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Pässe oder gehörten zu den russischen Flüchtlingen, und selbst
die deutschen Juden unterstanden in China nicht deutschem,
sondern chinesischem Recht. Einen Skandal wollten selbst fa¬
natische, aber karrierebewußte Aufsteiger wie Hasenöhrl ver¬
meiden, wie sich an einem Beispiel ablesen läßt. In der Frage des
Boykotts jüdischer Musiker in Japan schrieb er an den
Ortsgruppenleiter in Tokio:

Es ist nicht die Aufgabe der Parteiorganisation, im Ausland ge¬
gen solche Künstler zum Boykott aufzurufen, da uns dies leicht
in Konflikt mit den Behörden des Gastlandes bringen könnte.
Andererseits erwarte ich von einem Pg., daß er einer Veranstal¬
tung, bei der jüdische Künstler auftreten, fernbleibt. Die Aufgabe
des Auslandsdeutschtums besteht darin, das Wirtsvolk über deut¬
sche Kultur und deutsche Kunst zu unterrichten und aufzuklären.
Deutsche Kultur und deutsche Kunst sind aber arische Kunst,
haben somit mit jüdischen Künstlern nichts gemeinsam."

Jenes Lavieren zwischen der eigenen rassistischen Welt¬
anschauung und den lokalpolitischen Realitäten könnte dazu
beigetragen haben, die ab 1938 zu Tausenden in Shanghai ein¬
treffenden jüdischen Flüchtlinge vor einer Verfolgung durch
die fanatischen Antisemiten der NSDAP zu bewahren.

Astrid Freyeisen, geb. 1969 in Würzburg, Dr. phil., Studium
der Geschichte und Sinologie in Würzburg und Hangzhou/VR
China, DAAD-Forschungsstipendien in Shanghai und Wa¬
shington, 1998 Promotion mit der Dissertation „Shanghai und
die Politik des Dritten Reiches“, erschienen Würzburg 2000;
diverse wissenschaftliche Aufsätze, Zeitungsartikel und
Hörfunkfeatures zum Thema Shanghai und anderen zeitge¬
schichtlichen sowie kulturellen Themen; beruflich Hörfunk¬
Reporterin beim Bayerischen Rundfunk, Studio Würzburg.

Anmerkungen

1 Bundesarchiv, Slg. Schumacher 296a, Korrespondenz Gau Aus¬
land 31-33, Ortsgruppenleiter Shanghai, Rundschreiben an die
Stützpunktleiter, 11.3. 1933.

2 Bundesarchiv-Militärarchiv, MSg. 160, Deutsche Handelskammer
Shanghai, Denkschrift vom 25.6. 1936, S. 11 f.

3 Bundesarchiv, RKK Hasenöhrl, n.N. an Staatssekretär Funk, 5.9.
1934.

4 Bundesarchiv, NSD 8/15, Ostasiatischer Beobachter, Folge 12,
Shanghai 1.5. 1934, S. 16.

5 National Archives, RG 226, Box 6, Folder 44, Hasenöhrl an die
Firma Siemssen & Co., Abschrift, Shanghai 29.5. 1934.

6 Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes Bonn, Deutsche diplo¬
matische Vertretungen in China, R 85672, Behrend an AA, Shanghai
30.5. 1934.

7 Bundesarchiv, RKK Hasenöhrl, Bohle an Goebbels, Hamburg
3.10. 1934.

8 Bundesarchiv, ebd.

9 Vgl. Institut für Zeitgeschichte München, ZA 90 — Hasenöhrl,
Völkischer Beobachter 26.6. 1943.

10 Privatarchiv Bärensprung, unveröffentl. China-Tagebuch von
Käthe Bärensprung 1934-1946, Shanghai 8.7. 1934.

11 Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes Bonn, Pol IV 700/4, R
85830, Amtsleiter Dr. Kranek (Reichsleitung) an AA, Hamburg 27.7.
1934.

12 Ebd., R 85710, Kriebel an AA, Shanghai 12.9. 1934.

13 National Archives, RG 263, Roll 14, 4724, Shanghai Municipal
Police Report, Memorandum on the Shanghai Branch of the Nazi
Party, Shanghai 12.5. 1933.

14 Politisches Archiv Bonn, R 99263, Inland IT A/B, NS Ortsgruppen
im Auslande 1934, Bd.2, Hasenöhrl an A.O. Tokio, Shanghai 4.6. 1934

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