hung dieses kleinen Gedenkraums noch. Und wer wird sich in
Zukunft wirklich um den Friedhof kümmern? Der Verein hat
viel erreicht, aber jetzt scheint es fast, als wären alle Bemüh¬
ungen umsonst.“
Abraham Nemschitz hat sich gegen seine Ärzte durchge¬
setzt und ist zu einem Besuch in Österreich aufgebrochen.
„Vielleicht kann ich nächstes Jahr noch ein Mal kommen mit
meinen Kindern und Enkelkindern. Das hängt vom Herrn ein
Stockwerk höher ab.“ Viel Zeit gibt es nicht mehr, um das
Begonnene in Krems zu beenden.
Robert Streibel ist Historiker und Publizist, geb. 1959 in
Krems a.d. Donau, Studium in Wien, Dissertation über Krems
in den Jahren 1938-1945. Seit 1987 im Verband Wiener Volks¬
bildung tätig. Seit 1999 Direktor der Volkshochschule Hietzing.
Mitbegründer des Komitees Ein Denkmal für den jüdischen
Friedhof in Krems 1994; Konzeption und Durchführung der
Gedenkaktion 386 im Jahr 1995 in Erinnerung an das Massa¬
ker im Zuchthaus Stein am 6. April 1945 (gemeinsam mit
Gerald Buchas); Organisation der Treffen der ehemaligen
Schwarzwaldschüler in der Wiener Urania seit 1994; Organi¬
sation von wissenschaftlichen Symposien zu zeitgeschichtli¬
chen Themen wie zum Beispiel: Pogrom 1939, Hitler-Stalin¬
Pakt, Antisemitismus in Osteuropa, Flucht und Vertreibung,
Kein Geld und keine Akten/NS-Forschung in Österreich, Häft¬
lingsgesellschaft in KZ und GUlag.
Kontakt: Volkshochschule Hietzing, Hofwiesengasse 48, 1130
Wien. Tel.: 01/804 55 24/DW 21, Fax: 01/804 97 29, e-mail:
r.streibel@ vhs-hietzing.at. homepage: http://www.rstreibel.net/
Seine Mutter sei Köchin bei Hannes Schneider gewesen. Und
Hannes Schneider habe ihr von Ing. Rudolf Gomperz erzählt.
Schreibt Karl Schranz, der dreifache Schiweltmeister und der¬
zeitige Präsident des Ski Club Arlberg (SCA)', in seinem
Vorwort zur Dokumentation Kein schöner Land am Arlberg.
Alles in allem aber habe seine Generation über Gomperz’
Leben, Wirken und schreckliches Ende so viel wie nichts
gehört. Deshalb habe er Bundeskanzler Bruno Kreisky wenig
mitteilen können, als dieser sich bei ihm nach Gomperz er¬
kundigt habe. — Kreiskys Vater war mit dem 1878 in Wien ge¬
borenen Rudolf Gomperz gut bekannt gewesen. Und der von
den Olympischen Winterspielen in Sapporo 1972 wegen an¬
geblichen Verstoßes gegen den Amateurparagraphen vom
Präsidenten des IOC, Avery Brundage, ausgeschlossene
Schirennläufer Karl Schranz war bei seinem triumphalen
Empfang in Wien (dem zweitgrößten nach Hitlers Empfang am
Heldenplatz) mit Bruno Kreisky gut bekannt geworden.
In seinem Vorwort verweist Schranz auf Hans Thöni: die¬
sem sei das Verdienst anzurechnen, daß Gomperz Lebenswerk
und Leidensgeschichte 35 Jahre nach dessen Tod dem Ver¬
gessen entrissen wurde. Der St. Antoner Heimatforscher war in
den Besitz von Dokumenten aus dem Nachlaß Gomperz ge¬
kommen, welche die Grundlage einer Dokumentation bildeten,
die er 1977 in lokalen Wochenzeitungen veröffentlichte und
die später in erweiterter Form in das Buch Wir lebten wie sie
aufgenommen wurde.? (Alle Angaben zu Ing. Rudolf Gomperz
fußen auf der Dokumentation Hans Thönis.)
Rudolf Emanuel Karl Gomperz wurde am 10. März 1878 in
Wien geboren. Mutter Elise war eine Tochter von Heinrich von
Sichrovsky, der sich um die Erbauung und Betriebsführung der
Ferdinand-Nordbahn Verdienste erworben hatte.* Der Vater,
Prof. Dr. Theodor Gomperz, war ein bekannter Archäologe.
Die Familie Gomperz gehörte seit Generationen zu den Spitzen
der assimilierten jüdischen Gesellschaft in Wien. Rudolf Gom¬
perz studierte nach dem Besuch der Wiedener Oberrealschule
an der Technischen Hochschule in Berlin-Charlottenburg
Bauingenieurwesen. Sein Onkel Dr. Hans Jahn wirkte an die¬
ser Schule als Professor für Physikalische Chemie. Gomperz
organisatorische Fähigkeiten zeichneten sich schon in seiner
Studienzeit ab. Er war Mitbegründer des Akademischen
Alpenvereins und organisierte Studienreisen in große Städte
und ins Gebirge. Nach Beendigung seiner Ausbildung arbeite¬
te er 1904 beim Bau der Bagdadeisenbahn. Er erkrankte an
Malaria und wurde 1905 zur Erholung nach St. Anton ge¬
schickt. Am Arlberg gefiel es ihm so gut, daß er für ständig dort
blieb. 1906 wurde Gomperz Obmann des SCA, 1907
Hauptausschußmitglied des Österreichischen Schiverbandes.
Von 1910 bis 1912 war er auch Vorsitzender des Mittel¬
europäischen Schiverbandes. 1907 heiratete er Clara Susanna
Westphal, eine Münchnerin. 1912 baute er auf der Sonnen¬
wiese in St. Anton ein Haus für seine Familie, das Sonnen¬
heim. Sein Freund Bernhard Trier aus Darmstadt baute ein
Villa im Mühltobel. Das Haus kam nach wechselvoller
Geschichte — Trier fiel dem Ersten Weltkrieg zum Opfer —
schließlich in den Besitz von Gemeinde und Tourismusverband
und beherbergt seit 1981 das Schimuseum, in dem Rudolf
Gomperz ursprünglich nur ganz am Rande mit einem un¬
scharfen Bild und einer Unterschrift Erwähnung fand. Heute