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Life berichtete am 26. Februar 1943:

Mr. C.K. Bliss delivered his long expected lecture on „New
World Writing“ — his own invented system on Tuesday,
February 23rd at the Shanghai Jewish Club before a numerous
and enthusiastic audience. Having explained that he was led to
the invention by the study of the Chinese characters, Mr. Bliss
stated that his system is based on the same principles as the for¬
mer pictorial delineation of the meaning of the word, but rather
simplified. ,, Just as Chinese characters could be read by anyo¬
ne even not speaking Chinese language, so the New Language
could be read and understood by people speaking different ton¬
gues“, said Mr. Bliss, emphasizing the need of a simple medium
of communication between scientists and research workers to
whom especially he dedicated his work. Mr. Bliss’ language con¬
sists of a number of extremely simple signs the combination of
which enables to express the 850 words of which, as we know,
consists Basic English. Thus, Mr. Bliss’ system is based on Basic
English, and as with the use of a Basic English Dictionary,
which translates the meaning of 7.500 words into 850, one is
able to read almost any book, so having learned the principles
of the New Language which are extremely simple, one is able to
express in it the most abstract words.’

Nach dem Krieg emigrierte Bliss mit seiner Frau nach
Australien, wo er fiir die Anerkennung und Anwendung seiner
Schrift, die er Blissymbolics nannte, unermiidlich weiterar¬
beitete. Im Eigenverlag seines noch heute existierenden
,semantography Trust Fund“ erschienen zahlreiche Biicher
und Publikationen, die man heute unter anderem in der Public
Library in New York studieren kann. Filme hatte er in
Australien keine mehr gemacht. Nach Osterreich ist Charles
Bliss nicht wieder zuriickgekehrt; er starb 1985 in Sidney.

Zwei bisher unbekannte Briefe der Filmpioniere
Luise und Jakob Fleck aus Shanghai

Die österreichischen Filmemacher Jakob (damals 59 Jahre alt
und vorher 16 Monate in Buchenwald und Dachau inhaftiert)

und Luise Fleck (damals 67 Jahre alt) kamen im Februar 1940
in Shanghai an. Über diese beiden österreichischen Film¬
pioniere und ihren im Exil entstandenen Film Kinder dieser
Welt wurde schon einiges veröffentlicht.‘ Ich möchte daher die
Gelegenheit nutzen und auf zwei bisher unbekannte Berichte
der Flecks hinweisen. Diese beiden Dokumente befinden sich
in der Ausgabe Wien des Jüdischen Nachrichtenblatts vom 22.
Juli 1940 bzw. 10. Jänner 1941.5 Inwieweit diese Berichte von
der von den Nazionalsozialisten kontrollierten Zeitung gekürzt
und womöglich verändert wurden bzw. inwieweit die Flecks
von sich aus ihre Situation absichtlich verschönert dargestellt
haben, damit ihr in NS-Deutschland verbliebener Sohn und an¬
dere Bekannte sich nicht zu große Sorgen machen, konnte
nicht eruiert werden.‘ Deutlich aber ist die verharmlosende
Tendenz der Berichte, die viele Probleme ausblenden.

Den Wert dieses Einblicks in die Anfangphase der Shanghaier
Emigrationszeit (1938-40) — mit all seinen ungewöhnlichen
Neuheiten für die Neuankömmlinge - schmälert dies aber in kei¬
ner Weise. Besonders interessant und amüsant erscheint der
äußerst höfliche Umgang der damaligen Shanghaier Filmszene
mit ihren Berufskollegen aus Wien. Den mit „Emigranten am
Ziel — Erlebnisse und Erfahrungen. Das New York des Fernen
Ostens“ überschriebenen Text versah die Redaktion mit dem
Hinweis, „Ein jüdisches Ehepaar aus Wien, das hier in der Film¬
branche im Regisseurfach tätig gewesen ist, hat in Shanghai, wo
es im Februar d. J. ankam, bereits Gelegenheit gefunden, in der
Filmindustrie zu arbeiten“. Die Ausführungen entstammten „ei¬
nigen nach Wien gerichteten Briefen“ Luise Flecks.

Anfangs waren wir verzweifelt, da wir die englische Sprache
nicht beherrschten und Englisch hier unerläßlich ist. Ein gnädi¬
ges Geschick half uns aber über diese Schwierigkeit hinweg. Am
Morgen des zweiten Tages wurden wir von einer Frau, die ein
ziemlich schlechtes Französisch sprach, angerufen und gefragt,
ob wir die Filmleute X. wären, die mit der „Biancamano“ ange¬
kommen waren. Mehr konnte ich nicht verstehen. Auch mit Hilfe
eines Bekannten, der die Firmen der Filmbranche in Shanghai
kennt, konnten wir die französisch sprechende Frau nicht aus¬

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