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servativen Intellektuellen — im Ständestaat
nicht gern gesehen. Obwohl berühmter Literat
und Nobelpreisträger, konnte Mann schlie߬
lich als liberaler Kosmopolit für eine weitere
Destabilisierung des Ständestaates sorgen.
Die Bedenken der österreichischen Behörden
in Bezug auf eine Einbürgerung Manns, ge¬
rade wegen des politischen Kabaretts „Die
Pfeffermühle“ von Tochter Erika, werden in
einem Schreiben des österreichischen Kon¬
sulats in Zürich an die Gesandtschaft in Bern
deutlich: „Wenn ... jedoch nach erfolgter
Einbürgerung ihres Vaters ... die Tochter ei¬
nes Österreichers kommunistische Propa¬
ganda betreibt, dürfte dies nicht im Interesse
der österreichischen Behörden sein“ (Anhang
Ss. 339). Das deutsch-österreichische
Juliabkommen 1936 bedeutete das letztendli¬
che Scheitern der Emigrationspläne, denn
schließlich, so Mann in seinem Tagebuch,
müsse nun seine Einbürgerung „eine un¬
freundliche Handlung gegen einen befreun¬
deten und mehr als befreundeten Staat“
darstellen (S. 210). Damit hatte der
Ständestaat, „indem er nicht entschlossen ge¬
nug Thomas Manns Einbürgerung vorange¬
trieben hat, eine große kulturpolitische
Chance vertan“ (S. 211).
Trotz Manns Entscheidung für die tschecho¬
slowakische Staatsbürgerschaft war keine
echte Abkühlung in seinem Verhältnis zum
Ständestaat eingetreten: 1937 las er noch ein¬
mal vor der kulturellen Prominenz des Stän¬
destaates aus „Lotte in Weimar“; seine
Zeitschrift „Maß und Wert‘ durfte als eine der
ganz wenigen Emigrantenblätter in Wien be¬
worben werden. Den Anschluß verfolgte er
mit Entsetzen auf einer Amerikareise:
„Dauernd beschäftigt, grämt und erregt mich
der Fall Österreichs und frage ich mich nach
den Folgen... Grausig.““ Beherzt setzte sich
Mann in den USA in vielerlei Hilfsaktionen
für österreichische Emigranten in den USA
ein, auch weil das Land für ihn immer ein er¬
stes Opfer des Nationalsozialismus blieb.
Nach Besuchen in Salzburg kommt Mann
noch einmal, 1952, zurück nach Wien, mit
dem festen Vorsatz, als „Unpolitischer“ nicht
zwischen die Fronten des gerade in der
Besatzungsstadt Wien brodelnden Kalten
Krieges zu geraten. Doch vergeblich: Eine
zweistündige Pressekonferenz verkommt
zum „Fragengewitter“ (S. 261), seine politi¬
sche Neutralität läßt ihn in der Öffentlichkeit
unter Kommunismus-Verdacht geraten. Mann
verläßt enttäuscht die „schwergeprüfte, doch
immer noch herrliche Stadt, mit der mich von
jungauf eine im Seelischen eigentiimlich ge¬
griindete Sympathie verband“ (S. 259).

Elke Seefried

Franz Zeder: Thomas Mann in Osterreich.

Siegen: Carl Béschen Verlag 2001. 382 S. OS
495,-/DM 72,-/SFr 68,—

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Eine völlig normale
Geschichte“ — Zu Daniela
Strigls Biographie über Marlen
Haushofer

Marlen Haushofer teilte, trotz einiger ansehn¬
licher Preise und der Bemühungen Hans
Weigels, das Schicksal vieler Autoren und
Autorinnen, zu Lebzeiten von der literarischen
Öffentlichkeit in nur unzureichendem Aus¬
maße wahrgenommen zu werden. Erst in den
1980er Jahren wandelte sich ihr Bild von einer
— in germanistischen Kreisen abschätzig so
bezeichneten — „Hausfrauenliteratur“-verfas¬
senden Schriftstellerin zu einer „Ikone der
Frauenliteratur“. Die Neuauflage ihrer Werke,
die sich die Verlage Claassen und Zsolnay seit
1982 teilen, führte zu einer Neubewertung ih¬
rer Texte. Als Maria Helene Frauendorfer am
11. April 1920 in Frauenstein am Fuße des
Sengsengebirges geboren, verbrachte die
Tochter eines Försters ihre Kindheit in der
idyllischen Umgebung des Forsthauses am
Effertsbach. Für das Mädchen „mit den krau¬
sen Haaren“ und dem ,,krausen Sinn“, das
früh die Sphäre der Küche einer streng katho¬
lischen und ehrgeizigen Mutter meidet und
lieber den Geschichten des mitunter jähzorni¬
gen Vaters lauscht, sollte diese Umgebung
und jene Zeit stets „Sehnsuchtsort‘“ und Quel¬
le ihrer Werke bleiben. Nach der schockieren¬
den Erfahrung des Ursulineninternats in Linz,
auf die Marlen Haushofer mit Krankheit und
Verstörung reagierte, ließ sie sich nach der
Matura im April 1939 zum „Reichsarbeits¬
dienst“ in Ostpreußen verpflichten. Die Bezie¬
hung zu dem Mann, den sie dort kennenlernt
und in Wien während ihres Germanistik¬
studiums wiedertrifft, endet für sie in einer
Enttäuschung und einer ungewollten Schwan¬
gerschaft. Für das streng katholisch erzogene
Mädchen vom Lande war eine uneheliche
Schwangerschaft zu dieser Zeit eine Kata¬
strophe. Gleichsam als „Retter in der Not,
ohne es zu ahnen“, tritt der Medizinstudent
Manfred Haushofer auf. Er ehelicht Marlen,
die sich nun endgültig aus „dem Paradies der
Kindheit“ vertrieben sieht und in die enge
Welt eines bürgerlichen Lebens eintritt. Die
Familie, die einen zweiten Sohn bekommen
hat, läßt sich nach dem Krieg in Steyr nieder.
Zunehmende familiäre Spannungen ließen
Marlen Haushofer 1948 Anschluß an die lite¬
rarische Szene in Wien suchen, wo sie zuerst
in Hermann Hakel und später in Hans Weigel
einen Mentor finden sollte. Obwohl sie die
Rolle als Ehefrau und Mutter keineswegs be¬
friedigte und ihr oft ablehnend gegenüber¬
stand, fand sie sich mit ihrer gespaltenen
Existenz als Hausfrau und Schriftstellerin ab.
Haushofers Passivität ist auch durch die Tat¬
sache bezeugt, daß die Scheidung von ihrem
als ,,Weiberhelden“ verrufenen Mann ohne
Konsequenz blieb: Sie konnte sich nicht ent¬
schlieBen, ihn zu verlassen. Ganz im Gegen¬
teil, die Trennung wurde geheimgehalten, der
ungeliebte Haushalt, Mann und Kinder, weiter

versorgt. Zuflucht findet Marlen Haushofer in
den literarischen Kreisen Wiens. Eine Liebes¬
geschichte mit dem Schriftsteller Reinhard
Federmann endet für die Schriftstellerin eben¬
falls unglücklich. Acht Jahre nach der Schei¬
dung von Manfred Haushofer heiratet sie
ihren Mann ein zweites Mal. Aber gerade „aus
den Widersprüchen ihrer Existenz wie ihres
Charakters“, so Daniela Strigl, „ergab sich das
Spannungsfeld, dem sich ihr Werk verdankt.“
Während Marlen Haushofer aus ihrem Leben
nicht ausbrechen konnte, sich ihrem Alltag an¬
paßte, kannte sie als Autorin keine Kompro¬
misse. Werke wie „Wir töten Stella“ (1958),
„Die Wand“ (1963) oder ihr letzter Roman
„Die Mansarde“ (1969) artikulieren die Be¬
drohungen, Ängste, Tabus, zerstörten Träume
und Enttäuschungen nicht nur ihres eigenen
Lebens.

Marlen Haushofer durchschaute alles und tat
nichts. Sie kritisierte die Welt feministisch und
blieb Hausfrau. Sie war freundlich und ein¬
nehmend und verfügte doch über manchen
Widerhaken: Sie gehörte zu den Menschen,
die ihren Freunden gerne Kakteen schenken.
Sie war bescheiden und selbstbewußt, ange¬
paßt und widerspenstig, sanft und zornig, de¬
pressiv und humorvoll, leidenschaftlich und
nüchtern, ehrgeizig und menschenscheu |...].
Am 21. März 1970 starb Marlen Haushofer
49jährig in einer Wiener Privatklinik an Kno¬
chenkrebs.

Auf etwas mehr als 300 Seiten versucht die
Wiener Germanistin Daniela Strigl die Le¬
bensgeschichte der oberösterreichischen
Schriftstellerin nachzuzeichnen. Daß dieses
Unterfangen kein leichtes war, stellt die
Autorin bereits einleitend dar. Da seit Marlen
Haushofers frühem Tod erst dreißig Jahre ver¬
gangen waren, „eröffnete dies für Nachfor¬
schungen in ihrer persönlichen Umgebung
gleichsam ein Minenfeld“. Die Lücken, die
diese zum Teil recht spärlichen biographi¬
schen Quellen offenbaren, werden immer wie¬
der durch autobiographische Textpassagen
Marlen Haushofers gefüllt. „Eine Zugangs¬
weise“, so Strigl, „die die literarische Bedeu¬
tung immer schmälert“, aber Marlen
Haushofer selbst legitimiert: denn sie „schrei¬
be nie etwas anderes als über eigene Erfah¬
rungen“ und war der Ansicht, „daß im wei¬
teren Sinn alles, was ein Schriftsteller schreibt
autobiographisch ist.“ So führt die Biographin
die Leser — gewissermaßen Hand in Hand mit
den Protagonistinnen der Haushoferschen
Texte — durch das Leben der Schriftstellerin
wie auch durch ihre Erzählungen und Romane.
Mit dieser Methodik überzeugt Daniela Strigl
nicht bloß als Biographin, sondern auch als
kompetente Literaturwissenschafterin, die so
manches im Werk Marlen Haushofers erhellt,
was bislang im Dunkeln blieb. Damit läßt sich
das Buch auf verschiedene Weise lesen, bietet
neben den lebensgeschichtlichen Daten auch
Interpretationen der Werke und bietet für in¬
teressierte LeserInnen wie auch die Fachwelt
gleichermaßen Wissenswertes. Die Stärke der
Darstellung liegt vor allem an der gelungenen