OCR Output

Anmerkungen

1 Vgl. Jelena Hahl-Koch: Schönberg und der ‚Blaue Reiter’. In:
Karin v. Maur (Hg): Vom Klang der Bilder. Die Musik in der Kunst
des 20. Jahrhunderts. München 1985, S. 354ff.

2 Zit. nach: Ernst Cassirer: Versuch über den Menschen. Einführung
in eine Philosophie der Kultur. Aaus dem Englischen von Reinhard
Kaiser. Frankfurt/M. 1990, S. 214.

3 Cassirer, ebenda, S. 218.

4 Vgl. die vielen bei Karin v. Maur, wie Anm. 1, gegebenen Belege.
5 Vgl. Kandinsky: Modeste Mussorgsky: Bilder einer Ausstellung.
In: Essays über Kunst und Künstler. Hg. und kommentiert von Max
Bill. Bern 1973, S. 119ff.

6 Karl Woermann: Geschichte der Kunst. 6. Band: Jiingere Neuzeit
von 1750 bis zur Gegenwart. Leipzig 1922, S. 483.

7 Vgl. Pavel Florenskij: Die umgekehrte Perspektive. Texte zur
Kunst. Aus dem Russischen und hg. von Andre Sikojev. München
1989. Insbesonder S. 111ff.

8 Vgl. Beat Wyss: Der Wille zur Kunst. Zur ästhetischen Mentalität
der Moderne. Köln 1996.

9 Kandinsky: Die Bilder. In: Arnold Schönberg — in höchster
Verehrung. München 1912, S. 59ff.

10 Zit. nach: Johann Eduard Erdmann: Philosophie der Neuzeit. Der
deutsche Idealismus. Geschichte der Philosophie VII. Hamburg 1971,
S.21.

11 Kandinsky: Über das Geistige in der Kunst. 10. Auflage. Mit einer
Einführung von Max Bill. Bern 1965, S. 54.

12 Kandinsky: Malerei als reine Kunst. In: Essays über Kunst und
Künstler, wie Anm. 5, S. 68.

13 Vgl. Konrad Paul Liessmann: Phantasie und Form. Aspekte einer
österreichischen Ästhetik. In: Parnass. Wegbereiter. 20 Jahre Parnass.
Sonderheft 18. Wien 2001, S. 12.

14 Rudolf Steiner: Das Wesen der Künste. In: Kunst und Kunst¬
erkenntnis. Das Sinnlich-Übersinnliche in seiner Verwirklichung
durch die Kunst. Dornach 1961, S. 41f.

15 Helena Patrovna Blavatsky: Die Geheimlehre. Die Synthese von
Wissenschaft, Religion und Philosophie. Bearbeitete und erweiterte
Fassung der von Elizabeth Preston und Christmas Humphreys her¬
ausgegebenen englischsprachigen Ausgabe. Satteldorf: Adyar. Theo¬
sophische Verlagsgesellschaft o.J.

16 Hank Troemel: Zur Sprache der Theosophie. Mißverständnis und
Mißbrauch. In: Die Geheimlehre, wie Anm. 15, S. 591£f. Dort weite¬
re Aufsätze mit derselben Intention von Troemel und Ellwood/Algeo.
17 Kandinsky: Der Wert eines Werks der konkreten Kunst. In: Essays
über Kunst und Künstler, wie Anm. 5, S. 246.

18 Kandinsky: Über Bühnenkomposition. Ebenda, S. 49. Zahlreiche
Belege natürlich auch in: Über das Geistige, wie Anm. 11.

19 Vgl. Art in Theory 1900 — 1990. An Anthology of Changing Ideas.
Edited by Charles Harrison and Paul Word. Oxford 1992, S. 63ff. und
S. 68ff.

20 Kandinsky: Uber die Formfrage. In: Essays tiber Kunst und
Kiinstler, wie Anm. 5, S. 17ff.

Emile M. Cioran (1911-1995), geboren in Rumänien, Philo¬
sophiestudent in Berlin mit einem Promotionsprojekt über
Nietzsches Ethik, „gebärdete sich als glühender Verehrer der
Eisernen Garde in Rumänien, als diese im Januar 1941 ihren ge¬
scheiterten Staatsstreich inszenierte und ein Pogrom die Folge
war“. Auffällig an dem Zitat eines gewissen Georges Neuve¬
celle ist die vernebelnde Sprache. War Cioran nun ein Anhänger
der faschistischen Eisernen Garde oder gebärdete er sich nur als
ihr Verehrer? War das Pogrom die Folge des Staatsstreichs oder
seines Scheiterns? Handelte es sich um einen mißglückten
Staatsstreich oder um die gelungene Inszenierung eines ge¬
scheiterten? Das „Pogrom“ jedenfalls, das im Sommer 1941 zu¬
gleich mit dem Angriffskrieg gegen die Sowjetunion begann,
war staatlich organisierter Massenmord, dem bis Kriegsende in
Rumänien mindestens 250.000 Jüdinnen und Juden und 20.000
Roma zum Opfer fielen. (Vgl. Mariana Hausleitners Beitrag
„Rumänische Sonderwege“ in ZW Nr.3/2000, S. 9-14). Cioran
veröffentlichte damals eine „Verklärung Rumäniens“, offenbar
ein faschistisches Pamphlet, das lange Jahre unbeachtet blieb.

Doch es geht hier nicht um den nach 1945 zum Pariser ge¬
wordenen und in französischer Sprache schreibenden Essa¬
yisten E.M. Cioran und um seine unlängst im Suhrkamp
Verlag erschienenen „Cahiers 1957-1972“. Es geht um die
Besprechung dieser Neuerscheinung im „BücherPick“ (Aus¬
gabe Winter 2001), einer Beilage der Neuen Zürcher Zeitung
und der Wiener Presse. Georges Neuvecelle schreibt da:

... auf Cioran [wurde] die antifaschistische Hexenjagd unmit¬

telbar nach seinem Tod 1995 in Paris eröffnet — im ziemlich
hysterischen Klima der späten Vergangenheitsaufarbeitung.

16

Und zustimmend zitiert er Ciorans Lebensgefährtin Simone
Bousg, die in der Einleitung zu den Cahiers von einer „entfes¬
selten Meute von Gutdenkenden“ spricht. Zusammenfassend
heißt es am Schluß:

Cioran hat sich selber nie etwas verziehen — nur für seine fa¬
schistische Euphorie bat er um Verständnis. Sie war nicht die
Ursache seiner Verzweiflung und seiner Gewissensbisse. [...]

. vor seinem Weltschmerz flüchtete er in den kollektiven
Wahn, dessen Ideologie ihm durch und durch fremd war.
Ciorans Werk ist die beste Antwort — die großartigen Cahiers
bringen die entfesselte Meute der antifaschistischen Pharisäer
zum Schweigen und präzisieren das Profil seines Schreibens ...
als Gegengift auf den Wahn einer Epoche ...

Die „faschistische Euphorie‘ Ciorans war also eine vorüber¬
gehende Episode, für die man Verständnis aufbringen muß. Da
ist der große Weltschmerz des Essayisten, seine Skepsis und
sein Ekel gegenüber dem Menschengeschlecht schon ein an¬
deres, epochales Problem. Könnte es jedoch sein, daß der
Weltschmerz das Sekundäre, die „faschistische Euphorie“ das
Primäre gewesen ist? Daß nach dem Scheitern des Faschismus
für Cioran die Geschichte, die Veränderung der Verhältnisse
durch eigene Tat zu Ende war?

Fassen wir indes Georges Neuvecelles Meinung zusam¬
men: Antifaschistische Hexenjagd, entfesselte Meute von Gut¬
denkenden und antifaschistischen Pharisäern. Und fragen wir:
Worin bestand der „Wahn einer Epoche“? Wer soll heute zum
Schweigen gebracht werden? — K.K.