsberger: Berlin ohne Juden. Hg. und mit einem Nachwort von Werner Fuld. Bonn: Weidle Verlag 1998. 215 S. ÖS 277,/DM 38,-/SFr 35,90 Walter Lindenbaum: Von Sehnsucht wird man hier nicht fett. Texte aus einem jüdischen Leben. Hg. von Herbert Exenberger und Eckart Früh. Wien: Mandelbaum Verlag Michael Baiculescu 1998. 107 S. OS 198,-/DM 27,10/SFr 25,40 Soma Morgenstern: Flucht in Frankreich. Ein Romanbericht. Hg. und mit einem Nachwort von Ingolf Schulte. Liineburg: Dietrich zu Klampen Verlag 1998. 430 S. (Werke in Einzelbänden). DM 78,Hans Södimayr: Verlust der Mitte. Die bildende Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts als Symptom und Symbol der Zeit. Salzburg, Wien: Otto Müller 1998. 263 S. ÖS 348,„11. unveränderte Auflage“ des 1948 erstmals erschienenen Buches. Walter Sorell: Die Stimme des Wortes/The Voice of the Word. Betrachtungen eines Neunzigjährigen/Reflections of aNonagenarian. Hg. von/Edited by Harry Zohn. New York u.a.: Peter Lang 1998. 115 S. ÖS 458,- (Austrian Culture. Vol. 28). Samson Tyndel: Sophie. Ein jüdischer Professor aus dem alten Österreich erzählt aus seinem Leben. Mit einem Vorwort von Evelyn Adunka. Krems: Österreichisches Literaturforum 1998. 128 S. OS 170,-/DM 22,Sandra Wiesinger-Stock: Der ,, Verein fiir Geschichte der Arbeiterbewegung“. Aktivitäten, Ziele und Bestände. Innsbruck, Wien: StudienVerlag 1998. 58 S. OS 98,-/DM 13,50/SFr 13,Zeitschriften Otto Basil und die Literatur um 1945. Tradition — Kontinuität - Neubeginn. Hg. von Volker Kaukoreit und Wendelin Schmidt-Dengler. Profile. Magazin des Österreichischen Literaturarchivs Nr.2/1998. Wien: Paul Zsolnay Verlag 1998. 143 S. Mit literaturwissenschaftlichen Beiträgen von W. Schmidt-Dengler, Gerald Sommer, Joachim Seng, Paul Michael Lützeler, Daniela Strigl, Till Geist, V. Kaukoreit, Marcel Atze und Ruth Hager und Texten von Alfred Margul-Sperber, Hermann Broch, O. Basil. Man kann Otto Basil als einen jener Vertreter der ‚Inneren Emigration“ ansehen, bei denen es zufällig scheint, ob sie ins Exil gingen oder im Land blieben (und hier verstummten). Jedenfalls bewegte er sich in einem Netz von Beziehungen zu AutorInnen, die vom NSRegime verfolgt und/oder vertrieben wurden. Dieses Netz wurde vor allem über die zwar kurzlebige, aber nachhaltig wirksame Zeitschrift „Plan“ geknüpft. Die Auseinandersetzung mit Basil bietet daher viele neue Einblicke in die österreichische Exilliteratur und in das Spannungsverhältnis von Exil und Nachkriegskultur, von innerer und äußerer Emigration. Exil. Forschung. Erkenntnisse. Ergebnisse. Hg. von Edita Koch und Frithjof Trapp. Nr.2/1997, 106 S. (Bestellungen an: E. Koch, D-60076 Frankfurt/M., Postfach 170234; Fax 0049 69 751547). Mit Beiträgen von Anja Lundholm, Volker Michels (über Thomas Mann und Hermann Hesse), Anne Kuhlmann (über Alfred Döblin), Laureen Nussbaum (über Grete Weil), Klaus Oettiger (über Jizchak Katzenelsons „Lied vom ausgerotteten jüdischen Volk“), Reinhard Müller (über deutsche NKWDHäftlinge der Stalin-Zeit), Marita Krauss (über Probleme der Remigration Exilierter nach Deutschland). Wie immer findet sich in dem Heft eine „Chronik“ kultureller Veranstaltungen mit Bezügen auf das Exil und die Rubrik ‚Hinweise“, eine laufende Bibliographie einschlägiger Neuerscheinungen. Brief Zu Lenka Reineroväs Stellungnahme zu Marta Markovas „Auf der Spurensuche in Prag und Ciudad de México — wer war Alice Riihle Gerstel?“ in MdZ Nr.1/1998, S. 40. Ich schulde Frau Alice Rühle-Gerstel, mit der ich in den Dreißigerjahren in Prag ein paar interessante Gespräche führte, eine Lanze für Marta Markovä zu brechen. Ich war damals mit Lenka Reiner eng befreundet, wir sahen uns jede Woche mehrere Male. Ihr Gedächtnis ist leider sehr selektiv. Es ist unwahrscheinlich, daß sie das Ehepaar Rühle bei einem Besuch im Stefansgymnasium kennenlernte. Die Rühles kamen, soweit ich mich erinnere, erst nach dem März 1933 nach Prag. Lena Reinerovä mußte zu ihrem Leidwesen das Gymnasium schon 1932, als 16jährige, verlassen, weil ihre Famile auf ihren Verdienst als Stenotypistin angewiesen war. 1933 oder 34 besuchte sie gemeinsam mit dem Regisseur Hans Burger und mir einen Rühle-Vortrag im deutschen Kulturunstitut Urania und nahm nachher, etwas zögernd, an einem Kaffeehausgespräch mit den Rühles teil. Sie war noch nicht lange Mitglied der Kommunistischen Jugend, sehr beflissen, das ‘Richtige’ zu tun, und fürchtete, die politischen und wissenschaftlichen Ansichten der Rühles könnten sich als ‘parteikritisch’ erweisen. 1936, zwei Jahre nachdem ich Redakteur der von F.C. Weiskopf geleiteten und vom Propagandachef der Komintern, Willy Münzenberg, finanzierten AIZ/Volksillustrierte wurde, erhielt die 18jährige Lenka Reiner eine Bürostelle in der Verwaltung des Blattes. Kurz darauf wurde sie auf Parteiauftrag ‘V erantwortliche Redakteurin’, eine Funktion, die nur ein tschechoslowakischer Staatsbürger einnehmen durfte und die ich nicht einnehmen konnte, da ich schon für das in der CSR gedruckte und in Österreich illegal verbreitete Parteiorgan der KPÖ ‘verantwortlich’ zeichnete. Diese Funktion war mit keinerlei joumalistischer Tätigkeit verbunden. Lenka Reinerovä war sicher keine ‘Mitarbeiterin’ der AIZ und hat, während ich Redakteur war, keine einzige Zeile veröffentlicht. Als ich 1968 zum erstenmal nach Kriegsende Prag besuchte, um Material für mein CSSR Buch ‚‚Die Zukunft funktioniert noch nicht“ zu sammeln, traf ich auch Lenka Reiner wieder, die nach Kriegsende ihren deutsch klingenden Namen auf ‚„Reinerovä“ tschechisiert hatte. Obwohl es zwischen uns eine tiefe politische Kluft gab, verbanden uns nostalgische Erinnerungen an die idealistischen Illusionen einer gemeinsamen Jugend, und wir führten lange und, wie ich damals glaubte, verständnisvolle Gespräche. Bis ich nach E.E. Kisch und Gustav Regler fragte. Regler hatte mir nach Kriegsende auf einem Besuch in London seine Erfahrungen im mexikanischen Exil erzählt. Als ein Kritiker der stalinistischen Politik in Spanien wurde er von den deutschen kommunistischen Schriftstellern, darunter Lenka Reiners Ehemann Theo Balk, so angefeindet, verleumdet und bedroht, daß Freunde aus der Spanischen Republikanischen Armee sein Haus bewachten, um ihn vor dem Schicksal Trotzkis zu bewahren. Kisch hatte genau gewußt, was los war, aber sei schon zu ausgebrannt gewesen, um abzuspringen. In seinem Alter könnte er nicht von Neuem beginnen, hätte Kisch gesagt. Er hätte die Grenzen seiner Gestaltungskraft schon vor dem Krieg erreicht und wolle jetzt nicht auf das Altenteil verzichten, das er mit seiner Arbeit erworben hatte. Was ein gewissenhafter Reporter jetzt enthüllen müßte, könnte er ohnehin nicht bewältigen. „Kannst du nicht oder willst du nicht?“ hätte Regler den alten Freund gefragt, aber keine Antwort erhalten. „Du bist viel zu klug, um dich zu betrügen, und viel zu ehrlich, um an deine Lügen zu glauben. Du wirst niemals wieder etwas Richtiges schreiben.“ Kisch war lange Zeit mein journalistisches Vorbild gewesen und ich war traurig, daß er, Regler zufolge, seine Integrität geopfert hätte, um seine Altersrente zu sichern. Als ich meine Gesprächspartnerin nach den beiden fragte, war sie empört. Ich zitiere aus den Aufzeichnungen für mein Buch: „Regler war genau so ein Verräter wie du. Was er dir erzählte, ist alles Lüge. Er ist uns im Kampf gegen die Faschisten in den Rücken gefallen. Ihn zu bekämpfen, seinen Einfluß zu beschränken, war eine fortschrittliche Aufgabe.“ Fritz Beer, London, 23. April 1998 55